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und das geheimnisvolle Erbe

und das geheimnisvolle Erbe

Titel: und das geheimnisvolle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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Hand fuhr sofort an meine eigene Wange.
    Wenn es jemanden gibt, der mein sofortiges, uneingeschränktes Mitleid hat, dann ist es jemand, dessen Zahn abgebrochen ist. Als es mir zum ersten Mal passierte, war ich sechsundzwanzig Jahre alt, selbstständig und – weitgehend jedenfalls – ein reifer Mensch, aber dieses Erlebnis war so trauma-tisch, dass ich heulend meine Mutter anrief. Es war ein teures Ferngespräch, aber es musste sein, und zwar sofort nachdem es passiert war. Deshalb war ich leicht schockiert, als ich mich dabei ertappte, dass ich bei Evans Missgeschick ein Lächeln unterdrücken musste.
    Dennoch war ich ziemlich erschüttert. Bill und ich hatten beide Haferflockenplätzchen gegessen, und keiner von uns war zu Schaden gekommen. Ich nahm eins von der Schale und biss vorsichtig hinein. Außer ein paar Rosinen enthielt es nichts, was zahnschädlich gewesen wäre.
    »Möchten Sie, dass ich einen hiesigen Zahnarzt anrufe?«, fragte Bill. »Es ist zwar noch etwas früh, aber ich bin sicher …«
    »Zum Teufel mit Ihrem hiesigen Zahnarzt!«, brüllte Evan. »Ich lasse mir meine Zähne doch nicht von irgendeinem Dorftrottel versauen. Ich fahre zurück nach London. Ich hätte lieber gleich in der zivilisierten Welt bleiben sollen.« Er warf die Reste seines Plätzchens ins Feuer und schritt zur Haustür. Kaum war er über die Schwelle getreten, wurde die Tür von einem neuerlich starken Windstoß erfasst, um ihn sanft hinauszuschieben und dann mit lautem Knall zuzufallen.
    Ich hielt den Atem an, bis ich hörte, wie sein Au-to in der Ferne verschwand. Schließlich drehte ich mich zu Bill um, der auf dem Sofa saß und offenbar ziemlich verwirrt war.
    »Was hast du mit den Plätzchen gemacht?«, fragte ich.
    »Das wollte ich dich auch gerade fragen.«

    Wir sahen uns an, dann sagten wir gleichzeitig:
    »Dimity.«
    Ich schüttelte den Kopf, hin- und hergerissen zwischen Mitleid und Erleichterung. »Der arme Evan.
    Na ja, schließlich hat sie es erst mit Kälte und dann mit Rauch versucht, aber er hat einfach nicht darauf geachtet.«
    »Auf die Belange anderer zu achten scheint nicht zu Dr. Fleischers Stärken zu gehören. Trotzdem sollten wir ihm dankbar sein. Schließlich wissen wir jetzt, dass Dimity uns nicht verlassen hat.«
    »Obwohl sie immer noch nicht mit uns redet.«
    Ich holte meine Jacke und einen Schirm aus dem Flur, dann nahm ich Reginald, die Plätzchen und den Briefumschlag. »Jedenfalls nicht über das Fotoalbum, und deshalb bin ich entschlossener denn je, es zu finden. Bist du sicher, dass du nicht mitkommen willst?«
    »Einer von uns sollte hier sein, falls Vater an-ruft«, sagte Bill und öffnete mir die Tür. »Außerdem komme ich mit den Briefen gut voran. Wer weiß, was im nächsten steht?«

    Nur etwas über einen Kilometer von uns entfernt zweigte der Zufahrtsweg zum Haus der Harrisens ab, doch der Weg selbst war fast noch einmal so lang. Er wand sich zwischen Azaleenhecken dahin, um schließlich um einen großen Rasen herum einen Bogen zu beschreiben. Linker Hand sah ich eine Fläche, die wie ein aufgeweichter Gemüsegarten aussah, während rechts ein weitläufiges zweistöckiges Bauernhaus stand, das aus demselben honiggel-ben Stein gebaut war wie Dimitys Cottage, dahinter lagen niedrige Wirtschaftsgebäude. Der Zufahrtsweg endete in einem kiesbedeckten Hof, der Dereks Arbeitsutensilien beherbergte: Sägeböcke, ein Sand-haufen, Ziegelsteine, Feldsteine, Leitern. Als ich den Motor abstellte, erklang aus dem Haus lautes Bel-len, und einen Augenblick später erschien Emma in der Tür. Als sie, mit einem gestreiften Golfregen-schirm vor dem Sturm geschützt, heraustrat, wehte ihr langes Haar im Wind.
    Ich war kaum aus dem Auto gestiegen, als ich meine Entschuldigungsbeteuerungen loswerden wollte, dass ich ihre Warnung bezüglich Dimity so kühl aufgenommen hatte, aber sie unterbrach mich.
    »Das ist nicht nötig«, sagte sie und nahm mir Reginald ab. »Ich habe es zuerst auch nicht glauben wollen.«
    Ich sah mich bewundernd um. »Es ist wunderschön hier.«
    »Das Wohnhaus hat sechs Schlafzimmer und vier Bäder.« Emma hob die Hand und deutete auf die Wirtschaftsgebäude. »Mein Geräteschuppen, Dereks Werkstatt, dort das Reich der Kinder – gut so, dass es etwas weiter weg liegt –, dann die Garage und ein Lagerhaus. Was gerade darin ist, weiß man nie so genau.«
    Die Satellitenschüssel auf dem Schindeldach der Werkstatt wirkte wie ein Fremdkörper, und aus der halb offenen Tür des

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