Und dennoch ist es Liebe
»Bitte«, sagte ich und schloss die Augen. »Bitte, lassen Sie mich einfach allein.«
*
Dr. Thayer hatte mir gesagt, ich solle mir auch mal etwas gönnen. Also beschloss ich, ein schönes, heißes Bad zu nehmen, nachdem Max um acht Uhr eingeschlafen war. Ich nahm das Babyfon, das die Fogertys uns geschenkt hatten, und stellte es im Badezimmer auf. Um zehn Uhr würde Nicholas kommen, und Max würde vermutlich bis Mitternacht schlafen. Und wenn mein Mann kam, wollte ich bereit sein.
Nicholas und ich hatten uns seit dem fünften Schwangerschaftsmonat nicht mehr geliebt, seit der Nacht, in der es mir so wehgetan und ich ihn gebeten hatte aufzuhören. Wir sprachen nie darüber. Nicholas redete nicht gerne über solche Dinge. Und je unwohler ich mich gefühlt hatte, desto weniger hatte mich das gekümmert. Aber jetzt brauchte ich ihn. Ich musste wissen, ob mein Körper mehr als nur eine Geburtsmaschine und Futterkrippe war. Ich musste hören, dass ich schön war. Ich musste Nicholas’ Hände auf mir spüren.
Ich ließ das Badewasser ein und stellte es zwischendurch dreimal ab, weil ich glaubte, Max gehört zu haben. In einer Ecke des Medizinschranks fand ich Veilchenbadesalz, und ich schaute zu, wie es sich im heißen Wasser auflöste. Dann zog ich mein Sweatshirt und die Unterhose aus und stellte mich vor den Spiegel.
Mein Körper war mir fremd geworden. Seltsam … Ich erwartete noch immer, einen dicken, runden Bauch zu sehen. Aber dieser dünnere Leib war auch nicht so, wie er sein sollte. Überall hatte ich purpurfarbene Streifen. Meine Haut hatte die Farbe von altem Pergament, und sie schien sich auch genauso zu spannen. Meine Brüste hingen tief und waren voll, mein Bauch weich. Ich war jemand anderes geworden.
Ich sagte mir selbst, Nicholas würde noch immer gefallen, was er sah. Immerhin waren diese Veränderungen ja darauf zurückzuführen, dass ich sein Kind geboren hatte. Darin lag doch bestimmt auch etwas Schönes. Ich ließ mich in das dampfende Wasser gleiten und strich mit den Händen über meine Arme, meine Füße und meine Zehen. Kurz nickte ich ein und wachte wieder auf, als mein Kinn unter Wasser tauchte. Dann stieg ich aus der Wanne, trocknete mich ab und ging vollkommen nackt in die Küche, wobei ich feuchte Fußabdrücke auf dem Teppichboden hinterließ.
Ich hatte eine Flasche Wein in den Kühlschrank gestellt, und die holte ich jetzt heraus und brachte sie mit zwei dickwandigen blauen Wassergläsern ins Schlafzimmer. Anschließend kramte ich in meinen Schubladen nach dem dünnen Seidenhemd, das ich in unserer Hochzeitsnacht getragen hatte. Es war das einzige Stück sexy Unterwäsche, das ich besaß. Ich zog es mir über den Kopf, doch es blieb an meiner Brust hängen. Mir war gar nicht der Gedanke gekommen, dass es mir nicht mehr passen könnte. Ich wand mich und zog, und schließlich gelang es mir, es überzuziehen, doch es spannte an Brust und Hüfte, und mein Bauch war nicht länger flach, sondern trat deutlich hervor.
Ich hörte Nicholas’ Auto in die Einfahrt fahren. Wie benommen lief ich im Schlafzimmer herum und schaltete sämtliche Lampen aus. Ich lächelte vor mich hin. Es würde genau wie beim ersten Mal sein. Leise öffnete Nicholas die Haustür und stieg die Treppe hinauf. Kurz blieb er vor unserer Schlafzimmertür stehen. Dann stieß er sie auf und starrte mich an. Ich saß mitten auf dem Bett. Ich hatte die Füße unter mich geschoben, und das Haar fiel mir über die Augen. Ich wollte etwas zu ihm sagen, doch es verschlug mir den Atem. Selbst mit halb geöffneter Krawatte, leicht gebeugter Haltung und mit hängenden Schultern war Nicholas der bestaussehendste Mann, den ich je gesehen hatte.
Er schaute mich an und sog zischend die Luft ein. »Ich hatte wirklich einen langen Tag, Paige«, sagte er leise.
Meine Finger krallten sich in die Tagesdecke. »Oh«, erwiderte ich.
Nicholas setzte sich auf die Bettkante und schob die Finger unter den schmalen Träger des Negligees. »Wo hast du das Ding denn her?«, fragte er.
Ich schaute ihn an. »Das hast du mich auch gefragt, als ich es zum ersten Mal getragen habe«, antwortete ich.
Nicholas schluckte und wandte sich ab. »Tut mir leid«, sagte er. »Aber es ist wirklich schon spät, und ich muss schon früh wieder im Krankenhaus sein, um …«
»Es ist erst zehn«, unterbrach ich ihn und nahm ihm die Krawatte ab. »Es ist schon sehr lange her«, sagte ich leise.
Einen Augenblick lang sah ich einen kleinen Funken, der seine
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