und der verschwiegene Verdacht
aber er hatte weder das Geschick noch die nötige Geduld, um damit Erfolg zu haben. Er musste unsere Ländereien in Kent und Somerset verkaufen und einen großen Teil der Angestellten entlassen, die alle aus Penford Harbour kamen. Die Leute mussten sich anderswo Arbeit suchen und ihre Häuser verlassen, und so kam es, dass das Dorf langsam immer mehr verfiel.
Was dieses Gebäude betrifft … Nun, ich denke, du hast davon schon zur Genüge gehört, Derek.
Sämtliche nötigen Reparaturen wurden vernachläs-sigt, und das Haus verfiel zusehends. Mein Vater schloss ein Zimmer nach dem anderen, bis wir alle hier im Mittelteil aufeinander hockten.«
»War eine schlimme Zeit, damals«, sagte Gash nachdenklich, und die anderen nickten ernst.
»Ich ahnte gar nicht, wie schlimm es um Penford Hall stand«, erklärte Grayson. »Die Angestellten hielten so viel wie möglich von mir fern und taten so, als sei es ein Riesenspaß, dass wir alle so zusam-mengepfercht hier wohnten. Aber als meine Groß-
mutter dann gestorben war, entließ mein Vater auch die restliche Dienerschaft und fing an, Wertgegen-stände aus Penford Hall zu verkaufen.«
»Durfte er das denn?«, fragte Emma mit einem Blick auf Nanny Cole.
»Eigentlich nicht«, erwiderte der Herzog. »Denn eigentlich war festgelegt, dass das Haus samt seinem Inhalt auf mich als nächstem Erben übergehen sollte. Aber jetzt, wo Großmutter tot war, gab es ja niemanden mehr, der ihn daran hindern konnte.«
Die Augen des Herzogs wanderten über die Wände und blieben bei jedem Gemälde und jeder der unschätzbaren Porzellanfiguren stehen, während seine Hände über den teuren Stoff des Sessels strichen, als wollte er sich davon überzeugen, dass dies alles wirklich existierte. »Ich bin wirklich stolz auf Großmutter, dass sie daran gedacht hatte, ihren Smaragdschmuck zu verstecken«, sagte er leise.
Aus dem Augenwinkel sah Emma, wie Nanny Cole Kate ansah, die jedoch schnell wegschaute.
»Wir glauben, dass sie mit der Laterne ähnlich verfahren ist«, sagte Grayson, »und aus demselben Grund. Leider hat sie niemanden über das Versteck in Kenntnis gesetzt. Aber andererseits gab es auch kaum noch jemanden, dem sie es hätte sagen können.« Der Herzog faltete die Hände und tippte die Daumen gegeneinander. »Stellt euch vor, wie es sein muss, wenn man jeden Morgen aufwacht und schon wieder einen geliebten Bruder oder eine Schwester, einen Onkel oder eine Tante verloren hat, dann könnt ihr euch vielleicht denken, wie verzweifelt ich war, als mein Vater anfing, die Dienstboten zu entlassen. Bald war nur noch Nanny Cole übrig, und ich konnte einfach nicht glauben, dass Vater sie auch wegschicken würde. Als Großmutter tot war, war Nanny Cole ja die einzige Mutter, die ich hatte.«
»Du meinst wohl eher, ich war die Einzige, die dumm genug war, dein Bett zu machen«, meldete Nanny Cole sich zu Wort. Ihre Stricknadeln waren längst stehen geblieben, und sie sah den Herzog liebevoll an. Eine zarte Röte lag auf den Wangen der alten Frau, als sie merkte, dass die Aufmerksamkeit im Raum auf sie gerichtet war. Schnell fing sie wieder an zu stricken und brummte unwillig:
»Jetzt erzähl doch endlich weiter, Junge.«
»Wo war ich stehen geblieben? Ach ja …« Der Herzog seufzte. »Als Nächstes teilte Vater mir mit, dass er mich in ein Internat stecken wolle. Das war schon schlimm genug, aber am Nachmittag desselben Tages, weniger als einen Monat nach Großmutters Tod, sah ich, wie ihre Harfe in ein Auto geladen und weggefahren wurde. Ihr müsst wissen, dass diese Harfe ihr kostbarster Besitz gewesen war. Die Tatsache, dass er selbst vor dem Verkauf von Großmutters geliebter Harfe nicht zurückschreckte, öffnete mir die Augen darüber, dass nichts und niemand hier mehr sicher war.
Vater und ich hatten an dem Abend einen fürch-terlichen Krach, der damit endete, dass ich weglief.
Ich war ja noch ein Kind – so alt wie Peter heute –, und es herrschte ein ebensolches Unwetter wie jetzt, also kam ich nicht sehr weit. Ich rannte zur Kapelle, wo ich mich einfach nur ausheulen und mir so richtig Leid tun wollte. Aber als ich in der Kapelle ankam, saß zu meiner grenzenlosen Verwunderung Tante Dimity dort …«
»Dimity Westwood?«, fragte Derek.
»Es gibt nur eine Tante Dimity«, erwiderte Grayson.
»Aber wie konnte sie wissen …« Emma ließ den Satz unbeendet.
Der Herzog schüttelte lächelnd den Kopf. »Keine Ahnung. Natürlich hatte sie von Großmutters Tod gehört
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