und das geheimnisvolle Erbe
Wohltä-
tigkeitsorganisation zu engagieren. Danach kam sie nur noch selten hierher zurück. Damals war das Cottage hier noch ein ganz einfaches Häuschen, von der Art, wie die Landbevölkerung damals baute: oben und unten jeweils zwei Zimmer, kein Stromanschluss und nur das Nötigste an Wasser-versorgung. Verglichen mit ihrem Londoner Wohnsitz muss es Dimity ziemlich primitiv vorgekommen sein.
Jedenfalls hielt eines Tages, als ich gerade die Azaleen zurückschnitt, Dimitys Bentley in unserer Zufahrt. Derek hatte in der Kirche von Finch einige Restaurierungen ausgeführt, daher wusste sie, dass er ein geschickter Handwerker war, und fragte ihn, ob er ein paar Arbeiten an ihrem Haus übernehmen wolle. Derek, der dachte, es handle sich um eine einfache Renovierung, sagte kurzerhand zu.« Em-ma lachte. »Wie Sie sich denken können, steckte er bald bis über beide Ohren in Arbeit.
Dimitys ›einfache Renovierung‹ nahm zwei Jahre in Anspruch. Während Derek eine Reihe von anderen Aufträgen ablehnen musste, schraubte ich meine Beratertätigkeit zurück, um das zu tun, was mir am meisten Spaß macht. Dimity ließ mir bei der Gestaltung des Gartens völlig freie Hand, bis auf den vor dem Haus.«
Weil der aussehen sollte wie in der Geschichte, dachte ich im Stillen, indem ich Emma ein Plätzchen anbot und selbst eins nahm.
»Aber ansonsten konnte ich im Garten schalten und walten, wie ich wollte«, fuhr Emma fort, »und ich war ganz in meinem Element. Und Derek erging es ebenso. Er genoss die Herausforderung, die Dimitys Auftrag darstellte: das Häuschen zu restaurie-ren, zu vergrößern und es in technischer Hinsicht tauglich für die Neuzeit zu machen, ohne dass es seine Seele verlor. Es war das größte Projekt, das er jemals hatte, und es schien nie enden zu wollen.
Dimity kam einmal im Monat vorbei, und jedes Mal hatte sie einen neuen Vorschlag. Derek sprach bereits von seiner ›unendlichen Geschichte‹.
Aber während dieser ganzen Zeit wussten wir nicht, warum Dimity all den Aufwand auf sich nahm. Zuerst dachten wir, dass sie wieder ganz hierher ziehen wollte, aber als wir sie fragten, schüttelte sie nur den Kopf. Wir konnten uns nicht vorstellen, dass sie es jemals verkaufen würde, also wozu das Ganze? So stand das Haus also da, wie …
wie Dornröschen, das auf seinen schönen Prinzen
… Lori? Ist alles in Ordnung?«
Ich hatte mich an einem Plätzchen verschluckt und konnte erst aufhören zu husten, als ich einen Schluck Tee nahm.
»Jaja, es geht schon wieder, erzählen Sie ruhig weiter.«
»Kurz vor Dimitys Tod traten dann plötzlich alle möglichen Schwierigkeiten auf. Materialien wurden nicht rechtzeitig geliefert, oder wenn etwas geliefert wurde, war es mangelhaft, und wenn das Wetter schlecht wurde, tauchten die Arbeiter nicht mehr auf. Derek war am Verzweifeln. Zu dem Zeitpunkt war Dimity schon sehr krank, und es war Dereks größter Wunsch, noch vor ihrem Tod fertig zu werden. Dimity sprach immer von der letzten Frist.« Emma musste lächeln, dann hielt sie verlegen inne. »Es tut mir Leid, das war so ein Wortspiel von ihr. Sie meinte damit nicht nur das Haus. Aber wenn Sie Dimity gekannt hätten …«
»Das kann ich mir vorstellen«, sagte ich. »Sie fand es bestimmt lustig.«
»Sie hatte einen wunderbaren Humor. Und sie machte sich nie Gedanken darüber, ob das Haus rechtzeitig fertig sein würde oder nicht. Sie sorgte dafür, dass Bills Vater nach ihrem Tod die Finan-zierung der Bauarbeiten sicherstellen würde, und sagte Derek, er solle alles so gut wie möglich machen und sich nicht sorgen – denn wenn sie das restaurierte Cottage jetzt nicht mehr zu sehen be-käme, dann eben … später.«
»Und wer konnte ahnen …«, sagte ich leise.
Emma nickte. »Bei dieser Einstellung fiel Derek natürlich ein Stein vom Herzen, sodass er sich keine Sorgen um den Fortgang der Restaurierung machen musste, als sie starb, ehe die Arbeiten abgeschlossen waren. Aber das war noch nicht alles.« Emma, einen rätselhaften Ausdruck im Gesicht, stützte das Kinn auf die Hand. »Zuerst fiel es uns nicht weiter auf, aber plötzlich klappte alles. Derek sagte immer, dass es ihm nicht einmal gelingen würde, sich mit dem Hammer auf den Daumen zu schlagen, selbst wenn er es versuchte. Und der Garten erst!«
In ihrer Stimme schwang verwundertes Staunen.
»Ich brauchte nur ein Samenkorn in die Erde fallen lassen und konnte fast zusehen, wie es aufging und wuchs. Aber wie gesagt, wir merkten es zunächst
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