und der verschwiegene Verdacht
weggeblasen werden müsste, ehe Penford Hall zu Schaden käme.«
Hallard legte im Kamin Holz nach. Crowley füll-te erneut die Teetassen, und Nanny Cole aß noch ein Sandwich, während Derek ungeduldig auf dem Diwan herumrutschte und Emma besorgt in den peitschenden Regen sah. Allmählich legte sich die Unruhe jedoch, und bald herrschte völlige Stille im Zimmer. Als Emma den Blick endlich vom Fenster abwandte, sah sie, dass sich alle bis auf den Herzog wieder gesetzt hatten und alle Augen auf Grayson gerichtet waren.
Er stand beim Nachttisch seiner Großmutter und betrachtete nachdenklich ein Foto in braunem Leder-rahmen. Vorsichtig nahm er es in die Hand, wischte mit dem Ärmel leicht den Staub ab und kam damit zu seinem Sessel zurück, wo er einen Moment dasaß und es stumm ansah, ehe er es Emma reichte.
Es war das Foto eines britischen Offiziers. Der Hintergrund war unscharf, die Uniform von keinerlei glänzendem Metall oder bunten Bändern geziert.
Der Mann war schlank und hatte feine Gesichtszü-
ge; mit seinem blonden Haar und dem sehr schmalen Schnurrbart hatte er große Ähnlichkeit mit dem Herzog, bis auf die tiefe Traurigkeit in den Augen.
In der rechten Hand hielt er eine Reitpeitsche, sein linker Ärmel war zusammengefaltet und an der Schulter festgesteckt.
»Mein Vater.« Der Herzog hatte das Gesicht dem Feuer zugewandt, und seine sonst so lebhaften Hände lagen ruhig auf der Sessellehne. »Der drei-zehnte Herzog von Penford war kein glücklicher Mensch. Ob es etwas mit der unglücklichen Zahl seiner Rangfolge zu tun hatte, überlasse ich Ihrem Gutdünken, ich jedoch denke, es war die unglückliche Zeit, in der er lebte.
Er hatte seinen Vater und alle seine Onkel im Ersten Weltkrieg verloren. In einem Bombenan-griff im Hafen von Plymouth verlor er seine Frau, in den Ardennen seinen Arm, und kurz nachdem ich geboren war, seine zweite Frau – meine Mutter.« Er sah Derek an, dann schlug er die Augen nieder. »Lungenentzündung. Und selbst ein gesunder Sohn und Erbe konnte ihn für alle diese Ver-luste nicht entschädigen. Er wurde ein ziemlicher Einsiedler.«
Derek wurde unruhig. »Ja, also, Grayson, das tut mir alles furchtbar Leid, aber …«
»Geduld, mein Junge«, sagte der Herzog.
Nanny Cole funkelte Derek böse an. »Schließlich ist es deine Schuld, dass wir alle hier mitten in der Nacht aus dem Bett gezerrt wurden, also halt jetzt die Klappe, oder es setzt was.«
Derek sagte nichts mehr.
»Mein Vater«, fuhr der Herzog fort, »überließ meine Erziehung weitgehend meiner Großmutter, die dafür sorgte, dass ich von einer Hauslehrerin unterrichtet wurde, die inzwischen gestorben ist.
Meine Großmutter war in vieler Hinsicht eine wunderbare Frau, aber die Aufmerksamkeit, die sie mir schenkte, war … schwankend. Wenn ich sauber und ordentlich angezogen war und mich gut benahm, konnte sie sich mir stundenlang widmen.
Aber wenn ich schlecht gelaunt war …«
»Du warst in deinem ganzen Leben noch nie schlecht gelaunt«, sagte Nanny Cole bestimmt, und die anderen murmelten zustimmend.
»Dann sagen wir eben, dass ich manchmal zu viel überschüssige Energie hatte«, räumte der Herzog ein.
»Und Sie förmlich die Wände hochgegangen sind«, murmelte Gash.
»Und wenn das der Fall war«, fuhr der Herzog geduldig fort, »und das war nach Auffassung meiner Großmutter viel zu oft, war meine Gegenwart nicht erwünscht.«
»Und er wurde zu uns abgeschoben«, murrte Nanny Cole.
»Aber es hat uns doch nichts ausgemacht«, bemerkte Gash.
»Hab ich ja auch nicht gesagt, oder?«, gab Nanny Cole zurück.
»Daher kam es«, erzählte Grayson weiter, »dass ich während der entscheidenden Jahre den größten Teil meiner Zeit in der Obhut von Nanny Cole und den anderen Angestellten war. Ich verehrte meine Großmutter, aber diese guten Leute hier …«, sein Blick schweifte durch das Zimmer, »diese Menschen hier habe ich geliebt.«
»Rührseliger Blödsinn«, murmelte Nanny Cole.
»Reiß dich gefälligst zusammen, Grayson, sonst fängt Kate noch an zu heulen.«
»Mutter«, Kates Stimme klang verärgert, »würdest du jetzt bitte Grayson mal ausreden lassen?«
»Hab ich ihn schon jemals davon abhalten können?« Nanny Cole funkelte ihre Tochter an, blieb aber still, als Grayson fortfuhr.
»Der Entschluss meines Vaters, sich völlig zu-rückzuziehen, wirkte sich natürlich katastrophal auf das Haus sowie auf das ganze Dorf aus. Neue Steuergesetze verführten ihn zu Spekulationsge-schäften,
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