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und das geheimnisvolle Erbe

und das geheimnisvolle Erbe

Titel: und das geheimnisvolle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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sie?«, fragte ich.
    »O ja«, entgegnete Archie. »Die Jungs hinterlie-
    ßen immer Nachrichten bei mir hier im Flamborough, meist Liebesbriefe für ihre Freundinnen und solche Sachen.«
    »Deshalb nannte man es ja auch den Telegraph «, sagte Paul.
    »Erinnern Sie sich daran, was für eine Nachricht es war?«
    Archie wirkte betroffen. »Ich habe sie nicht gelesen«, sagte er, »das hätte sich doch nicht geschickt.«
    Als er meinen enttäuschten Gesichtsausdruck sah, stieß er seinen Stuhl zurück und stand mühsam auf.
    Er hob einen verkrümmten Finger und sagte:
    »Kommen Sie mal hier herüber, ich will Ihnen etwas zeigen. Das zeige ich aber nicht jedem. Sie können mir glauben, dass ich es dem jungen Typ, der nach mir hierher kam, bestimmt nicht gezeigt habe. Er war ziemlich schnippisch, als ich ihn ein-arbeiten sollte – erinnerst du dich, Paul?«

    »Ein richtiger Besserwisser war das«, sagte Paul.
    »Also habe ich zu ihm gesagt: ›In Ordnung, Herr Besserwisser, sieh zu, wie du klarkommst.‹ Aber da Sie ein persönliches Interesse an dieser Geschichte haben …«
    Ich folgte ihm zum Tresen, und auch die anderen standen auf, um näher zu treten. Archie hielt die niedrige Schwingtür auf und bedeutete mir, hinter den Tresen zu treten, dann folgte er mir und ließ die Schwingtür wieder zufallen. Die Art, wie er die Hände auf die glatte Oberfläche des Schank-tisches legte, zeigte mir, dass er sich zu Hause fühlte.
    »Man nannte die Bar den Telegraph «, sagte er,
    »aber eigentlich war sie eher ein Postamt. Und sie war wesentlich effizienter als die normale Post, das wird Paul Ihnen bestätigen.«
    »Das war sie«, sagte Paul, »besonders damals, als eine Häuserzeile nach der anderen dem Erdboden gleichgemacht wurde, weil dieser verfluchte Hitler –
    oh, Verzeihung, Fräulein …« Er bedeckte sich schnell mit der Hand den Mund und sah selbst viel erschrockener aus als wir Übrigen. »Also, zurück zum Telegraph …« Archie fuhr liebevoll mit der Hand über eine der Säulen, auf der das reich geschnitzte Stirnbrett ruhte. »Ich war der Postillon, müssen Sie wissen, und das hier« – er deutete auf einen Knopf, der fast unsichtbar zwischen dem verschnörkelten Schnitzwerk angebracht war –, »das war der Briefkasten. Hier habe ich alle Nachrichten aufgehoben, die die Jungs mir brachten. Ich wollte nicht, dass sie nass wurden, deshalb hatte ich mir von Darcy Pemburton – wo ist der alte Darcy jetzt eigentlich, Paul?«
    »Der wohnt in Blackpool, bei seiner Schwester.«
    »Blackpool? Was will er denn in Blackpool?«
    »Er sagt, ihm macht das Eselreiten am Strand Spaß.«
    »Das Esel … Paul, du willst mich auf den Arm nehmen.«
    »Nein, sagt er jedenfalls.«
    »Dann hält er dich zum Besten. Aber macht auch nichts … Darcy war jedenfalls früher ein tüchtiger Möbelschreiner, und ich bat ihn, mir hier oben einen kleinen Kasten einzubauen, damit die Briefe und Zettel sicher sind. Sehen, Sie, ein kleiner Dreh am Knopf genügt, und die Tür geht auf …« Archies Mund verzog sich zu einem ungläubigen Lächeln, als ein wahrer Zettelregen auf sein weißes Löwen-haupt niederging.

    Es dauerte eine Weile, bis wir die Nachrichten alle aufgesammelt hatten, und noch länger, bis wir Archie überredet hatten, dass er sie uns lesen ließ. Auf der Theke lagen, säuberlich aufgestapelt, zusammengefaltete Karten, verschlossene Briefumschläge und hastig gekritzelte Nachrichten auf Papierser-vietten, Fahrplänen, Tippscheinen von Wettbüros –
    was gerade zur Hand gewesen war, so wie es aussah. Die meisten waren kurz (»Pru: Riesenärger im HQ. Kann nicht kommen. Rufe an. Jimmy«), und keineswegs alle waren romantischer Natur (»Stinker: Hier hast du dein dämliches Geld zurück, ich hoffe, du verlierst deine Zuteilungsmarken!« – ohne Unterschrift, aber ein alter Fünf-Pfund-Schein war beigelegt). Einige waren verschlüsselt (»Rose: Du hattest Recht. Bert«), andere wiederum nur zu klar (»Philip: Verpiss dich. Georgina«).
    »Ich versteh es nicht«, murmelte Archie, indem er ein Ende seines Schnurrbarts zwirbelte. »Ich dachte, es könnten vielleicht einer oder zwei zurückgeblieben sein, aber niemals so viele.«
    »Archie?«, sagte Paul vorsichtig.
    »Es macht keinen Sinn«, fuhr Archie fort. »Der neue Mann wusste doch nichts von dem Briefkasten, also wie kamen Nachrichten hier herein? Kann mir das jemand erklären?«
    »Archie?«, wiederholte Paul etwas lauter.
    »Der hätte doch bestimmt niemandem einen

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