und der tanzende Derwisch
deutete auf die Wand, die wie unter großem Druck zu zittern begonnen hatte. Ein Lehmziegel löste sich und fiel auf den Boden, dann ein zweiter. Abrupt wurde der Motor unerträglich laut, weitere Ziegel stürzten ein, Staub hob sich in Wolken, und die Nase eines Lastwagens bohrte sich in die Hütte und hielt an. Es war ihr Volvo, und hinter dem Lenkrad, kaum sichtbar, saß ein ganz kleiner Ahmad. Sogar in dem Dämmerlicht konnten sie sein stolzes Lächeln sehen, als er sich aus dem Fenster lehnte. »Bisura, bisura!« drängte er. »Bitte - ich weiß nicht, wie ich ihn rückwärtsfahren kann.«
Max raste zum Fahrersitz, Mrs. Pollifax und Sidi Tahar folgten, stolperten über Ziegel und kletterten neben ihm ins Führerhaus, wo Sidi Tahar Ahmad auf seinen Schoß hob. Max legte den Rückwärtsgang ein. Der Laster protestierte, schauderte und bewegte sich ein paar Zentimeter, wobei es Ziegel auf das Dach des Führerhauses hagelte, dann erstarb der Motor ominöserweise. Verzweifelt drückte Max das Gaspedal ganz hinunter, der Motor sprang wieder an, und der Laster plagte sich schrittweise rückwärts aus dem unregelmäßig gezackten Loch, das er selbst geschlagen hatte. Auch als sie ganz draußen und frei von dem Schutt waren, mußten sie weiter rückwärts fahren, durch eine lange schmale Gasse mit Häusern zu beiden Seiten. Sie atmeten erleichtert auf, als sie endlich auf eine breitere, ungepflasterte Straße gelangten, von der aus die Ware zu den Lagerschuppen um die Souks angeliefert wurde.
»Puhhh!« keuchte Max. »Das war knapp! Wohin jetzt? Sidi Tahar, gibt es einen Weg hinaus, der nicht auf die Straße zum Hotel führt?«
Sidi Tahar deutete. »Biegen Sie links ein, es ist zwar nur ein Pfad, aber er führt hinter Hügel und Hotel vorbei zur Straße in den Süden.«
»Gott sei Dank!« murmelte Max. »Die zum Hotel ist eine Sackgasse und eine Falle. Ahmad, bist du okay?«
Ahmad strahlte immer noch. »O kay !« versicherte er ihm glücklich.
Der Laster hatte beim Rammen der Mauer einen Scheinwerfer verloren, und der Weg war nicht mehr als ein Karrenpfad. Sie holperten über Steine, mußten haarscharf um Bäume herumschwenken und dachten unentwegt daran, daß es jetzt ein Rennen um ihr Leben war. Der Ort schien zu schlafen. Außer im Hotel brannte nirgendwo Licht, aber wenn schon Saleh das Krachen der einbrechenden Lehmziegel nicht gehört hatte, gab es zweifellos Nachbarn, die nur allzu bereitwillig von dem unbekannten Lastwagen erzählen würden, der ein solches Loch in die Lagerhütte gerammt hatte. Nach so vielen Stunden des Wartens mußte die Polizei bestimmt jeden Augenblick eintreffen, möglicherweise hielt sie gerade vor dem Eingang zum Souk an, während sie aus dem Ort flohen ...
Als sie sich des Wunders ihrer Rettung richtig bewußt wurde, beugte sich Mrs. Pollifax über Ahmad und küßte ihn auf den Kopf.
Sidi Tahar nickte ihr zu und sagte: »Er hat baraka, dieser Junge.«
»Was ist das?«
»Der Segen Allahs. Einen solchen Jungen würde ich gern unterrichten.«
Sie blickte ihn an, kam jedoch nicht zu einer Erwiderung, denn sie erreichten soeben die asphaltierte Straße. Max stieg auf die Bremse, und vier Köpfe drehten sich nach rechts, dann nach links, um auf die dunkle Straße zu spähen. Als sie feststellten, daß sie in beiden Richtungen leer war, bog Max nach Süden ab. »Jetzt suchen wir nach Ahmads Tante«, sagte er und fügte grimmig hinzu, »und versuchen danach, Pläne für uns selbst zu machen. Sidi Tahar, Sie kennen diese Gegend und Sie stecken wie wir in der Klemme, wohin und wie ...«
»Später«, sagte er ruhig. »Unsere Schicksale sind miteinander verknüpft... Auch ich überlege. Eines nach dem anderen.«
»Wo ist die Wegbeschreibung zu Ahmads Verwandten?« fragte Mrs. Pollifax.
Max kramte in seiner Tasche und händigte ihr einen Zettel aus, ohne sie anzublicken. »Ich habe es auf englisch notiert. Es dürfte nicht weit sein, höchstens acht Kilometer, sagte Muhammed ... Er sprach von einem Friedhof und einer Straße dahinter. Haben Sie Ihre kleine Taschenlampe noch?«
In dem dünnen Lichtstrahl las sie die Worte, die er in Ouarzazate gekritzelt hatte. »Etwa acht Kilometer außerhalb von Zagora liegt rechts von der Straße ein Friedhof, der im Süden von Olivenbäumen eingezäunt ist. Hinter diesen Bäumen ist eine unbefestigte Straße, in die müssen Sie einbiegen, dann sind es noch eineinhalb Kilometer zu dem Dorf.«
»Mit nur einem Scheinwerfer werden wir alle vier Augenpaare brauchen, um
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