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und der Geisterzug

und der Geisterzug

Titel: und der Geisterzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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endete in einer Ansammlung eingeschossiger Reihenhäuser, die aussahen, als müssten sie sich aneinanderlehnen, um nicht umzufallen. Von den Wänden bröckelte der Putz ab, und die Farbe an den rissigen Holztüren war aufgeplatzt. Hier und da hing Wäsche in einem kümmerlichen Vorgarten. In einigen Gärten standen kleine chinesische Pagoden. Vor einer Wäscherei hockte ein lachender chinesischer Buddha aus Stein, der mit Graffiti bedeckt war. Das Haus neben der Wäscherei war ausgebrannt.
    Auf der Straße spielten ein paar chinesische Kinder Fußball, doch sie rannten sofort weg, als die drei ??? auftauchten. Den drei ??? war es unbehaglich zu Mute. Chan Valley war eine andere Welt: alt, verfallen, abweisend und fremd. Nur die staubigen Autos auf der Straße und die Satellitenschüsseln auf einigen der Häuser verrieten, dass man auch hier im Amerika der Gegenwart angekommen und nicht vor hundert Jahren stehen geblieben war.
    Auch Dr. Longs Haus war schäbig und heruntergekommen. Ein weißes Metallschild neben der Tür verkündete ›Praxis Dr. Long‹ auf Englisch, und ein kupfernes Schild mit chinesischen Schriftzeichen verkündete vermutlich dasselbe. Sprechzeiten gab es nicht. Justus marschierte auf das Haus zu und klingelte. Beinahe sofort öffnete Dr. Long ihnen die Tür.
    Er steckte wieder – oder immer noch – in dem abgetragenen schwarzen Anzug, in dem sie ihn kennengelernt hatten. Eine dünne Nickelbrille saß auf seiner Nase und ließ ihn wie einen Buchhalter aussehen. Er lächelte nicht, als er die Jungen musterte.
    »Kommt herein«, sagte er leise und höflich.
    Drinnen führte er sie in ein kleines Arbeitszimmer voller Regale mit medizinischen, technischen und anderen Fachbüchern. Auch auf dem Boden stapelten sich bergeweise Bücher und medizinische Zeitschriften in mindestens vier verschiedenen Sprachen. Auf einem kleinen Arbeitstisch türmten sich Papiere zu gefährlichen Höhen. Justus’ Tante Mathilda hätte hier wahrscheinlich erst einen Tobsuchtsanfall bekommen und dann einen großen Container bestellt.
    Vor dem Tisch standen drei Stühle. Dr. Long wies die drei ??? mit einer Handbewegung an, sich zu setzen, und nahm dann auf dem abgewetzten Bürostuhl hinter dem Tisch Platz. Er lehnte sich zurück, faltete die Hände auf dem Tisch und schaute Justus, Peter und Bob der Reihe nach an. »Ich habe mich über euch informiert«, sagte er. »Ihr habt euch in Rocky Beach und an anderen Orten sehr erfolgreich als Detektive betätigt. Euer Inspektor Cotta bestätigt, dass ihr seine volle Unterstützung und sein Vertrauen genießt, und er lässt euch ausrichten, dass er wie üblich zur Zeit nichts Besseres zu tun hat, als wie angenagelt neben dem Telefon zu sitzen und darauf zu warten, dass ihr ihm sagt, wo er die Verbrecher abholen kann.«
    Er verzog nicht einmal das Gesicht, aber die drei ??? grinsten breit. Sie konnten sich genau vorstellen, wie Cottas brummige Stimme diese Nachricht durchs Telefon knurrte, während er in sich hineinlachte.
    »Wir sind auf unsere Zusammenarbeit mit Inspektor Cotta auch sehr stolz, Sir«, sagte Justus. »Wir haben ihm schon oft wertvolle Hinweise geben können, und –«
    »– und er hat uns dann aus den Schwierigkeiten herausgehauen, in die wir uns gebracht hatten«, unterbrach Bob, bevor es zu einer längeren Jonasschen Selbstbeweihräucherung kommen konnte.
    Dr. Long nickte ernst. Dann stand er unvermittelt auf und verließ das Arbeitszimmer. Die drei ??? blickten ihm überrascht nach, aber kaum zwei Minuten später war er schon wieder da, in den Händen ein hübsches lackiertes Tablett mit einer dampfenden Kanne und vier zierlichen Tassen. »Wir werden Tee trinken«, sagte er einfach.
    In der Vielvölkerstadt Los Angeles und auch in Rocky Beach waren Chinesen durchaus nichts Exotisches, aber hier draußen in der Wüste fühlten sich die drei ??? Dr. Long gegenüber wie drei amerikanische Trampel. Um seine Unsicherheit zu überspielen, griff Justus sofort zu seinem bewährtesten Mittel und fing an zu reden. Ursprünglich hatte er Dr. Long wirklich nur ein paar Fragen stellen wollen. Aber der Arzt hörte ruhig und aufmerksam zu, und plötzlich merkte Justus, dass er in epischer Breite alles erzählte, was ihnen seit der Abfahrt vom Bahnhof in Sterling widerfahren war. Er erwähnte auch, dass Carl ihnen von Devlin Reno erzählt hatte, der versuchte, an den verschütteten Zug heranzukommen. Von der Erpressung und der hässlichen Szene im Museum sagte er jedoch

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