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Und das Leben geht doch weiter

Und das Leben geht doch weiter

Titel: Und das Leben geht doch weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Von der Bergwacht war weit und breit nichts zu sehen. Wie sich später herausstellte, hatte sie um diese Zeit einen viel dringenderen Einsatz. Auf der österreichischen Seite hatte eine Lawine eine ganze Gruppe von Schifahrern verschüttet. Eine Einzelperson wie Carola Burghardt, auf deren Leben man ohnehin keinen Pfifferling mehr gab, mußte in diesem Fall zurückstehen.
    Auf halber Strecke, als Padenberg wieder einmal kurz angehalten hatte, sagte Carola zu ihm: »Aber besuchen kann ich dich doch tagsüber?«
    »Ich weiß nicht«, entgegnete er unbestimmt.
    »Lächerlich! Das können die doch nicht verbieten!«
    »Du hast keine Ahnung, wie die sind.«
    »Aus dem Mittelalter, was?«
    Er zuckte die Achseln.
    »Da fehlt nicht viel. Aber sonst sind es prima Leute, glaub mir. Ich wohne schon zum fünftenmal bei ihnen.«
    »Wie heißen sie denn?«
    »Die Alten Josef und Maria Anthofer. Die Söhne Christian und Christoph. Den Namen der Tochter weiß ich nicht, wahrscheinlich auch wieder Maria. In der ganzen Gegend hießen sie alle zusammen jedenfalls ›die heilige Familie‹.«
    Carola lachte.
    »Armer Detlev!« rief sie und fügte frivol hinzu: »Wenn die wüßten, auf welchen Pfaden du heute nacht gewandelt bist.«
    »Nein«, sagte Padenberg mit überraschend ernster Miene, »das dürfen die nicht wissen.«
    »Aber wo werden sie dich vermutet haben? Du warst doch für die auch abgängig, du bist das jetzt noch.«
    Er schlug sich mit der Hand gegen die Stirn.
    »Ach du liebe Zeit, daran habe ich noch gar nicht gedacht. Hoffentlich alarmierten die nicht auch Tod und Teufel.«
    »Den Teufel bestimmt nicht«, witzelte Carola. »Die nicht. Eher haben sie Gebete für dich zum Himmel gesandt.«
    Genau das hatten, wie sich später herausstellte, die Anthofers getan, unterstützt von einer Kerze, die sie, als der Schneesturm einsetzte, anzündeten und brennen ließen bis zum Augenblick, da der Vermißte wieder gesund und munter vor ihnen stand.
    »Wir wußten es«, sagte Josef Anthofer, nickte und blies die Kerze aus.
    »Habt ihr die Bergwacht alarmiert?« fragte Padenberg nervös.
    »Nein«, beruhigte ihn der Bauer, für den Gebete und die Flamme einer geweihten Kerze stärker gewesen wären als ein ganzes Regiment von Bergwachtleuten. Und wäre Padenberg vom Schnee begraben worden, hätten Josef und Maria Anthofer auf jeden Vorwurf geantwortet: »Wie oft bemüht sich die Bergwacht vergebens! Da sagt niemand etwas. Das liegt alles in Gottes Ratschluß.«
    Im übrigen verfügte der hoch droben liegende Anthofersche Bergbauernhof noch gar nicht über einen Telefonanschluß.
    »Können wir wieder, Carola?« fragte Detlev, talwärts blickend. »Oder möchtest du noch etwas verschnaufen?«
    »Nur zu!« sagte sie, die Stöcke in den Schnee stoßend.
    Bei der nächsten Rast fragte sie ihn: »Möchtest du nicht eine Pfeife rauchen?«
    Der Vorschlag begeisterte ihn aus zwei Gründen.
    »Erstens«, teilte Detlev ihr mit, »weil ich eben nikotinsüchtig bin und heute meinem Laster noch gar nicht gefrönt habe. Und zweitens, weil das bekanntlich ein Mittel gegen den Hunger ist. Mir kracht nämlich der Magen, meine Liebe.«
    »Mir auch«, stimmte Carola zu.
    Die beiden hatten schließlich über 24 Stunden keinen Bissen mehr gegessen. Außerdem trug ihr nächtlicher Zeitvertreib auch noch dazu bei, ihren Kalorienverbrauch zu erhöhen.
    »Ich habe einen Kohldampf«, erklärte Detlev, »daß ich das gar nicht beschreiben kann.«
    Rasch stiegen aus seinem Pfeifenkolben die blauen Wölkchen hoch.
    »Willst du auch einmal ziehen?« fragte er Carola.
    Sie dankte lachend.
    »Aber küssen kannst du mich endlich wieder einmal«, meinte sie. »Das stillt auch einen gewissen Hunger bei mir.«
    »Später«, erklärte er.
    »Warum?«
    »Weil ich mir heute die Zähne noch nicht geputzt habe.«
    »Das ist mir doch egal. Ich ja auch noch nicht.«
    »Dann komm her«, sagte er, die Pfeife für eine längere Zeit aus seinem Mund verbannend.
    Bis das Hotel vor ihnen auftauchte, wiederholten sie diese Zeremonie zwei- oder dreimal. Dann hieß es aber Schluß machen. Als sie den Parkplatz überquerten, um die Treppe zum großen Eingang zu erreichen, bemerkte Carola, daß Kostens roter Sportwagen fehlte. Sie dachte sich aber nichts dabei. Jens konnte ja mal rasch nach Garmisch hinuntergefahren sein. »Ein solcher Schlitten braucht Bewegung, am besten täglich – wie ein Pferd«, pflegte Jens oft grinsend zu sagen.
    Oben am Eingang standen bereits etliche Gäste,

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