Und dennoch ist es Liebe
zurück und dachte an die Zeit zurück, als ich immer zugeschaut hatte, wie Jake sich auf ein Date mit einem anderen Mädchen vorbereitete. Und ich erinnerte mich auch an all die Abende, als ich mit seiner Familie gegessen und so getan hatte, als würde ich dazugehören. Damals hatte ich mir so eine komplizierte Geschichte über den angeblichen Tod meiner Mutter ausgedacht, dass ich mir Notizen machen musste, um nicht den Faden zu verlieren. Ich erinnerte mich an Terence Flanagans Grinsen, wenn er seiner Frau in den Hintern kniff, während sie den Tisch deckte. Ich erinnerte mich an Jake, der nach Mitternacht zu mir gekommen war, um mit mir in der Küche zu tanzen, und ich dachte daran zurück, wie er mich in mein Schlafzimmer hinaufgetragen hatte, nachdem ich das Leben in mir verloren hatte. Mitten im Schmerz war es sein Gesicht gewesen, was ich immer wieder gesehen hatte, und ich dachte an all die unmöglichen Bindungen zwischen uns, die er hatte kappen müssen, um sich von mir zu verabschieden. »Ich bin weggelaufen«, sagte ich flüsternd zu Jake, »schon wieder.«
K APITEL 22
N ICHOLAS
»Das ist der Deal«, sagte Nicholas. Er balancierte Max auf der Hüfte und hatte die Wickeltasche über die Schulter gehängt. »Ich werde Ihnen zahlen, was immer Sie wollen, und alles in meiner Macht Stehende tun, um Ihnen die nächsten beiden Nachtschichten zu ersparen. Aber Sie müssen auf mein Kind aufpassen.«
LaMyrna Ratchet, die diensthabende Krankenschwester in der Orthopädie, zwirbelte an ihren blonden Locken. »Ich weiß nicht, Dr. Prescott«, sagte sie. »Ich könnte einen Haufen Ärger dafür bekommen.«
Nicholas schenkte ihr sein gewinnendstes Lächeln. Die große Uhr an der Wand verriet ihm, dass er schon fünfzehn Minuten zu spät dran war. »Ich vertraue Ihnen meinen Sohn an, LaMyrna«, sagte er. »Ich muss los. Ein Patient wartet auf mich. Ich wette, Ihnen fällt schon etwas ein.«
LaMyrna kaute auf dem Fingernagel. Schließlich streckte sie die Arme nach Max aus, der sofort nach ihrer dicken Brille griff. »Er schreit doch nicht, oder?«, rief sie Nicholas hinterher, der schon den Flur hinunterrannte.
»Nein, nein«, brüllte Nicholas über die Schulter zurück. »Kein bisschen.«
Nicholas war um fünf Uhr morgens ins Krankenhaus gekommen, eine halbe Stunde früher als gewöhnlich. Er hatte das Vergnügen gehabt, ausnahmsweise einmal Max wecken zu dürfen anstatt umgekehrt. Dreimal hatte der Junge ihn in der Nacht aus dem Schlaf gerissen, und er hatte ihn füttern und wickeln müssen. Noch immer halb im Schlaf hatte Max die ganze Zeit über Theater gemacht, während Nicholas versucht hatte, ihn in einen gelben Strampler zu stopfen. »Und?«, hatte Nicholas gesagt. »Wie schmeckt es dir, mal selbst zu einer unmöglichen Zeit geweckt zu werden?«
Nicholas hatte eigentlich erwartet, Max im Krankenhaus in eine Kindertagesstätte geben zu können oder was auch immer es sonst in dieser Hinsicht gab, doch nichts dergleichen existierte. Die entsprechende Einrichtung war ausgelagert worden. Sie lag in Charlestown, meilenweit entfernt, und zu allem Überfluss machte sie auch erst um halb sieben auf, zu einer Zeit, da Nicholas sich schon längst für die Operation vorbereiten musste. Zuerst hatte er die OP-Schwestern gebeten, auf Max aufzupassen, doch die hatten ihn nur angestarrt, als käme er von einem anderen Stern. Das könnten sie nicht, hatten sie gesagt, schließlich wäre auch so schon sechsmal am Tag niemand an der Anmeldung, weil sie unterbesetzt waren. Sie schlugen vor, es einmal in der Inneren zu versuchen, doch die einzigen Schwestern dort waren fix und fertig von der Nachtschicht, und Nicholas traute ihnen ohnehin nicht so recht. Also ging er in die Orthopädie hinauf, und dort fand er dann LaMyrna, ein gutherziges Mädchen, an das er sich aus seinem praktischen Jahr erinnerte.
»Dr. Prescott«, er wirbelte herum. Er war so erschöpft, dass er die Tür zum OP schlicht übersehen hatte. Die Schwester hielt die Tür für ihn auf. Nicholas drehte den Wasserhahn auf und schrubbte sich die Fingerkuppen, bis sie rot und wund waren. Als er dann rückwärts in den Operationssaal ging, sah er, dass alle anderen schon auf ihn warteten.
Fogerty beugte sich über den schlafenden Patienten. »Mr. Brennan«, sagte er, »wie es scheint, gibt Dr. Prescott uns doch noch die Ehre.« Er drehte sich zu Nicholas um und schaute dann zur Tür. »Was denn?«, sagte er. »Kein Kinderwagen? Kein Geschrei?«
Nicholas
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