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Und das Leben geht doch weiter

Und das Leben geht doch weiter

Titel: Und das Leben geht doch weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hatten eine Tochter, auf die wir stolz sein konnten. Und jetzt? Sie geht von der Schule, haut ab, brennt durch, hinterläßt uns einen Brief, der von totaler geistiger und seelischer Zerrüttung kündet, bringt sich vielleicht um. Das muß mich, den Vater, doch auf den Plan rufen. Dafür werde ich mir den Schuldigen kaufen. Ein Architekt in Flensburg, dessen Vorname Detlev ist. Ich finde ihn. Es wird keine zehn Architekten in Flensburg mit dem Vornamen Detlev geben. Noch heute abend fahre ich hin, aber vorher komme ich noch bei Euch vorbei. Kündige mich deinem Vater an, ja?«
    Paul Burghardt schmiß den Hörer auf die Gabel, seine Gattin weinte, Frau Dr. Petersen floh förmlich aus dem Haus.
    Arme Carola, dachte sie, armes Kind. Die Verhältnisse, in denen ich aufgewachsen bin, waren weiß Gott bescheiden – aber viel, viel besser. In Zukunft werde ich in meinen Unterricht doch noch manches einfließen lassen, worauf ich bisher nicht geachtet habe.
    Paul Burghardts abendlicher Besuch bei seinem Freund Karl Kosten, dem Teehändler, nahm einen völlig unerwarteten Verlauf. Vor allem fiel er sehr kurz aus. Frau Kosten ließ sich überhaupt nicht blicken. Burghardt wurde relativ unfreundlich empfangen.
    »Sag mal, was hast du mit meinem Sohn gemacht?«
    »Mit Jens? Wo ist er?«
    »Weg. Fluchtartig auf und davon.«
    »Wißt ihr, wohin?«
    »Nach Flensburg, rief er unserem alten Jakob zu, nachdem er mit dir telefoniert hatte.«
    »Und der Grund?«
    »Er müsse eine Tragödie verhindern. Mehr hat er nicht verlauten lassen. Du weißt, unser alter Jakob verträgt solche Dinge nicht mehr ohne weiteres, er braucht dann ein paar Klare. Er war betrunken, als meine Frau nach Hause kam und er ihr Bericht erstattete. Deshalb muß ich jetzt von dir wissen: Was war da los am Telefon?«
    »Carola ist auch weg. Ebenfalls fluchtartig auf und davon.«
    »Was?! Sind denn die alle verrückt geworden?!«
    »Anscheinend.«
    »Und was ist bei Carola der Grund? Will sie auch eine Tragödie verhindern?«
    »Nein, im Gegenteil, sie löst die Tragödie aus.«
    »Möchtest du mir das bitte näher erklären?«
    Paul Burghardt tat dies und erzielte damit bei Karl Kosten eine beleidigende Reaktion. Der Teehändler quittierte nämlich Burghardts Bericht mit der Erklärung: »Nachdem Carola deine Tochter ist, hätte ich ihr mehr Verstand zugetraut. Nun sehe ich aber, daß ich dich unzweifelhaft überschätzt habe.«
    »So?« nahm der Reeder den Fehdehandschuh auf. »Und was ist mit deinem Sohn? Erlaubt mir der nicht, den gleichen Schluß zu ziehen?«
    »Den hast du verrückt gemacht! Welchen Floh hast du ihm denn ins Ohr gesetzt, sag schon!«
    »Daß ich den Kerl, der meine Tochter verrückt gemacht hat, erschießen werde.«
    In dieser Geschichte hatte jeder jeden verrückt gemacht: Detlev Padenberg Carola Burghardt; Carola ihren Vater; dieser den nervenschwachen Jens Kosten; Jens den alten Diener Jakob, der sich nur noch in einen Vollrausch hatte flüchten können; und Karl Kosten hatte auch schon einige Schritte in diese Richtung zurückgelegt.
    »Hoffentlich triffst du auch gut«, sagte er zu Burghardt, »und schießt dich nicht ins eigene Knie. Auf jeden Fall verlange ich von dir, daß du vorher meinen Sohn, sollte er sich zufällig in der Nähe des Tatorts befinden, weit weg schickst.«
    »Ins eigene Knie?« spottete Burghardt. »Ich heiße doch nicht Kosten. Soll ich dir sagen, daß ich im Krieg der beste Schütze meines Regiments war?«
    »Hör auf, das einzige, was du wahrscheinlich mit einem Schützen zu tun hast, ist die Tatsache, daß du, soviel ich weiß, im Dezember geboren bist – im Zeichen des Schützen.«
    Auf diese Beleidigung des Teehändlers setzte der Reeder eine noch viel größere, indem er sagte: »So mußt ausgerechnet du daherreden! Du müßtest ja froh sein, wenn du mit deinem Sternzeichen überhaupt noch das geringste zu tun hättest …«
    Karl Kosten war im Zeichen des Stiers geboren.
    »… oder wollen wir deine Frau rufen«, fuhr Burghardt fort, »damit sie uns diesbezüglich etwas erzählt?«
    Der Streit der beiden alten Herren hätte die besten Voraussetzungen gehabt, sich bedenklich auszuweiten, wenn es für Paul Burghardt nicht noch wichtiger gewesen wäre, noch am selben Abend nach Flensburg aufzubrechen. Er wüßte ja nicht, teilte er Kosten senior mit, welchen Mist dessen Junior dort anstellen würde.

9
    Drei aus Hamburg – eine Dame und zwei Herren – reisten also nacheinander nach Flensburg, der Stadt im

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