und der Herr der Loewen
sagen, Schwierigkeiten machen!« warf Kadi herausfordernd ein.
»Nein, nein«, widersprach Sammat. »Er ist ruhelos, nichts weiter. Er will Veränderungen, aber wir sind anderer Meinung über das, was momentan machbar ist. Ihm gefällt
beispielsweise nicht, daß die Leute von World Aid hier sind. Ich vermute, er möchte, daß alle Weißen nach Hause geschickt werden - Afrika nur für Afrikaner! -, aber er vergißt, daß unsere besten und begabtesten jungen Leute getötet wurden oder jahrelang in den Gefängnissen vegetierten, und daß wir wieder von Grund auf beginnen müssen.«
Das erinnerte Mrs. Pollifax an ihre nachmittäglichen Erlebnisse und an die Worte, die sie gern übersetzt haben wollte. Sie zog einen Zettel aus ihrer Tasche, auf den sie die Worte phonetisch notiert hatte. Sie warf einen Blick darauf. »Was heißt eigentlich kuzonda fragte sie.
»Kuzonda? Das heißt spionieren«, übersetzte Kadi für sie.
Moses, der Mann, der sogar seinen Familiennamen geheimhielt, hatte sie also anfangs für eine Spionin oder Ähnliches gehalten. »Danke. Ich hätte da noch drei Worte. Die nächsten zwei lauten in etwa imfa und zitatu.«
Sammat blickte sie kurz scharf an.
»Das sind keine freundlichen Worte«, erklärte ihr Kadi. »Mit wem in aller Welt hast du dich unterhalten? Imfa bedeutet Tod, und zitatu drei.«
Sammat saß ganz still und blickte Mrs. Pollifax forschend an, aber er schwieg.
»Das bringt uns zu dem Wort mkambo«, schloß sie.
»Oh, das ist das Wort für Löwe«, antwortete Kadi. »Nur daß es in Ubangiba natürlich keine Löwen gibt.«
Mrs. Pollifax hing es allmählich zum Hals heraus, das immer wieder erklärt zu bekommen.
Sie hob den Blick zu Sammat und sagte: »Wir haben einen weiten Weg gehabt, um
hierherzukommen, um zu helfen, Sammat, Sie aber vermeiden es, uns darüber aufzuklären, welche Verzweiflung Sie dazu getrieben hat, Kadi um ihr Kommen zu bitten. Waren es drei Todesfälle - drei Morde?«
Sammat erhob sich vom Tisch, schritt aus dem Zelt, spähte links und rechts in den dunklen Garten, und als er zurückkehrte, sagte er leise: »Unterhalten wir uns in Ihrem Zimmer.«
Gemeinsam gingen sie in den Palast zurück und stiegen schweigsam die breite Treppe hinauf.
An ihrem Kopfende bogen sie nach links zu der zweiten, schmaleren Treppe ab und kamen am leeren Operationssaal vorbei. Sammat nickte einer Schwester zu, die dabei war, Türen abzuschließen. Beiläufig sagte er: »Vielleicht kann Joseph oder ich Sie durchs
Regierungshaus führen, den kleineren Palast. Dort haben wir unseren öffentlichen Radiosender, auch die Redaktion unseres Wochenblattes, und Sie werden unseren Festsaal bewundern können und...« Er hörte abrupt zu reden auf, als sie die Tür zum Gästezimmer erreichten und Mrs. Pollifax sie aufsperrte. Kaum waren sie im Zimmer, sagte sie: »Heraus damit, Sammat, was hat Sie bei der Bang-Bang Snackbar so erschüttert? Sie sprachen von einem Mord?«
Er blieb an der Tür stehen und entgegnete hart: »Vor neun Tagen begann das Gericht - ein Tag nachdem verkündet worden war, daß ich zum König gekrönt werden sollte. Von Dr.
Merrick erfuhr ich als erster davon - einer seiner Patienten hatte es ihn erzählt - und zu dem Zeitpunkt noch darüber gelacht.«
»Was für ein Gerücht?« fragte Kadi.
»Daß ich - ich, ihr Mfumo, ihr Häuptling - ein böser Zauberer sei!«
Kadi starrte ihn entsetzt an, »Ein böser Zauberer? Ein Schwarzer Magier?«
Er nickte. »Anfangs erschien es harmlos - lächerlich«, fuhr Sammat fort. »Ich dachte, es hinge vielleicht mit meinen Plänen zusammen, das Kohlenbergwerk neu zu betreiben, und jemand befürchtete, daß an einer Stelle ein Loch in die Erde gebohrt würde, wo sich vielleicht ein geheimer Schrein befindet.«
Verlegen wandte er sich an Mrs. Pollifax: »Was ich jetzt erzählen muß, dürfte für Sie schwer
- zu bizarr für Sie, Mrs. Pollifax, eine mzungu - zu verstehen sein. In Afrika ha t es immer Geheimbünde gegeben, manche waren eher harmlos, andere bewirkten durchaus Positives, aber einige gingen sehr, sehr finsteren Aktivitäten nach.«
»Erzählen Sie«, bat sie.
Sein Blick wanderte zu Kadi und er sagte sanft wie zu einem Kind, damit Mrs. Pollifax verstehen könnte, daß sie es war, um die er sich Sorgen machte: »Erinnerst du dich an Nomsa, Kadi? Als die große Pockenepidemie ausbrach und deine Eltern nicht genug Zeit hatten, sich um dich zu kümmern, holten sie Nomsa aus dem Dorf, um dich zu betreuen.«
»Nomsa?
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