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und der verschwiegene Verdacht

und der verschwiegene Verdacht

Titel: und der verschwiegene Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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Herzog schüttelte den Kopf.
    »Deine Wahrnehmung ist zweifellos eine andere, aber die Situation ist immer noch dieselbe wie zuvor.«
    »Was mich betrifft, sicherlich nicht«, entgegnete Derek. »Schließlich habe ich nicht schon immer gewusst, dass du ein Mörder, ein Dieb und ein Lügner bist.«
    »Ach Gott …« Der Herzog hob die Hand und fä-
    chelte sich Kühlung zu. »Solch heftige Vorwürfe.
    Ich habe deine Offenheit immer geschätzt, also will ich mich auch jetzt nicht beklagen, aber wirklich, mein Alter, deine hitzige Anklage versengt einem ja geradezu die Augenbrauen. Ich nehme an, du wirst mir ein Wort zu meiner Verteidigung gewähren?«
    Derek nickte, und der Herzog beugte sich vor. Seine braunen Augen blitzten, doch die Gutmütigkeit war aus seinem Gesicht gewichen.
    »Jawohl, ich habe Lex Rex umgebracht – und ich hatte jedes Recht dazu.«
    »Moment mal, Grayson«, fing Derek an, aber der Herzog bedeutete ihm zu schweigen.
    »Dass ich ein Dieb bin, bestreite ich kategorisch.
    Ich nahm mir nur das, was mir ohnehin gehörte, und selbst Euer Ehren müssen zugeben, dass man das nicht Diebstahl nennen kann. Ein Lügner aber
    …« – Grayson lehnte sich zurück und betrachtete aufmerksam seine Fingernägel –, »da hast du mich erwischt, mein Junge, denn wenn ich etwas bin, dann ein Lügner, und noch dazu einer, der seine Lügen nicht bereut.« Er sah Derek an. »Von der schlimmsten Sorte. Aber ich muss Emma und dir die Wahrheit sagen, ehe ihr … abreist. Du bist mein alter, vertrauter Freund, Derek, und Sie, Emma, sind mein Gartenengel. Die Anklage in euren Augen tut mir weh. Ehe diese Nacht herum ist, will ich euch aufklären. Meine Freunde …« Er verstummte.
    Emma fühlte, wie sich jeder Muskel in ihr anspannte, als Derek ihr den Arm um die Schultern legte.
    »Darf ich euch den verblichenen und völlig unbe-weinten Lex Rex vorstellen?«
    Emma wartete, dann sah sie sich im Zimmer um.
    Dort saß Crowley ganz ruhig, den Kopf aufmerksam dem Herzog zugewandt; Hallard, der etwas abwesend vor sich hin sah; Nanny Cole, die an einem kobaltblauen Pullover strickte; Newland, der die Tür bewachte; Kate, die Grayson ernst ansah; Tom Trevoy, der sich wie meist über seinen Schnurrbart strich, und Gash, der gegen das Fu-
    ßende des Bettes gelehnt dasaß und ruhig die Hän-de über seinem Kugelbauch gefaltet hatte. Emma blickte Derek an, und sein Gesicht spiegelte ihre eigene Unsicherheit wider, dann wandte sie sich an den Herzog. »Entschuldigung, ich habe nicht verstanden«, sagte sie.
    Derek war weniger geduldig. »Ich mag kein Rät-selraten, Grayson«, sagte er schroff. »Dafür hatte ich noch nie was übrig. Wenn du uns etwas sagen willst, dann raus damit.«
    Der Herzog seufzte. »Ich hatte befürchtet, du würdest das sagen. Also gut … nehmt euch alle noch eine Tasse Tee. Es kann ein bisschen dauern.«

20
    DANN FING ES AN ZU regnen. Ohne weitere Ankündigung kamen die Wassermassen von der See hereingefegt und klatschten gegen die Fensterscheiben, getrieben von Windstößen, die die Rosenbü-
    sche zerpflücken, den Rasen überfluten und das Gemüse in Madames Küchengarten platt walzen würden. Emma dachte an die frisch umgegrabenen Beete im Kapellgarten und fragte sich, ob die Erde bis zum Morgen nicht völlig weggespült sein würde.
    Newland, der den Verlauf des Sturms über die Kopfhörer seines Kurzwellenradios verfolgte, bestä-
    tigte, dass es Sturmwarnungen für die gesamte Küs-te gab und dass allen Anwohnern geraten wurde, in den Häusern zu bleiben.
    Oberwachtmeister Trevoy rief schnell im Dorf an, wo Mrs Tharby ihm frohgemut verkündete, dass alles in bester Ordnung sei. Die Schiffe seien alle im Hafen, und als einzigen Notfall gebe es zu berichten, dass Mr Minion, der Metzger, auf dem regennassen Kopfsteinpflaster ausgerutscht sei und sich das Handgelenk verstaucht habe. Dr. Singh habe ihn verarztet, und Mr Minion sei inzwischen so weit genesen, dass er in der Bright Lady bei Kerzenlicht seinen Schreck ertränken konnte.

    Gash hatte bereits vor Jahren sämtliche Fenster des Hauses mit Sensoren versehen lassen. Sobald irgendwo eine Scheibe zerbrochen war, ging ein Piepser los, den er ständig in der Tasche trug und dessen digitale Anzeige ihm sogar die ungefähre Lage des kaputten Fensters zeigte. Alles in allem schienen sich die Angestellten keine großen Sorgen wegen des Sturms zu machen.
    »Wir sind so fest mit der Landspitze verbunden«, erklärte Gash, »dass der ganze verdammte Felsen

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