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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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der Mitte der Bahn aus zu.
    Ich ließ Tony Schritt gehen. »Lass uns ein wenig springen«, antwortete ich. »Ich will es mal mit einem Kreuzoxer versuchen.« Inzwischen wusste ich, wie die einzelnen Hindernisse genannt wurden, vom Cavaletto bis zur Mauer. Tony war nicht allzu groß, sodass ich keine sonderlich hohen Hindernisse überwinden konnte, aber er hatte Kraft in den Beinen.
    Ich liebte das Gefühl beim Springen. Ich liebte das Heranreiten, dann den Druck meiner Schenkel an den Flanken des Pferdes und schließlich die Kraft des Absprungs. Als Tony sich dem Hindernis näherte, stellte ich mich leicht im Sattel auf und wartete, bis der Rücken des Pferdes sich mir entgegenbewegte. »Schau nicht nach unten, sondern auf das Hindernis«, hatte meine Mutter mir immer wieder gesagt, und daran hielt ich mich.
    Meine Mutter baute einen Parcours aus sechs Hindernissen für mich auf. Ich klopfte Tony den Hals und nahm die Zügel auf zum Galopp. Meine Mutter rief mir Korrekturen zu, aber ich konnte sie kaum hören. Wir flogen so elegant über den Platz, dass ich nicht sicher war, ob die Hufe des Pferdes überhaupt den Boden berührten. Tony sprang am ersten Sprung früh ab und warf mich im Sattel nach hinten. Dann wurde er schneller, und ich wusste, dass ich das Gewicht nach hinten verlagern musste, um durchparieren zu können, doch aus irgendeinem Grund machte mein Körper nicht mehr das, was ich wollte. Als Tony hinter dem nächsten Sprung landete, raste er durch die Ecke der Bahn, lehnte sich unerwartet auf die Seite, und ich stürzte.
    Als ich die Augen wieder öffnete, knabberte Tony am Rand der Bahn am Gras, und meine Mutter stand über mir. »Das passiert jedem«, sagte sie und streckte die Hand aus, um mir aufzuhelfen. »Was, glaubst du, hast du falsch gemacht?«
    Ich stand auf und klopfte den Dreck von der Reithose, die ich mir von ihr geborgt hatte. »Du meinst, abgesehen von der Tatsache, dass Tony hundert Meilen die Stunde draufhatte?«
    Meine Mutter lächelte. »Ja, das war ein wenig schneller als einfacher Galopp«, gestand sie mir zu.
    Ich rieb mir den Nacken und rückte den Helm zurecht.
    »Er war nicht mehr im Gleichgewicht«, sagte ich. »Ich wusste, dass ich fallen würde, noch bevor es so weit war.«
    Meine Mutter nahm Tonys Zügel und hielt ihn fest, während ich mich wieder in den Sattel schwang. »Braves Mädchen«, sagte sie. »Das liegt daran, dass du die Richtung wechselst, wenn du die Bahn durchquerst. Wenn du galoppierst, musst du das Pferd innen führen, korrekt?« Ich nickte. Ich erinnerte mich noch gut an diese Lektion, denn es hatte ewig gedauert, bis ich verstanden hatte, was sie damit meinte. Wenn ein Pferd galoppierte, musste das Bein auf der Innenseite der Bahn als Erstes wieder aufsetzen, damit es das Gleichgewicht behält. »Wenn du die Richtung wechselst, muss das Pferd umspringen. Tony macht das nicht von sich aus. Dafür ist er zu dumm. Er läuft einfach weiter, bis er stolpert oder dich abgeworfen hat. Du musst ihm klarmachen, dass du ihm einen neuen Trick beibringen willst. Du musst in den Trab durchparieren und dann neu angaloppieren. Das nennt man einfachen Galoppwechsel.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das kann ich mir nicht alles merken«, sagte ich.
    »Doch, das kannst du«, widersprach mir meine Mutter. Sie schnalzte, und Tony trabte los. »Reite eine Acht«, forderte sie mich auf, »und halte nicht an. Er wird nicht tun, was du willst, solange du es ihm nicht sagst. Wechsele durch die Bahn mit einfachen Galoppwechseln.«
    Nach einer Zeit hatte ich Tony so weit, dass er auf der Diagonalen genau auf die Mitte des Hindernisses zuhielt. Ich schaute auf seine Hufe. Weil wir die Richtung gewechselt hatten, setzte Tony nun mit dem äußeren Bein auf. Ich nahm die Zügel auf, bis er langsamer wurde, dann lenkte ich ihn Richtung Wald und galoppierte erneut an. »Gut«, rief meine Mutter, und ich jagte Tony über die nächsten Sprünge. Immer wieder und wieder folgte ich diesem Muster, bis ich glaubte, schwerer zu atmen als Tony, und schließlich ließ ich ihn auf Zurufen meiner Mutter Schritt gehen.
    Ich beugte mich über Tonys Hals und seufzte in seine Mähne. Ich wusste nur zu gut, was es bedeutet, schnell zu laufen und zu wissen, dass man aus dem Gleichgewicht ist, und keine Ahnung hat, was man dagegen tun soll. »Du weißt ja gar nicht, wie gut du es hast«, sagte ich. Ich dachte darüber nach, wie leicht es wäre, einen unbekannten Kurs einzuschlagen, wenn mich nur jemand in

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