und der Herr der Loewen
hatte.
»Er ist nicht so beeindruckend wie der Palast, aus dem wir gerade kommen«, erklärte Sammat. »Er war der erste. Der Himmel weiß, weshalb Simoko glaubte, nachdem er die Macht an sich gerissen hatte, mit einem Toten wetteifern zu müssen, noch dazu mit dem Mann, den er selbst hatte umbringen lassen. Größenwahn vielleicht. Jedenfalls gab er doppelt so viel für seinen Palast aus.«
Das war deutlich sichtbar. Der ältere Palast war aus sonnengetrockneten Lehmziegeln errichtet und weiß getüncht. Seine Räume waren kleiner und weniger protzig und es gab auch keine prunkvolle Marmorhalle. Dafür hatte er jedoch eine geräumige Festhalle; leider probte die Piccadilly Popcorn Band an diesem Nachmittag nicht, was Kadi sehr bedauerte.
Außerdem waren hier der öffentliche Radiosender untergebracht, der von 15 bis 20 Uhr seine Programme ausstrahlte, die Redaktion der Ubangiba Free Press, die Büros von World Aid und die staatliche Lotterie.
»Lotterie?« vergewisserte Kadi sich.
Sammat nickte. »Eine äußerst erfolgreiche Einrichtung. Die Lose kosten nur ein paar Pince, die Ziehung findet am Ende jeden Monats statt, und der Gewinn ist hundertfünfzig Gwar. Das gibt den Menschen Hoffnung. Es wird auch helfen«, fügte er hinzu, »die Kosten für das Kraftwerk zu decken, das wir brauchen werden, sobald das Bergwerk in Betrieb ist.«
Die Besichtigungstour interessierte Mrs. Pollifax nicht sonderlich, bis sie das Untergeschoß erreichten, wo die Redaktion und die Druckerei untergebracht waren. »Eigentlich müßten die Pressen jetzt rollen, denn die wöchentliche Zeitung ist morgen fällig.« Er rief in die Druckerei: »Was ist los, Mbuza?«
Ein freundlicher Schwarzer in weißem Overall rief zurück: »Kleine Reparatur, Mfumo, sie sein gute Arbeiter.« Sammat trat ein, gefolgt von Kadi. Mrs. Pollifax zog es dagegen vor, weiter den Flur entlangzuspazieren und einen Blick in den leeren Redaktionsraum zu werfen.
Es gab dort zwei Schreibtische, drei alte Schreibmaschinen, eine handbetriebene Vervielfältigungsmaschine, Aktenschränke und ein langes Regal voller Zeitungen. Ein Exemplar der Ubangiba Free Press lag auf dem Schreibtisch des Chefredakteurs. Sie warf einen Blick darauf. Es war die Zeitung der vergangenen Woche. Interessiert begann sie zu lesen. Unter der fetten Schlagzeile MR. MWANGO UND WORLD AID SAGEN GUTE
ERNTE VORAUS befand sich eine kleinere: INTERVIEW MIT MR. DICKSON SIMBA,
OFFIZIELLER DELEGIERTER DER SOTO. Das Interview nahm eine halbe Seite ein. Mrs.
Pollifax überflog es. Bei einer besonders provokativen Frage des Interviewers Johnson Sovi ließ sie sich jedoch mehr Zeit.
Sovi: Wir haben ein neues und junges Staatsoberhaupt, Mr. Simba, das bald unser König sein wird. Wie würden Sie seine bisherigen Leistungen beurteilen?
SIMBA: Seine Energie beeindruckt mich, nicht aber die Ziele, die er sich für Ubangiba gesetzt hat. Für mich ist er ein Weißer mit schwarzer Haut. Er hat alle Vorteile genossen, welche die britischen Kolonialherren seinem Großvater, König Zammat, gewährten. Er besuchte eine von einem Weißen geführte Missionsschule; er hat die vergangenen vier Jahre in Amerika verbracht; und sehen Sie doch nur, wie er Weiße hierherholt, um die Organisation für uns zu übernehmen. Wir sind wieder in der Kolonialzeit.
Bestürzt las Mrs. Pollifax weiter.
Sovi: Und in welche Richtung würden Sie vorziehen, Mr. Simba, daß er das Land steuert?
SIMBA: Jedenfalls nicht zu dieser »Alle müssen satt werden«, Zurück-zur-Scholle-Bewegung. Lächerlich! Er spricht davon, das Land ins zwanzigste Jahrhundert zu bringen, will jedoch nichts von Fabriken und Investitionen wissen. Statt dessen ist er von Genossenschaften und Düngern besessen, als wäre das die einzige Möglichkeit, Arbeitsplätze für alle zu schaffen. Er spricht davon, uns in die Zukunft zu führen, zieht uns in Wirklichkeit aber rückwärts.
Als Mrs. Pollifax Kadis und Sammys Schritte vernahm legte sie die Zeitung rasch auf den Schreibtisch zurück. Sammat blickte sie amüsiert an. »Sie brauchen sie nicht zu verstecken, es ist die Ausgabe der letzten Woche, die ich lä ngst gelesen habe. Die nächste kommt morgen heraus.«
»Wenn ich diese zu Ende lese, erfahre ich dann, was Dickson Simba sich für Ihr Land erhofft?«
»Ich fürchte, er hat selber nicht die geringste Ahnung«, erwiderte Sammat. »Und ich hoffe, das klingt nicht herablassend. Er steht der World Aid feindselig gegenüber, behauptet jedoch, er will
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