Und dennoch ist es Liebe
auch und tätschelte meine Hand. »Haben Sie noch Fragen?«
»Ja«, antwortete ich, ohne nachzudenken. »Wann normalisiert sich mein Leben wieder?«
Und die Frau hatte gelacht und die Haustür geöffnet. »Wie kommen Sie darauf, dass es sich je wieder normalisieren wird?«, hatte sie erwidert und war verschwunden.
Heute würde ich mich vom Gegenteil überzeugen. Heute war der Tag, an dem ich mich wieder wie ein normaler Mensch benehmen würde. Max war nur ein Baby, und es gab wirklich keinen Grund, warum nicht ich den Terminplan festlegen sollte. Schließlich musste er ja nicht alle zwei Stunden trinken. Wir würden es auf vier ausdehnen. Und er musste auch nicht in seiner Wiege oder im Laufstall schlafen. Er konnte genauso gut im Auto vor sich hin dösen, während ich ein paar Einkäufe erledigte. Und wenn ich erst einmal wieder draußen an der frischen Luft war, dann würde ich mich auch nicht mehr so ausgelaugt fühlen. Heute, sagte ich mir selbst, war der Tag, an dem ich noch einmal von vorne beginnen würde.
Ich hatte Angst, Max auch nur für eine Minute allein zu lassen, weil ich so viel über Todesfälle in der Wiege gelesen hatte. Vor meinem geistigen Auge sah ich schon, wie Max sich mit seinem Plüschwurm selbst erwürgte oder an einer Wollfaser aus der Decke erstickte. Also klemmte ich ihn mir unter den Arm und trug ihn ins Kinderzimmer. Ich legte ihn auf den Teppich, während ich sieben Windeln in die Wickeltasche packte, ein Lätzchen, eine Rassel und – nur für den Fall – Seife und Shampoo.
»Okay«, sagte ich und drehte mich zu Max um. »Was würdest du gerne anziehen?«
Max schaute mich an und schürzte die Lippen, als würde er darüber nachdenken. Draußen war es verhältnismäßig warm, und ich hielt es für überflüssig, ihm einen Anorak anzuziehen, aber andererseits … Was wusste ich schon? Max trug bereits ein Unterhemd und einen mit Elefanten bedruckten Strampler, ein Geschenk von Leroy und Lionel. Max begann, sich auf dem Boden zu winden, was bedeutete, dass er gleich schreien würde. Ich hob ihn hoch und holte ein dünnes Sweatshirt mit Kapuze und eine dicke blaue Wolljacke aus der fast leeren Kommode. Mit all den Sachen am Leib würde Max sich doch sicher nicht erkälten. Ich legte ihn auf den Wickeltisch und hatte ihm das Sweatshirt schon halb angezogen, als ich merkte, dass ich ihm noch eine frische Windel anziehen musste. Also zog ich ihn wieder aus, was ihn prompt zum Schreien veranlasste, und begann, ihm etwas vorzusingen. Manchmal beruhigte ihn das, egal was ich sang. Es war der Klang meiner Stimme, die diese Wirkung auf ihn hatte.
Die Ärmel der Jacke waren zu lang, und das ärgerte Max, denn jedes Mal, wenn er sich die kleine Faust in den Mund stecken wollte, blieb Wolle an seinen Lippen hängen. Ich versuchte, die Ärmel hochzukrempeln, aber dabei verknoteten sie sich nur. Schließlich seufzte ich. »Lass uns einfach gehen«, sagte ich zu meinem Sohn. »Nach einer Weile fällt dir das gar nicht mehr auf.«
Heute war der Tag meiner Sechs-Wochen-Nachsorge bei Dr. Thayer. Ich freute mich schon darauf, die Leute wiederzusehen, mit denen ich seit Jahren zusammengearbeitet hatte – erwachsene Menschen. Außerdem betrachtete ich diese Untersuchung als die letzte meiner Schwangerschaft. Danach würde ich eine ganz neue Frau sein.
Max schlief auf dem Weg zu Dr. Thayer ein. Als wir auf den Parkplatz fuhren, ertappte ich mich dabei, wie ich die Luft anhielt. Ich schnallte mich vorsichtig ab und betete, dass er nicht aufwachen würde. Ich verzichtete sogar darauf, die Wagentür zu schließen, damit das Geräusch ihn nicht weckte. Aber Max schien sich auf eine längere Ruhephase eingerichtet zu haben. Ich hob den Kindersitz heraus, trug ihn wie einen Korb Obst und ging die mir so vertrauten Stufen zur Praxis hinauf.
»Paige!« Mary, die Rezeptionistin, die mich ersetzt hatte, stand sofort auf, als ich durch die Tür kam. »Komm, ich helfe dir.« Sie kam zu mir, nahm mir mein Kind ab und stupste Max in die rosige Wange. »Er ist einfach nur zum Verlieben«, sagte sie, und ich lächelte.
Als sie meinen Namen hörten, kamen sofort drei Arzthelferinnen ins Wartezimmer. Sie umarmten mich und tauchten mich in eine Wolke aus Parfüm und dem Geruch ihrer sauberen, gestärkten Kittel. »Du siehst wunderbar aus«, sagte eine von ihnen. Mein zerzaustes, verfilztes Haar, die beiden verschiedenen Socken und meine wächserne Haut hatten sie offenbar übersehen.
Mary war diejenige, die die
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