… und der Preis ist dein Leben - Mächtiger als der Tod (German Edition)
genommen. Sie wünschte nur, Daniel wäre hier. Er fände das Ganze mit Sicherheit genauso interessant wie sie.
„Wissen Sie, was das Einzige ist, worin sich alle Religionen auf der ganzen Welt einig sind?“
Mit großen Augen schüttelte Elizabeth über ihre Teetasse hinweg den Kopf.
„Dass wir alle eine unsterbliche Seele haben“, sagte Sir Thomas in gewichtigem Ton. „Keine einzige Glaubensrichtung bezweifelt das.“
„Das ist auch das Einzige, woran ich keinerlei Zweifel hege.“ Mehr hege , korrigierte sich Elizabeth in Gedanken.
Sir Thomas nickte wissend und schenkte ihr ein warmes Lächeln. „Ja, das ist bei mir genauso … Elizabeth, wenn Sie sich für dieses Thema interessieren, würde ich Sie gerne einladen heute noch etwas länger mein Gast zu sein. In …“, Hamilton sah schnell auf seine Uhr. „In einer knappen halben Stunde erwarte ich ein paar Freunde, Gleichgesinnte, zum Tee.“
„Gleichgesinnte?“, fragte Elizabeth verdutzt.
„Wir sind so eine Art Club. Sehen Sie, mein Steckenpferd sind nicht nur die Weltreligionen, sondern auch Spiritismus und Okkultismus. Man könnte wohl sagen, wir sind so eine Art spiritistischer Zirkel. Einmal in der Woche treffen wir uns und tauschen uns gegenseitig aus. Oh, schauen Sie mich bitte nicht so an, meine Liebe. Wir beschwören hier keine Geister oder veranstalten Séancen. Nichts dergleichen. Wir nähern uns dem Thema auf einer rein intellektuellen Ebene.“
Das war doch wirklich nicht zu glauben. Woher kamen all diese Leute auf einmal? Bevor sie Daniel gekannt hatte, war Elizabeth noch nie jemanden begegnet, der von sich behauptete, an Geister zu glauben, geschweige denn ein Medium oder Spiritist zu sein. Und nun schienen sich diese Leute förmlich um sie zu scharen. Sie bemerkte, dass sie Hamilton noch immer eine Antwort schuldete und räusperte sich.
„Das würde mich auf jeden Fall interessieren, Sir Thomas. Vielen Dank“. Trotz allem wollte sie sich diese Chance, an Informationen zu kommen, nicht entgehen lassen. Auch wenn sie sicherlich diejenige sein würde, die in der Runde über die größte Praxiserfahrung verfügte. Und apropos, wo blieb eigentlich ihr höchsteigener Poltergeist? Hatte er tatsächlich so viel mit Riley zu besprechen?
Während Hamilton ihr eine zweite Tasse Tee eingoss, wanderte Elizabeths Blick ziellos durch den Salon und blieb an einem gerahmten Plakat hängen. Es war eine Ankündigung des Magiers Harry Houdini aus dem Jahr 1919, und, wie sie Sir Thomas einschätzte, zweifelsfrei ein Originalexemplar. Als ihr Blick weiter der Wand entlangfolgte, stellte sie erstaunt fest, dass das Poster nicht das einzige Harry Houdini bezogene Stück in diesem Raum war. Da gab es noch ein weiteres Plakat, gerahmte Zeitungsartikel sowie ein auf einer kleinen Staffelei ausgestelltes Buch mit dem Titel A Magician Among the Spirits.
„Sie beschäftigen sich auch mit Magie, Sir Thomas?“, fragte Elizabeth.
Der alte Mann sah überrascht auf, folgte ihrem Blick und lächelte dann amüsiert. „Ich verehre Houdini, aber nicht als Zauber- oder Entfesselungskünstler. Ich bewundere sein Wirken im Bereich des Spiritismus.“
„Harry Houdini war Spiritist?“
„Antispiritist.“
„Ich verstehe nicht, Sir Thomas …“
„Sehen Sie, zu Houdinis Zeit waren Spiritismus und Okkultismus gerade groß in Mode. Es gab unzählige Scharlatane, die von sich behaupteten, mit der jenseitigen Welt Kontakt aufnehmen zu können. Die Tricks, die sie dabei anwendeten, waren denen von Zauber- und Varietékünstlern nicht unähnlich. Nachdem Harry Houdini einen äußerst schmerzlichen persönlichen Verlust erlitten hatte, war er mehr als bereit dazu, zu glauben. Doch die Geisterbeschwörer, die er aufsuchte, enttäuschten ihn allesamt zutiefst, denn ihre Tricks durchschaute er sofort. So machte er es sich schließlich zur Lebensaufgabe, die Scharlatanerie aufzudecken und an die Öffentlichkeit zu bringen. Mein kleiner Zirkel hat es sich zur Aufgabe gemacht, im Geiste Harry Houdinis die Spreu vom Weizen zu trennen. Wir glauben zwar, dass es tatsächlich Menschen mit besonderen Fähigkeiten gibt, aber eben auch solche, die nur vorgeben welche zu besitzen und damit leichtgläubigen und zumeist auch sehr verletzlichen Menschen, Geld aus der Tasche ziehen.“
Sofort kam Elizabeth ihr alter Bekannter in den Sinn. „Ich habe neulich einen Mann kennengelernt, der von sich behauptet ein Medium zu sein. Professor Conrad Worthing. Hatten Sie eventuell schon
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