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und der Hongkong-Buddha

und der Hongkong-Buddha

Titel: und der Hongkong-Buddha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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er sich nach zwei Frauen am Straßenrand um, deren Gesichter unter mächtigen schwarzen, wie riesige Lampenschirme wirkenden Hüten verborgen waren.
»Haakafrauen«, erklärte Robin. »Sie leben seit Urzeiten im Gebiet von Hongkong.«
»Warum hab' ich nur meine Kamera nicht dabei!« klagte Mr. Hitchens, und völlig unvermittelt rief er: »Dort ist es! Dort drüben! Das Wasserrad.«
Robin trat auf die Bremse.
Nun entdeckte auch Mrs. Pollifax das hölzerne Wasserrad, das im Schatten eines kleinen Gehö lzes inmitten der Felder, etwa vierhundert Meter von der Straße entfernt, Wasser aus einem Flüßchen schöpfte.
»Die Hütte liegt unter den Bäumen«, erklärte Mr. Hitchens.
»Es gibt keine Straße durch die Felder. Wir müssen zu Fuß gehen.«
»Worauf warten wir also?« brummte Robin und stellte den Motor ab.
Sie stiegen aus dem Wagen, und Mrs. Pollifax musterte Mr. Hitchens mit besorgtem Blick. »Kopfschmerzen?« fragte sie besorgt, denn er war kreidebleich geworden.
»Nein, nein«, erwiderte er, »Ich bin nur etwas beunruhigt. Das ist alles.« Seine Lippen wurden schmal, »Ich bin schon in Ordnung.«
Im Gänsemarsch folgten sie einem schmalen Pfad, der in die Felder führte. Ohne die kühlende Brise vom Meer brannte die Sonne nun heiß vom Himmel. Sie sprachen nicht. Etwas von Mr. Hitchens' Unruhe hatte sich auch auf Mrs. Pollifax und Robin übertragen, und sie beschleunigten ihre Schritte. An dem Wasserrad angelangt, entdeckten sie eine roh gezimmerte Brücke aus Holzbohlen, die sich über das Flüßchen spannte.
Mrs. Pollifax ging als erste hinüber und strebte, ohne zu zögern, auf das kleine Gehölz zu, in dessen Schatten sie jetzt die Umrisse der Hütte erkennen konnte.
»Ja«, sagte Mr. Hitchens unbehaglich, »hier war es.«
Die Hütte machte einen seltsam verlassenen Eindruck und schien irgendwie nicht hierher, zwischen all die gepflegten Felder zu passen. Die windschief in den Angeln hängende, schäbige Tür knarrte und ächzte, als Mrs. Pollifax sie aufstieß.
In der Hütte herrschte zwielichtiges Dunkel. Sie war leer, so schien es auf den ersten Blick; doch als sich ihre Augen etwas an das Halbdunkel gewöhnt hatten, entdeckte sie in einer Ecke die dunklen Umrisse einer zusammengesunkenen Gestalt.
Zögernd trat sie näher. »Oh, mein Gott!« flüsterte sie mit erstickter Stimme, als ihr klarwurde, daß dort ein Mensch lag.
»Schau nicht hin!« sagte Robin heiser, dicht hinter ihr. Er griff in sein Jackett und brachte eine Taschenlampe zum Vorschein.
Natürlich sah sie trotzdem hin, und in ihrem Kopf formten sich vage Gedanken über die Unfaßbarkeit des Todes. Man sollte ihm mit Ehrfurcht begegnen und nicht mit Entsetzen, wie es die Menschen gemeinhin tun; nur weil der Tod für den Menschen ein tiefes Geheimnis ist, das sich mit dem Verstand nicht fassen läßt. Der Lichtstrahl der Taschenlampe fiel auf das Gesicht eines Chinesen mittleren Alters, dessen verwunderter Blick starr auf etwas gerichtet schien, das sie - als gewöhnliche Sterbliche - nicht zu erkennen vermochten. Er trug einen grauen Anzug und ein weißes Hemd, beides über und über mit Schmutz beschmiert.
Oberhalb der linken Augenbraue war ein häßliches Einschußloch, an dessen Rändern graue Pulverspuren zu erkennen waren. In seiner rechten Hand lag ein Revolver.
»Es ist Inspektor Wi«, knurrte Robin erbittert und erhob sich. »Er ist tot.«
»Seit wann?« fragte Mr. Hitchens mit belegter Stimme.
Robin kniete sich neben den Toten und befühlte dessen Gesicht und Handgelenke. »Noch nicht allzu lange. Gestern war er noch am Leben. Sie hatten recht damit...«
»Leuchte doch mal auf seine Hand, Robin«, sagte Mrs. Pollifax. »Da ist etwas... Ein Stück Papier...« Sie beugte sich über die leblose Gestalt von Inspektor Wi und entwand aus den Fingern seiner linken Hand ein weißes Stück Papier. Sie hielt es in das Licht der Taschenlampe und las: »Ich bin verzweifelt. Man hält mich für schuldig...« Nachdenklich starrte Mrs. Pollifax auf den Zettel. »Klingt wie die Erklärung für einen Selbstmord«, stellte sie skeptisch fest. »Und das, nachdem er seit zwei Wochen vermißt wird!« Sie reichte den Zettel Robin.
Er betrachtete ihn mit einem Stirnrunzeln, und Mr. Hitchens warf über Robins Schulter hinweg ebenfalls ein Blick auf das unregelmäßig abgerissene Stück Papier. »Sehr unglaubwürdig«, murmelte er schließlich. »Ein Fetzen Papier mit einem angefangenen Satz, der an keine bestimmte Person gerichtet ist... Und ohne

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