Und das Leben geht doch weiter
hatte.
»Ja.«
»Wie kam sie in die Hütte?«
Trenker zuckte mit den Schultern.
»Weiß ich nicht. Das müssen Sie sie selber fragen.«
»Und der Mann in der Hütte, wie kam der hin?«
»Weiß ich auch nicht. Er bringt sie her.«
»Ist Ihnen zwischen den beiden was aufgefallen?«
»Nein. – Geht mich ja auch nichts an.«
Senden stutzte.
»Was machen Sie da?«
Trenker hatte angefangen, Kompaß, Landkarte und Taschenlampe auf den Schreibtisch zu legen. Als letztes folgte der ›Flachmann‹ mit dem Cognac.
»Ihre Sachen, Herr Direktor.«
Dem Aluminiumgefäß war nicht anzusehen, ob es noch voll war. Senden nahm das auch nicht im Traum an.
»Hat er Ihnen gute Dienste geleistet?« fragte er.
»Wer?«
»Der Cognac?«
Trenker lachte kurz.
»Den habe ich Ihnen wieder mitgebracht.«
»Waas?«
Der Südtiroler hob noch einmal die Flasche vom Tisch hoch, schüttelte sie, so daß man es gluckern hören konnte, und stellte sie wieder hin.
»Wurde nicht gebraucht, Herr Direktor. Ich sagte Ihnen ja, niemand mußte aus der Bewußtlosigkeit zurückgeholt werden.«
»Aber wenigstens Sie hätten ihn sich dann zu Gemüte führen können!«
»Den Dreck?« wehrte Alois Trenker aus Kaltem lachend ab. »Nicht um die Welt! Was anderes wäre ein richtiger Obstler gewesen.«
Er wandte sich zur Tür.
»Was ich jetzt brauche, ist ein heißes Bad«, sagte er im Gehen. »Und dann nichts wie schlafen. Wiedersehen.«
Senden blickte ihm nach. Der Bursche gefiel ihm.
»Herr Trenker«, stoppte er ihn noch einmal, als dieser schon die Türklinke in der Hand hatte, »Sie sind ein großartiger junger Mann. Unser Haus ist Ihnen zu Dank verpflichtet.«
In Trenkers Gesicht leuchtete es verschmitzt auf.
»Ihr Haus ist mir zu Dank verpflichtet?«
»Ja, zu außerordentlichem.«
»Ich weiß zwar nicht, warum, aber ich wäre schön dumm, wenn ich Sie davon abbringen wollte.«
»Das könnten Sie auch gar nicht.«
»Wissen Sie, warum das dumm wäre von mir?«
»Nein.«
»Weil ich Weinvertreter bin. Ich wollte zwar keine Geschäfte, sondern nur ein paar Tage Urlaub machen, aber wenn mir, wie soeben, eine größere Bestellung aufgedrängt wird …«
Der Rest ging unter im Gelächter der beiden, und fünf Minuten später konnte sich die Kälterer Winzergenossenschaft eines saftigen Auftrags erfreuen, der voraussichtlich der erste einer Kette weiterer in den kommenden Jahren sein würde.
Das heiße Bad wurde dann doch noch einmal zurückgestellt. Alois Trenker entschloß sich, vorher noch Jens Kosten aufzusuchen, denn diesem stand es in allererster Linie zu, daß man ihm Bescheid sagte. Am Ende konnte Trenker freilich nicht umhin, seinen Entschluß zu bereuen. Hätte ich den Dummkopf nur schlafen lassen, dachte er, doch dazu war es bereits zu spät.
Der junge Hamburger rieb sich verschlafen die Augen, als er geweckt wurde.
»Was gibt's? Was willst du?« fragte er gähnend. Er war noch nicht ganz da.
»Ich habe sie gefunden.«
»Wen?«
»Carola.«
Als er den Namen hörte, wurde Kosten richtig wach.
»Wo? Wie?«
»In einer Schutzhütte. Wohlauf.«
Jens sprang aus dem Bett.
»Gott sei Dank!«
Die plötzliche Bewegung machte ihm zu schaffen. Er faßte sich an den Kopf, ließ sich wieder auf die Bettkante sinken.
»Mann«, stöhnte er, »mir zerspringt die Birne. Die verpassen einem anscheinend nur Fusel hier.«
»Das kommt von deinem Scheißwhisky.«
»Wo ist Carola? Auf ihrem Zimmer?«
»Nein, sie kommt nach.«
»Kommt nach? Woher?«
»Vom Berg runter.«
Jens blickte den Südtiroler ungläubig an.
»Soll das heißen, daß du nicht auf sie gewartet hast?«
»Das brauchte ich nicht.«
»Was brauchtest du nicht?«
»Auf sie warten. Sie war nicht allein.«
Kostens Miene wechselte von Ungläubigkeit zu totaler Verständnislosigkeit.
»War nicht allein? Bist du noch mit jemandem unterwegs gewesen?«
Trenker räusperte sich.
»Hör zu, Jens«, sagte er, »du mußt da etwas erfahren, damit's keinen Skandal gibt, wenn die kommen. Du sollst darauf vorbereitet sein, finde ich. Du weißt doch, wie die Leute sind. Für die wäre das ein gefundenes Fressen.«
»Worauf soll ich vorbereitet sein? Was wäre ein gefundenes Fressen?«
Alois räusperte sich noch einmal.
»Jens, du hast mir doch gesagt, wie du zu Carola stehst …«
»Ich habe dir gesagt, wie ich zu Carola stehe?« wunderte sich Jens Kosten außerordentlich über sich selbst.
»Ja, natürlich.«
»Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Über solche Dinge
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