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Und der Wind bringt den Regen

Und der Wind bringt den Regen

Titel: Und der Wind bringt den Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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Überheblichkeit...
    Die Sonne ging unter, und eine Glocke begann zu läuten. «Der Park wird geschlossen», sagte Nell.
    Sie gingen langsam auf das Parktor zu. Der Faden des Gesprächs war gerissen - sie sprachen jetzt von anderen Dingen, tauschten Erinnerungen aus. Am Parktor verabschiedeten sie sich mit einem Händedruck; von einem Wiedersehen wurde nicht mehr gesprochen. Nachdenklich ging Nell nach Hause. Frank Hardy! Mit dem angegrauten welligen Haar sah er noch besser und distinguierter aus als früher. Die Leute, die an ihnen vorübergegangen waren, hatten ihn alle interessiert angesehen. Sie war richtig stolz gewesen...
     
    Alice war zu Hause und las. Oma war bereits im Bett, und Opa ließ sich von Nell beim Schlafengehen helfen. Als sie wieder herunterkam, sagte sie: «Alice—?»
    «Hm-hm?» sagte Alice, ohne von ihrem Buch aufzublicken. «Ich hab jemand getroffen. Unten im Park.»
    «Wen denn?» fragte Alice kurz. Ratespiele schätzte sie nicht. «Liebes, hör zu. Es ist wichtig», sagte Nell bittend.
    Alice legte einen Finger in ihr Buch und klappte es zu. «Also wen?» sagte sie etwas freundlicher.
    «Frank Hardy. Er ist Lehrer an der Oberschule - in der Derby Road, sagte er, glaube ich.»
    Alice war schmaler geworden. Ihre Arbeit und die Verantwortung hatten ihre Züge gezeichnet, vor allem aber die Bitterkeit, die immer noch ihre stärkste Antriebskraft war. «Mein Gott -mußte er ausgerechnet nach Ingerby zurückkommen!» Sie war sehr blaß geworden.
    «Was immer zwischen euch vorgefallen ist, Alice», sagte Nell scharf, «es ist nicht alles seine Schuld.»
    «Das weiß ich sehr wohl.» Sie lachte kurz auf. «Deshalb geht mir ja seine Prüderie so auf die Nerven.»
    «Du hast noch gar nicht gefragt», sagte Nell nach einer Pause. «Was hab ich nicht gefragt?»
    «Ob er verheiratet ist.»
    «Das ist mir auch völlig egal.»
    «Na, er ist’s jedenfalls nicht.»
    Alice sah blaß und müde aus. «Gute Nacht», sagte sie. Ihr Gesicht war hart und unbewegt. Sie ging nach oben, ins Bett.
    Eine Woche später klingelte es. Nell nahm an, es sei der Gasmann, und öffnete die Haustür. Es war Frank Hardy. Wieder strahlte Nell vor Freude. «Frank! Komm rein!»
    «Ich wollte mal vorbeikommen und sehen, wie es euch geht, Nell.»
    Sie führte ihn voller Freude ins Wohnzimmer. «Hier ist Frank Hardy!» sagte sie.
    «Wer?» fragte Oma. Sie hörte sehr schwer.
    «Frank Hardy.»
    Oma betrachtete ihn, aber weder der Name noch das Gesicht sagten ihr etwas. Sie sah ihn mißbilligend an.
    Aber Opa erhob sich mühsam. «Frank!» sagte er. «Komm, setz dich. Du willst sicher Alice sehen, was? Nell, mach doch Frank eine Tasse Tee. Und mach mir auch eine mit.»
    «Bitte nicht», sagte Frank. «Ich wollte nur sehen, wie es euch allen geht.»
    Schritte auf der Treppe, und Alice trat ins Zimmer. Sie trug einen dunklen Mantel und einen breiten Hut. «Ich geh dann also», sagte sie. Erst da erblickte sie Frank und starrte ihn an. «Mein Gott - Frank Hardy.» Sie bedachte ihn mit einem kühlen Lächeln. «Ich hab schon gehört, daß du wieder da bist.»
    «So?» Es hatte weder freundlich noch unfreundlich geklungen. Eher leicht belustigt.
    «Sicher. Du hast ja auch schon dreimal im Krankenhaus nach mir gefragt. Die Oberin weiß alles», fügte sie lächelnd hinzu.
    Nell sah erstaunt auf. Frank sah den Blick und sagte: «Ich wollte dir nur gratulieren, Alice. Um der alten Zeiten willen.»
    «Danke schön», sagte sie. «Also dann - ich muß jetzt gehen. Wiedersehen.»
    «Darf ich dich begleiten?»
    «Wenn du willst.»
    Nell schloß die Tür hinter ihnen. Sie vergaßen, sich von ihr zu verabschieden. Sie blickten sich nicht einmal um.
     
    «Mein Gott, Alice — wie schön du bist», sagte er und sah sie bewundernd an. Zwanzig Jahre lang hatte er keinen Versuch gemacht, sie zu sehen, und nun erkannte er nach wenigen Sekunden, daß er sie noch ebenso liebte wie damals im Jahre 1919.
    Sie wandte den Kopf und lächelte ihm mit schmalen Lippen zu. Ihre Augen funkelten. «Und du siehst etwas menschlicher aus als damals.»
    Er war verwirrt und verletzt. «Wieso - habe ich damals etwa nicht menschlich ausgesehen?»
    Sie sah ihn prüfend an. «Ja, du hast nicht mehr dieses     Er war bereit einzulenken. «Du bist jedenfalls schöner als je, Alice.»
    «Nein, das bin ich nicht. Weißt du, wie mich die Patienten nennen? , sagen sie. Und sie haben recht - ich bin ein richtiger Drachen, Mr.

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