Und der Herr sei ihnen gnädig
frisches Obst.
Irgendwo in Magdas Esszimmer standen außerdem Kannen mit Tee und Kaffee sowie Mineralwasser bereit.
Rinas Vater machte ein Nickerchen, und die Frauen versuchten, einander nicht auf die Nerven zu gehen, während sie geschäftig hin und her eilten. Decker hatte es sich in einem der Wohnzimmersessel bequem gemacht. Er trug ein blaues Hemd mit Button- down-Kragen und eine hellbraune Hose. Seine Füße steckten in Halbschuhen, auf Socken hatte er wegen der Hitze verzichtet. »Ich dachte, das Ganze sollte nur ein zwangloses Treffen werden«, bemerkte er.
»Es gibt doch nur eine Kleinigkeit.« Magda lief nervös auf und ab. »Ich weiß wirklich nicht, warum du mir das antust, Ginny.« »Was?«
»Warum die Vergangenheit ausgraben?«
»Deine Erzählungen über deine Kindheit haben mich eben dazu inspiriert.«
»Du erzählst auch manchmal von deiner Kindheit, aber deswegen komme ich nicht auf die Idee, deine alten Freundinnen in dein Haus einzuladen.«
»Mama, ich hab dich vorher gefragt. Du hättest Nein sagen können.«
»Wie hätte ich denn dann dagestanden?« Magda hielt inne und bedachte ihre Tochter mit einem wütenden Blick. »Es ist mein Leben, Ginny! Wieso hast du zuerst mit Martha gesprochen? Du hättest vorher zu mir kommen sollen!«
»Ja, das hätte ich, aber ich habe es nicht getan«, antwortete Rina ruhig. »Ich möchte mich hiermit noch einmal dafür entschuldigen.«
»Dafür ist es jetzt zu spät! Nun kann ich sehen, wie ich damit zurechtkomme! Die ganze Woche habe ich gebacken und gebacken -«
»Ich hab dir doch angeboten, das für dich zu übernehmen, Mama.«
»Damit sie denken, dass ich mich nicht mal um eine simple Einladung zum Nachmittagstee kümmern kann?« Magda funkelte Rina wütend an. »Ich bin alt, aber ich habe trotzdem noch meinen Stolz.«
»Ich weiß, Mama. Und es ist gut, dass du selbst gebacken hast. Du kannst das viel besser als ich.«
»Ach... Unsinn!« Magda fuhr mit der Hand durch die Luft. »Du bäckst ganz ausgezeichnet.«
»Ja, aber nicht so gut wie du.«
Decker musste innerlich grinsen. Seine Frau sagte genau die richtigen Dinge. Er beschloss, ihr zu Hilfe zu kommen. »Mir gefällt, was du heute anhast, Magda.«
Sie sah zu Decker und strich über ihr blaues Kostüm. »Dieses alte Ding?«
»Es schmeichelt deiner Figur«, erklärte Decker. »Und die Farbe betont deine blauen Augen. Du solltest deine Tochter mal zum Einkaufen begleiten.«
Seine Schwiegermutter lächelte.
»Wenn du wüsstest, was das Kostüm gekostet hat, würdest du das nicht sagen«, meinte Rina.
»Dich finde ich heute aber auch sehr hübsch«, bemerkte Decker. »Ich mag es, wenn du Rot trägst.«
Rina lachte. »Du bist heute sehr charmant. Danke, Liebling, es freut mich, wenn ich dir gefalle.«
»Das Kleid ist zu lang, Ginny.«
»Fang nicht wieder damit an, Mama.«
»Doch, lass sie«, mischte Decker sich ein. »Wenn sie sich über dich aufregt, ist sie abgelenkt und gleich nicht mehr so nervös.« Beide Frauen lachten.
»Soll ich dir schon mal eine Tasse Tee bringen, Akiva?« Dass Magda seinen hebräischen Namen benutzte, war ein gutes Zeichen. »Das wäre wunderbar«, antwortete Decker.
»Und vielleicht ein kleines Sandwich?«
»Nein, ich möchte auf keinen Fall eure künstlerischen Arrangements durcheinander bringen.«
»Ich habe in der Küche noch Nachschub.«
»Wenn das so ist, sage ich nicht Nein. Aber vorher muss ich dich noch schnell was fragen.«
»Ja?«
»Die beiden Damen, die du heute bewirten wirst, sind beide über achtzig und sehr dünn. Was um alles in der Welt wirst du mit dem ganzen Essen anfangen?«
»Ich werde ihnen ein bisschen was davon mit nach Hause geben, den Rest bekommt ihr. Ich glaube nicht, dass die Jungs lange brauchen werden, um es zu verputzen.«
Da hatte sie Recht.
Magda zupfte an ihrem Kostüm herum. »Ich hole jetzt Tee und Sandwiches für dich. Welche Sorten?« »Ei ist gut.«
»Vielleicht noch eins mit Thunfisch? Ich stelle dir einfach was zusammen, ja?« »Wunderbar, Magda.« Sie ging in die Küche.
»Ich erkenne dich gar nicht wieder«, stelle Rina fest. »Seit wann bist du so charmant?« »Es stimmt. Wir hätten sie erst fragen sollen. So haben wir sie tatsächlich unter Druck gesetzt.«
»Sie hätte sich doch weigern können.«
»Dann hätte es so ausgesehen, als wäre sie verbittert oder unfreundlich. Du kennst doch deine Mutter. Die Meinung anderer Leute ist ihr extrem wichtig.« Decker lächelte. »Dein rotes Kleid gefällt
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