und der Herr der Loewen
entlang Richtung Krankenhausküche und trugen ihre Schüsselchen und Löffel durch den Hintereingang in den Garten. Die Sonne war untergegangen und die Dunkelheit war schnell wie ein Bühnenvorhang herabgesunken. Aus der Küche fielen Lichtkreise, sie färbten die Mauer mit den Bougainvilleen in schreiendes Pink und beleuchteten die Seite des Zeltes, in dem sie am Tag zuvor zu Abend gegessen hatten. Dahinter erhoben sich die Schatten neuer Zelte. Mrs. Pollifax erinnerte sich, daß sie bereits für die Krönung aufgebaut worden waren, und daß Sammat sich darüber aufgeregt hatte. »Fünfzig teure Zelte! Mit dem Geld ließen sich ein Dutzend Familien zwei Wochen lang verköstigen!« Er war wirklich sehr verärgert gewesen.
Kadi und Mrs. Pollifax rückten Klappstühle an einen Tisch nahe den Fenstern und setzten sich. »Hier ist es beträchtlich kühler«, stellte Kadi fest. »Findest du nicht auch, daß Rakia eine großartige Person ist? Die Frauen in diesem Land sind so - so stark.«
»Ja, sie ist sehr sympathisch.« Nach der unangenehmen Hitze des Tages genoß Mrs. Pollifax die Kühle auf den Armen und dem Gesicht. Die Luft war voll von Blumenduft und vom Zirpen der Grillen. Mrs. Pollifax kramte in ihrer Tasche nach der 9mm-Makarow, um sie Kadi zu geben, als der abendliche Friede von einem lauten Hämmern im Garten gestört wurde. »Zeltpflöcke?« fragte Kadi stirnrunzelnd. »Sie hämmern ja pausenlos«, ärgerte sich Mrs. Pollifax. »Ich habe das Geschenk nicht hübsch verpackt...«, begann sie, aber Kadi achtete nicht auf sie. »Wer könnte so spät noch arbeiten? Dieses Hämmern ist ja furchtbar!
Sie wecken die Patienten auf, wieso denken sie nicht daran?«
»Kadi...«, rief Mrs. Pollifax, aber das Mädchen war bereits aufgestanden. »Kadi, nein! Bleib da! Kadi, komm zurück, du sollst nicht allein...«
Mrs. Pollifax hatte sich erhoben, um ihr zu folgen, als sie Geräusche wie von einem Handgemenge vernahm und dann einen Schrei. Sie war schon losgerannt, während sie ununterbrochen rief: »Kadi? Kadi, ich komme!« Sie stolperte über Zeltpflöcke und durch Gebüsch, und später fragte sie sich, ob es ihre Stimme gewesen war, die Kadi gerettet hatte, denn unentwegt rief sie ihren Namen in die Dunkelheit, bis eine schwache Stimme schließlich »hhier« stammelte und Kadi in Tränen ausbrach. »Er-er...«
»Wir brauchen Licht - unbedingt!« rief Mrs. Pollifax.
Glücklicherweise war Kadis Schrei gehört worden und Dr. Merrick kam mit einer
Taschenlampe aus dem Palast gerannt.
»Wer ist da?« brüllte er. »Wer hat geschrien?«
»Hier!« rief Mrs. Pollifax. »Kadi ist verletzt.« Als seine Taschenlampe in die falsche Richtung leuchtete, rief sie aufs neue: »Hier - hierher!«
Endlich fand sie sein Lichtschein.
Kadi schaukelte mit angezogenen Knien auf dem Boden und ihre Rechte umklammerte den linken Arm. »Es tut weh!« schluchzte sie. Die beiden knieten sich neben sie.
»Halten Sie bitte die Taschenlampe.« Dr. Merrick reichte sie Mrs. Pollifax und löste sanft Kadis Hand von ihrem Arm.
Als das Licht auf den Arm fiel, erschauderte Mrs. Pollifax, denn eine klaffende Wunde, die jedoch nur in der Ellenbeuge blutete, zog sich den ganzen Arm entlang. »Wer war es, Kadi?«
fragte sie.
»Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht«, schluchzte Kadi. »Er kam aus dem Dunkeln - ich sah nur eine schattenhafte Gestalt - und er hatte ein Messer. Ich wehrte mich gegen ihn, aber er war so - so stark!«
»Ich hoffe, es war wirklich nur ein Messer, Kadi. Ich werde Sie jetzt ins Behandlungszimmer tragen. Lassen Sie Ihren Arm lose herunterhängen. Ich werde Ihnen nicht weh tun, aber diese Wunde muß sofort versorgt werden, hören Sie?«
Kadi hatte jedoch das Bewußtsein verloren - »Schock«, nannte Dr. Merrick es -, so nahm sie es gar nicht wahr, als Dr. Merrick sie aus dem Garten trug, den Flur entlang und durch die leere Marmoreingangshalle in die Notaufnahme.
Bevor sie ihnen folgte, drehte sich Mrs. Pollifax um und blickte zurück in den Garten. Es war dunkel und nun sehr still. Sie fragte sich, ob es etwa ein Einbrecher gewesen war, den Kadi bei seinem Vorhaben, in den Palast einzusteigen, ertappt hatte. War das Hämmern möglicherweise mit voller Absicht verursacht worden, um irgend jemanden in den Garten zu locken, oder war es von vornherein Kadi gewesen, auf die der Täter es abgesehen gehabt hatte?
Mrs. Pollifax erinnerte sich an Moses' Worte: »Wo es zu drei Toten gekommen ist, gibt es kein Erbarmen.«
Wie
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