Und die Eselin sah den Engel
vollkommen abzutrennen.
Neugierig hatte Euchrid seinen Vater mit dem tollwütigen Hund beobachtet, doch erst nachdem der Alte das Tier eingesperrt hatte und reingegangen war, kam Euchrid hinter den Blechfässern jenseits des Pferchs hervor und trat an den mächtigen Eisenkäfig heran.
Drinnen fauchte und spuckte der Hund, wand sich auf seinen drei gesunden Beinen gepeinigt im Kreis, den wuchtigen Nacken gebuckelt und gesträubt, die Stirnhaut tief herabgezogen über blutunterlaufenen Augen und die Lefzen zu einem bösen Knurren nach oben gewölbt.
Euchrids Gegenwart beruhigte das Tier, etwa so, wie die Gegenwart eines Priesters einen von Dämonen Besessenen beruhigt, und nachdem er ihm die blinde Wut ausgetrieben hatte, versorgte Euchrid den Hund, umwickelte den Stumpf mit Gaze und zog eine dicke Wollsocke darüber, schwarz mit gelben Karos um den Knöchel.
Nach langer und reiflicher Überlegung beschloß Euchrid, den Hund »Gelber« zu nennen. Später am Nachmittag änderte er den Namen in »Karo« und dann in »Gelbes Karo«, aber nach weiterem Nachdenken ließ er die Idee vollständig fallen und fügte sich widerstrebend in die Sinnlosigkeit der Sache.
Er fütterte den Hund hauptsächlich mit Ratten und Kröten, und Wasser, bis er wieder bei Kräften war und er ihn laufenließ.
Der Hund humpelte den Hang hinunter und verschwand in dem Zuckerrohrfeld hinter dem Galgenbaum. Euchrid verfolgte seinen Weg von oben. Er zählte die Krähen, die über ihm kreisten.
Drei Tage später sah Euchrid eine kleine Gruppe von Schulkindern über die Hauptstraße laufen, und als er von der Verandatreppe sprang, fragte er sich, was sie so weit außerhalb der Stadt zu suchen hätten. Bevor er den Hang hinunterrannte, sah er noch einmal hin – sie schienen die Arme über den Köpfen zu schwenken, aber aus dieser Entfernung war das nur schwer zu erkennen.
Er tauchte in das Zuckerrohr und hastete in ihre Richtung. Etwa jede Minute machte er halt und horchte nach ihren hellen Stimmen, die immer lauter wurden. Schließlich erspähte er am Straßenrand, nur sechs oder sieben Meter entfernt, ein Knäuel bunter Farbtupfer. Die Kinder schrien jetzt wie verrückt, durchbohrten den milden Nachmittag mit verzücktem Kreischen. Sie liefen nicht mehr.
Plötzlich war alles still.
Euchrid kroch bis an den Rand, vor ihren Blicken geschützt von den über dem Drahtzaun hängenden Zuckerrohrblättern. Er beobachtete, wie die Kinder kehrtmachten und wieder in Richtung Stadt losrannten. Er stieg durch den Zaun und sah mit wütend geschlitzten Augen der enteilenden Gruppe nach. Einige schwenkten Stöcke, andere warfen sie ins Feld. Ein x-beiniger Junge jagte ein kreischendes o-beiniges Mädchen; er hatte eine schmuddlige Kapuze über den Kopf gezogen – schwarz mit gelben Karos um den Hals.
»Seht mal!« schrie das Mädchen, das stehengeblieben war, die Straße entlangspähte und jetzt einen Arm ausstreckte und mit einem höhnischen Finger genau in Euchrids Richtung zeigte. Die anderen Kinder kamen quietschend zum Stehen. Der Junge mit der Strumpfmaske stieß mit einem anderen zusammen und fiel lang auf die Straße, wobei er sich Knie und Handflächen aufschürfte.
Es folgte ein furchtbares Schweigen, das nur vom erstickten Stöhnen des Jungen mit den aufgeschlagenen Knien unterbrochen wurde. Ein paar Sekunden lang war Euchrid mit dem Doppelschlag seines Herzens allein. Dann sah er rot.
Er hob einen Stein vom Boden, trat vor und holte aus. Noch ehe er eine Chance hatte, ihn zu werfen, hatten die Kinder sich umgewandt und die Flucht ergriffen.
Der Stein in seiner Faust war klebrig von Blut.
Zu seinen Füßen lag, den nackten Stumpf obszön aufgerichtet, der dreibeinige Hund. Sein Schädel war eingeschlagen, und das Gehirn quoll aus einem Spalt wie ein Hahnenkamm. Die Zunge, doppelt so lang wie gewöhnlich, hing ihm staubig aus dem Maul. Ein Knochensplitter ragte zerborsten aus seinem gesunden Oberschenkel, aus dem braunen Fell gebohrt wie ein Finger in Aspik. Ein dünnes Blutrinnsal sickerte aus seinem Anus und tropfte auf den vollgepißten Boden.
»So müssen sie ihn erwischt haben«, stellte Euchrid fest. »Haben ihm das andere Bein kaputtgeschlagen.«
»Stimmt«, dachte er, als sein Verdacht von einer verwischten Spur feuchten Staubs bestätigt wurde, die zehn Meter entfernt begann und am zerschmetterten Hinterteil des Hundes endete.
Euchrid zerrte den Kadaver von der Straße und warf ihn in einen Graben.
Dann ging er die Maine Road
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