und der blaue Diamant
hätte zu gerne das dumme Gesicht dieser schrecklichen Frau gesehen, wenn sie feststellt, daß die Höhle leer ist.« Er kicherte in sich hinein. »Die glaubt bestimmt an Hexerei, oder? Die denkt, ich habe mich in Luft aufgelöst. Wäre ja auch kein Wunder, schließlich habe ich seit gestern abend nichts gegessen.«
Julius drehte sich zu ihm um. »Wir auch nicht, mein Freund«, sagte er. »Uns hängt der Magen genauso schief wie dir. Ich schlage vor, daß wir erst einmal Clementine einen Besuch abstatten, bevor wir weitere Pläne schmieden.«
Richard schüttelte den Kopf. »Das ist ganz unmöglich! Wir dürfen keine Minute verlieren! Die Gangster kennen doch inzwischen das Versteck des Diamanten, wenn die nun … « Er kam nicht weiter. Die Kinder waren inzwischen schon an den Wirtschaftsgebäuden des Schlosses angekommen. Ächzend erhoben sie sich und streckten ihre Rücken. Georg machte Tim von der Leine los, und der raste über den Hofplatz in eine halbgeöffnete Tür. Verwundert sahen die Kinder ihm nach. »Was hat der denn auf einmal?« fragte Micki. Georg zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung!«
»Vielleicht denkt er, da sind die Kaninchenställe«, kicherte Anne, die froh war, daß sie für den Augenblick der Gefahr entronnen waren. »Hier gibt es doch bestimmt auch Kaninchen, oder? Ich habe gehört, daß für die Franzosen Kaninchenbraten eine Spezialität ist. Das soll ganz toll schmecken.«
Georg sah Anne mit einem vernichtenden Blick an. »Niemals in meinem Leben würde ich nur. einen Bissen von einem Kaninchenbraten anrühren!« sagte sie entrüstet. »Diese süßen Tierchen, die darf man doch nicht schlachten!«
Richard begann plötzlich lauthals zu lachen. Er zeigte auf die Tür, hinter der Tim verschwunden war. »Sieh mal, wer da kommt!« rief er fröhlich. »Unsere Clementine! Und Tim folgt ihr auf dem Fuße! Der weiß schon, an wen er sich wenden muß, wenn er Hunger hat!«
In diesem Augenblick entdeckte Clementine die Kinder. Sie schlug die Hände zusammen. »Da seid ihr ja!« rief sie erleichtert. »Ich habe euch schon überall gesucht! Ich laufe durch das ganze Haus und rufe immer, Georg, Richard, Anne, Julius, Tim, aber keiner hört!« Sie kam auf ihren dicken Beinen schnell näher gewatschelt. Zärtlich strich sie Anne über die Haare. »Du bist ja ganz blaß mein Mädchen«, sagte sie mitfühlend. »Bestimmt habt ihr alle einen leeren Magen! Und dabei hat Clementine eine herrliche Überraschung für euch zum Frühstück!«
Richard bekam ganz runde Augen, er rieb sich den Bauch und sah Clementine von der Seite an. »Was ist es denn, Clementine?« fragte er. Clementine lachte. »Ein selbstgebackener Hefezopf«, sagte sie. »Und dazu gibt es Mirabellenmarmelade von unseren eigenen Mirabellen! Und dann könnt ihr noch Rühreier haben, soviel ihr wollt, und Schinken und Käse und … «
Georg hielt sich die Ohren zu. »Hören Sie auf, Clementine«, flehte sie, »Sonst falle ich auf der Stelle um vor Hunger.«
»Und frisch gezuckerte Himbeeren mit süßer Sahne gibt es auch«, fuhr Clementine unbeirrt fort. »Und dann habe ich noch einen Rest von dem Braten gestern, kalt mit Remouladensoße schmeckt er besonders gut.«
Anne starrte Clementine fassungslos an. »Bei Ihnen frühstückt man ja wie ein König«, sagte sie hingerissen.
»Ist ja auch kein Wunder«, sagte Richard, »schließlich wohnen wir auch in einem Schloß.« Er lauschte plötzlich. »Psst«, achte er bedeutungsvoll, »ich höre etwas.«
Die anderen Kinder horchten auch. Georg nickte. Das war Motorengeräusch, wie wenn ein Lastwagen gestartet wird, bei dem die Zündung nicht funktioniert. Er ratterte los, spuckte plötzlich, und dann erstarb das Geräusch wieder. Micki runzelte die Stirn. »Komisch«, sagte er, »das ist der Viehtransporter, mit dem die Stiere zum Stierkampf befördert werden, ich frage mich bloß … «, er sah Julius an, »ich frage mich bloß, was die jetzt schon damit wollen. Sonst fahren sie immer erst mittags los.«
Julius nickte. »Soll ich einmal nachsehen?« fragte er. »Ich komme dann gleich hinterher zum Frühstück.« Er rannte los, drehte sich noch einmal um und rief: »Aber laßt mir was übrig. Auch von den Himbeeren, verstanden? Und von der Sahne!«
Lachend winkte Anne ihm zu. »Ich pass schon auf!«
Clementine sah Julius kopfschüttelnd nach. »Wo will der Junge denn nun schon wieder hin? Er soll doch sofort frühstücken kommen, habe ich gesagt. Nun wird das Rührei wieder kalt,
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