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und der Schatz der Moenche

und der Schatz der Moenche

Titel: und der Schatz der Moenche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Nevis
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Geshe. »Bring mir das Kästchen zurück. Solange du nicht weißt, was die Schatulle enthält, ist ihr Inhalt bedeutungslos für dich, auch wenn er für uns ein großer Schatz sein mag. Warum soll ich dich der Versuchung aussetzen?«
    »Sie trauen mir noch nicht ganz. Um was geht es?«
    Der Lama sah ihn an. »Doch, ich denke, ich kann dir trauen. Auch wenn du mir noch nicht alles verraten hast.«
    »Was ist in der Schatulle drin?«, bohrte Justus unverdrossen weiter. »Eine Botschaft? Eine Information?«
    »Du kannst sehr hartnäckig sein, Justus.« Seine Augen blitzten auf, als er an Justus’ Reaktion merkte, dass er das nicht zum ersten Mal hörte. Doch dann wurde sein Blick ruhiger. »Ich möchte dir etwas erzählen«, sagte er einige Atemzüge später. »Es ist ein Gedicht. Höre:
     
    Was geboren wird, muss sterben,
    Was du gesammelt hast, ist schon verstreut,
    Und Angehäuftes schnell verbraucht,
    Was mühsam errichtet, wird zusammenstürzen,
    Und was du aufziehst, wird wieder erniedrigt.«
     
    Er schloss und machte eine Pause. »Es ist ein Wort von Buddha. Lama Sun Gaya, mein großer Lehrer und bis zu seinem Tod das Oberhaupt des kathuschen Buddhismus, hat es mir anlässlich meiner Einweihungszeremonie geschenkt. Das ist lange her.«
    »Inwiefern geschenkt?«, fragte Justus nach, um den Lama am Erzählen zu halten.
    »Diese Einweihung ist ein sehr bedeutendes Fest. Es werden viele Zeremonien abgehalten. So schrieb mir jeder meiner Lehrer ein Wort auf ein Blatt Papier. Diese Zettel waren nur für meine Augen bestimmt und sollten mich bei meiner neuen Aufgabe begleiten. Ich las sie und warf sie anschließend in das große Feuer, das zu der Feier angezündet worden war. So ist die Zeremonie zumindest bei uns in Kathu.«
    Justus nickte. Er hatte das Gefühl, Lama Geshe verriet ihm gerade ein Geheimnis, doch der Lama sprach so einfach und normal, als würden sich zwei Freunde unterhalten.
    »Das Gedicht sagt, dass alles vergeht«, sagte Justus.
    »So kann man es deuten. Aber es sagt auch, dass sich alles verändert und wiederkehrt. Du kannst es ebenso umgekehrt verstehen.« Er lachte. »Aber wir sind hier nicht in einem buddhistischen Lehrgespräch. Ich denke, du willst zu deinen Freunden zurück. Ich möchte den Dingen ihren Lauf lassen. Entscheide alles so, wie du es für richtig hältst.« Er wollte schon aufstehen, da fiel ihm noch etwas ein. »Ich bitte dich nur um eines: Wenn ihr die Schatulle findet, so versucht nicht, sie zu öffnen. Nicht allein wegen des Geheimnisses. Lama Sun Gaya hat sie …«
    »Sie stammt von Lama Sun Gaya, dem verstorbenen Oberhaupt?«, rief Justus erstaunt aus.
    Der Lama nickte. »Sagte ich das noch nicht? Sun Gaya hat sie mir kurz vor seinem Tod geschickt.«
    »Aber ich habe Sie unterbrochen, Eure Heiligkeit«, entschuldigte sich Justus. »Sie wollten mich bestimmt darüber informieren, dass die Schatulle gesichert ist. Man hat uns bereits gewarnt: Beim dritten Fehlversuch zerstört sich das Kästchen selbst.«
    »Ein Schutzmechanismus, ja. Damit kein Unheil geschieht. Wurde denn schon versucht, das Kästchen zu öffnen?«
    »Zumindest einmal wurde der Code zu diesem Zwecke verstellt. Vielleicht hat es inzwischen noch jemand probiert.«
    »Dann muss die Kombination beim dritten Mal stimmen«, sagte Lama Geshe. »Und ich hoffe, dass ich es bin, der den entscheidenden Versuch unternehmen darf.«
    Der Lama sah Justus an und der Erste Detektiv spürte auch ohne weitere Worte, dass er soeben den Auftrag bekommen hatte, die Schatulle wiederzufinden. Er nickte. »Können Sie mir wenigstens sagen, wann Sie das Kästchen benötigen?«
    »In dem Moment, in dem die Sonne untergeht«, antwortete Lama Geshe. »Heute.« Er griff in sein Gewand und zog vorsichtig eine kleine rote Schnur heraus. »Ein Tsongdü«, sagte der Lama. »Ich schenke es dir. Es wird dir Glück bringen.« Er gab Justus die Schnur und stand langsam auf. Das Gespräch war beendet.
    »Sie haben mir noch nicht alles verraten«, beharrte Justus.
    »Ich habe dir mehr gesagt, als du zu wissen glaubst«, antwortete der Lama. »In meiner Vision gab es übrigens einen klugen Jungen, der mir half.«
    Justus erhob sich und steckte verwirrt die kleine rote Schnur in die Tasche. Sie schritten gemeinsam zur Tür. Justus hielt inne, bevor er sie öffnete. »Ihre Vision, Heiligkeit Lama, wie ging sie zu Ende?«
    »Am Ende stand ein Regenbogen«, sagte Lama Geshe und sah Justus an. Dann lächelte er und ließ ihn gehen.

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