… und der Preis ist dein Leben - Mächtiger als der Tod (German Edition)
seine eigene, in schwierigen Verhältnissen verbrachte Jugend zurückführen“, meinte sie nachdenklich. „Darf ich Sie fragen, Sir Thomas, woher ihre Hingabe für benachteiligte Teenager rührt?“
„Wie kann ich das am besten ausdrücken“, überlegte er und addierte den bereits zahlreichen Falten auf seiner Stirn noch ein paar neue hinzu. Trotzdem hatte Elizabeth das starke Gefühl, dass diese Denkpause Teil einer einstudierten und oft vorgetragenen Rede war. Schließlich war sie mit Sicherheit nicht die Erste, die ihm diese Frage stellte.
„Wissen Sie“, sagte er einen kurzen Moment später, „ ich habe in meinem langen Leben die Erfahrung gemacht, dass Potenzial nichts mit der Herkunft zu tun hat. Und doch werden in unserer Gesellschaft fast ausschließlich die Sprösslinge reicher Familien gefördert, sei es durch Geld oder Beziehungen oder einer Kombination aus beidem. Aber sehen Sie sich diese privilegierten jungen Menschen doch mal an. Kaum einer von ihnen hat sich jemals wirklich anstrengen, geschweige denn Opfer bringen müssen, um etwas zu erreichen. Dafür lassen sie aber kaum eine Gelegenheit aus, um nach allen Regeln der Kunst über die Stränge zu schlagen. Und so jemandem legen wir unser aller Zukunft in die Hände.
Ein kluger Mann hat einmal gesagt: Das Versagen einer Elite beginnt damit, dass die falschen sich dafür halten. Das trifft es meiner Meinung nach ziemlich genau.Wofür ich mich einsetze, ist Chancengleichheit. Ich bin nämlich der Meinung, dass Menschen, die das Potenzial und den Ehrgeiz besitzen, sich von ganz unten nach oben zu arbeiten, viel besser für Führungspositionen geeignet sind, als Leute, die mit einem silbernen Löffel im Mund geboren wurden. Detective Mason war da ganz meiner Meinung, und das war auch der Grund, dass er mir Simon Stephens vorgestellt hat, einen ganz außerordentlichen Jungen, den ich in einer meiner Privatschulen unterbringen konnte, und der bereits jetzt zu den besten seines Jahrgangs zählt. Es gibt so viele junge Menschen wie ihn, ungeschliffene Diamanten, die nur darauf warten, entdeckt und gefördert zu werden.“
Es war Elizabeth nicht entgangen, dass Sir Thomas von seinen Privatschulen gesprochen hatte, und sie fragte sich unwillkürlich, wie viel Einfluss der alte Herr tatsächlich in den von ihm geförderten Einrichtungen ausübte.
„Denken Sie, Sie haben nun genug Stoff für einen guten Artikel gesammelt, Elizabeth?“, fragte Sir Thomas liebenswürdig und in keinster Weise ungeduldig.
„Ja, ich denke schon“, entgegnete sie und schürzte leicht die Lippen. Das würde in der Tat eine gute Story werden. Und vielleicht konnte sie Riley überreden, seine Geschichte ebenfalls mit beizusteuern, damit die ganze Sache noch einen objektiveren Anstrich bekam.
„Sehr schön“, sagte Sir Thomas und rieb sich freudig die Hände. „Was halten Sie dann davon, wenn ich sie nun ein wenig herumführe?“
„Ich hätte noch eine Bitte, bevor wir mit der Führung beginnen.“ Elizabeth holte die Zeichnung des Dolchs aus ihrer Handtasche und schob sie Sir Thomas über den Tisch. „Das ist eine Skizze des goldfarbenen Dolchs, mit dem Daniel Mason angegriffen wurde. Da wir annehmen, dass er aus Indien stammt, hatte ich gehofft, Sie könnten uns eventuell etwas dazu sagen.“ Nachdem er bisher so offen mit ihr gewesen war, hatte Elizabeth den Entschluss gefasst, Sir Thomas ohne Umschweife zu der Waffe zu befragen.
„Wer ist wir ?“, fragte er, als er das Blatt zögerlich an sich nahm.
„Oh, ich stelle mit einem gemeinsamen Freund von Daniel und mir ein paar eigene Nachforschungen an, nachdem die Polizei … anderen Spuren nachgeht.“
„Ein gemeinsamer Freund, aha“, lächelte Hamilton wissend. „Dann richten Sie Detective Wood mal schöne Grüße von mir aus.“
Etwas verlegen erwiderte Elizabeth sein Lächeln.
Aufgrund seiner Altersweitsichtigkeit hielt Sir Thomas die Skizze auf halber Armlänge vor die zusammengekniffenen Augen. „Was lässt sie annehmen, dass der Dolch indischer Herkunft ist?“
„Die Symbole auf der Klinge ähneln denen auf dem Sonnenamulett. Meinem Anhänger, den sie neulich bewunderten, erinnern Sie sich?“
„Natürlich …“ Kritisch besah er sich die Zeichnung noch einen Augenblick länger, dann erklärte Sir Thomas kopfschüttelnd: „Es tut mir ausgesprochen leid, Elizabeth, aber hierzu kann ich nichts sagen. Den Dolch erkenne ich nicht, aber ich bin ja auch kein Experte für Waffen. Außerdem könnte
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