und das Goldene Dreieck
Menge am Rand der Veranda machte ihnen Platz. Nun riefen offenbar alle durcheinander.
»Was ist los?« erkundigte sich Mrs. Pollifax. »Was ist passiert?«
Bonchoo drehte sich lächelnd zu ihr um. »Sie haben ihn gefunden!«
»Cyrus?« krächzte sie. Alle Ängste fielen von ihr ab, sie sprang hoch und bemühte sich, in die Dunkelheit außerhalb des jetzt schwachen Herdfeuers zu sehen. »Jetzt kommt er!« versicherte ihr Bonchoo. Hinter den Akha wurde ein bleicheres Gesicht sichtbar. Mrs. Pollifax machte aufgeregt ein paar Schritte darauf zu.
Abrupt hielt sie an. »Aber - das ist nicht Cyrus!« rief sie. Und dann noch mal verzweifelt: »Das ist nicht Cyrus! Ich weiß nicht, wer der Mann ist, aber Cyrus nicht! Cyrus nicht!«
Der Mann, den die beiden jungen Akha anbrachten, blieb stehen und funkelte sie an. Mit wütender und doch eisiger Stimme sagte er: »Es ist mir verdammt egal, wer ich sein soll, aber nicht bin! Ich verlange eine Erklärung für diese Unverschämtheit! Ich lag in meinem Schlafsack, als diese beiden - Wilden mich mit ihren Gewehren stupsten und zwangen, mit ihnen zu kommen. Mein Name ist Mornajay, Lance Mornajay, und wer, zum Teufel, sind Sie?«
11
»Emily Pollifax«, sagte sie heftig und empfand sofortige Antipathie, weil er Cyrus hätte sein sollen und sie es unverzeihlich fand, daß er es nicht war. Außerdem war er arrogant und anscheinend ein Amerikaner, und das machte seine Arroganz besonders aufreizend. Offenbar war er es gewöhnt, Befehle zu erteilen, jedenfalls erweckte er den Anschein. Er war ein kräftiger Mann, Ende Vierzig, mit grobgeschnittenem, bleichem Gesicht, energischem Kinn und einer wilden Mähne grauen, lockigen Haars. Seine Trekkingkleidung sah teuer aus und war vorteilhaft geschnitten: Khakihosen, festes Baumwollhemd, dazu Wildlederstiefel - und alles makellos sauber. Ein wertvoller Fotoapparat hing von seinem Hals; er hatte einen Schlafsack unter einen Arm geklemmt und trug einen Rucksack.
Und er war nicht Cyrus! Wütend sagte er: »Meine gute Frau...«
»Ich bin nicht Ihre gute Frau!« fauchte sie. Und als sich weitere Männer neben ihn stellten, fragte sie: »Ist einer von diesen Leuten Ihr Führer?«
»Ich brauche keinen Führer!« entgegnete er eisig. »Ich bin schon früher, mit und ohne Führer, in diesen Bergen herumgestreift.« Hastig fügte er hinzu: »Ich bin Bildberichterstatter. Verdanke ich es Ihnen, daß ich aus dem Schlaf gerissen und hierher verschleppt wurde? Was machen Sie überhaupt hier?«
Bonchoo, der neben ihr stand, flüsterte: »Und erlöse uns von Journalisten!«
Brüsk sagte Mrs. Pollifax: »Ich habe mich bereits bekannt gemacht. Das ist Bonchoo, neben ihm steht der Dorf oberste Nouvak, und die Männer, die Sie Wilde nannten, waren überaus zuvorkommend und gütig. Sie suchten nach meinem Mann.«
»Hat er sich verirrt? Dann haben Sie sich aber einen schlechten Führer ausgesucht!« Sein Blick durchbohrte Bonchoo. »Das wirft kein gutes Licht auf Sie, wenn Sie nicht auf die Leute aufpassen, die sich Ihnen anvertraut haben!« Er wandte sich wieder an Mrs. Pollifax. »Ich nehme an, Sie sind auf einer dieser Dschungeltouren, für die soviel Werbung gemacht wird. Aber Sie sollten wissen, daß es sehr unklug von Ihrem Führer war, so weit von den sicheren Wegen abzuweichen. Dieses Gebiet ist ziemlich gefährlich.«
Bonchoo und Mrs. Pollifax wechselten Blicke, schwiegen jedoch.
»Ist das ein Miao-Dorf?« fragte er und schaute sich um.
»Akha«, antwortete Mrs. Pollifax, »wie Nouvak Ihnen sagen kann.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß er Englisch spricht.«
Mrs. Pollifax genoß die Antwort. Honigsüß sagte sie: »Er spricht sogar sehr gut Englisch.«
Soviel Anstand hatte Mornajay doch, daß er jetzt verlegen war. Er gab Nouvak die Hand und sagte: »Ich entschuldige mich. Aber Sie dürfen mir glauben, es war ein ziemlicher Schock, von Fremden mit Gewehren aus dem Schlaf gerissen zu werden. Und verdammt beunruhigend.«
Das konnte Mrs. Pollifax nachfühlen. Sie beschloß, ihm zu verzeihen, daß er sich wie ein Radscha aufgeführt und auch daß er die Akha Wilde genannt hatte. Trotzdem war er ihr nicht sympathischer, und sie hatte das Gefühl, daß ihm gar nichts leid tat und er sich nur entschuldigt hatte, weil er es als zweckmäßig empfand. »Wenn niemand was dagegen hat«, sagte er nun barsch, »werde ich meinen Schlafsack jetzt hier auf den Boden legen und zusehen, daß ich wieder schlafen kann, denn ich möchte möglichst früh weiter.«
»Wo
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