und das geheimnisvolle Erbe
makellos, ganz wie seine Besitzerinnen.
So bemerkenswert die Schwestern Pym auch sein mochten – ich stellte erfreut fest, dass Bill mich noch bemerkenswerter fand. Als ich in meinem neuen Kleid die Treppe herunterkam, fiel seine Kinnlade herunter, und Emma musste ihn den Pyms zweimal vorstellen, ehe er ein höfliches »Sehr angenehm« herausbrachte, und selbst dabei wanderten seine Augen immer wieder zu mir herüber. Ich dagegen wandte mich mit ungeteilter Aufmerksamkeit meinen Gästen zu.
»Vielen Dank für Ihre freundliche Einladung«, sagte die Schwester rechts.
»Ja, in der Tat. Es ist ein so schöner Tag für eine Ausfahrt«, fügte die andere hinzu. Selbst ihre Stimmen waren identisch – nicht nur im Tonfall, sondern auch im Sprachrhythmus.
Emma hatte mir geraten, das Thema Dimity nicht sofort anzuschneiden. Der Anstand würde es den Schwestern verbieten, alte Geschichten auszubreiten. Andererseits würden sie jedoch mit Vergnügen stundenlang in Erinnerungen schwelgen, wenn man ihnen die Gelegenheit dazu gab. Also lud ich sie zunächst ein, sich das Haus anzusehen, in der Hoffnung, dass ein Rundgang Erinnerungen an ihre langjährige Nachbarin wecken würde.
»Wie überaus freundlich.«
»Wie schön. Emma erzählte uns …«
»… dass es sich seit unserem letzten Besuch …«
»… ziemlich verändert hat.«
Es war, als ob man einem Tennisspiel zusähe.
Während ich sie durch das Erdgeschoss führte, gaben die Schwestern hinter mir einen laufenden Kommentar im fliegenden Wechsel ab. Nach einiger Zeit konnte ich die Stimmen unterscheiden: Louises war sanfter, auch schien sie die etwas Ängstlichere zu sein. Sobald sie jedoch schwiegen, konnte ich sie nicht mehr auseinander halten.
Als wir an dem schmiedeeisernen Tisch im Wintergarten Platz genommen hatten, entschuldigte sich Emma und ging hinaus, um Tee zu machen.
Die Pyms plauderten über das Wetter und den Garten und über das neue Dach des Pfarrhauses, und gerade als ich dachte, dass meine geplante Erinne-rungstour im Sande verlaufen würde, fielen beide Augenpaare auf das herzförmige Medaillon, das ich noch immer um den Hals trug.
»Oh …«, sagte Ruth leise.
»Wie merkwürdig. Dürften wir fragen …«
»… wie Sie zu diesem Schmuckstück kommen?«
»Ich fand es oben«, erwiderte ich. Ich hielt das Medaillon an der Kette hoch, damit die Schwestern es besser sehen konnten. »Es war in einer kleinen blauen Schachtel. Ich glaube, es muss Dimity gehört haben.«
»In der Tat, so ist es«, sagte Louise. »Sie bekam es während des Krieges in London, und sie trug es …«
»… immer. Wir haben sie nie ohne das Medaillon gesehen. Wir waren daher der Meinung …«
»… dass sie es von einem jungen Mann bekommen haben musste.«
Mein Herz machte einen Sprung, und Bill lehnte sich interessiert vor, aber die Pyms schienen sich der Wirkung ihrer Worte nicht bewusst zu sein.
»Dimity war immer ein sehr liebenswürdiges …«
»… und sehr großzügiges …«
»… und sehr gutherziges Mädchen. Und eine große …«
»… Menschenkennerin.«
»Ja, in der Tat. Sie war eine begeisterte …«
»… Ehestifterin, und nicht eine dieser Ehen …«
»… ist je auseinander gegangen.«
»Ja«, sagte ich. »Davon habe ich gehört. Sie hat meinen Vater und meine Mutter auch zusammengebracht, nicht wahr, Bill?«
»Wie bitte?« Er sah von seinem Teelöffel auf, als ob er ihn gerade einer eingehenden Untersuchung unterzogen hätte. »O ja.« Er räusperte sich. »Das hat sie.«
»Und waren sie glücklich zusammen?«, fragte Ruth.
»Sehr glücklich«, sagte ich.
»Na also«, sagte Ruth freudestrahlend. »Dimity ist in diesem Haus aufgewachsen, müssen Sie wissen.«
»Und erst bei Kriegsanfang …«
»… ist sie weggezogen.«
»Eine sehr tragische Sache. Hier, meine Liebe, lassen Sie mich Ihnen helfen.« Louise wandte ihre Aufmerksamkeit Emma zu, die den Tee einschenkte, und so nahm Ruth den Faden auf – mehr oder weniger.
»Sie war zu Anfang des Krieges mit einem jungen Offizier verlobt.« Ich hielt den Atem an. »Mit dem jungen Bobby MacLaren.« Ich sah Bill voller Begeisterung an, und er streckte verstohlen den Daumen hoch.
»Haben Sie Bobby jemals kennen gelernt?«, fragte er.
»In der Tat, das haben wir.« Geistesabwesend nahm Ruth ihre Teetasse in Empfang, und auf ihrem Gesicht lag eine lang vergessene Trauer. »So ein prächtiger Junge und so mutig. Wir haben so viele verloren …« Ihre Stimme erstarb.
Dankend nahm ich von
Weitere Kostenlose Bücher