Und die Eselin sah den Engel
der Anhöhe bei der Hütte wie Ameisen aus. Belfernd und betend fächelten sie die Flammen. Ich fragte mich, wie sie auf Ihn wirken mochten, diese Ameisen, diese fieberhaften Fleckchen da unten. Ich streckte eine Hand aus. Sie waren nicht größer als mein Daumen. Ich spreizte die Finger und sah, daß sie die ganze Ruhmes-Ebene umspannten; und langsam krallte ich die Finger zusammen und zerquetschte sie alle mitsamt dem Feuer in meiner Faust.
Ich lachte, und das Tal erzitterte vom Widerhall.
XI
Für die meisten Gucklöcher hatte ich Korken als Verschlüsse, aber der Stöpsel in meiner Schlafzimmerwand war aus zerkautem Papier geformt. Ich konnte einfach keinen passenden Korken finden. Der Papierklumpen, den ich dafür zurechtmachte, war dick wie mein Daumen und brauchte eine ganze Woche zum Trocknen. Wobei er noch einschrumpfte. Trotzdem erfüllte er seinen Zweck, und das Guckloch ist nie entdeckt worden.
Als ich den Stöpsel aus der Wand zog, bohrte sich ein zitternder Speer gelben Lichts in die Dunkelheit meines Zimmers. Die Luft war in dieser schlaflosen Sommernacht wie Hundeatem. Ich streckte eine Hand aus, spreizte die Finger, und ließ das Licht auf meine Handfläche klatschen. Der helle Kreis glänzte schwer und golden in meiner Hand wie eine neue Münze. Und so lag ich dort auf dem Rücken, den Blick auf den goldenen Strahl gerichtet, und sah dem Auf und Ab der silbrigen Staubkörnchen zu, die geschlängelt und heiter wie Seepferdchen darin schwebten, steuerlos und einsam. Mittsommernächtliche Traurigkeit senkte sich herab, und ich ergab mich ihr, niedergeworfen von ihrer dichten stickigen Düsternis.
Ich setzte mich auf, und der Strahl spritzte über mein Gesicht; blinzelnd brachte ich ein Auge an die helle Öffnung und nahm das Vorderzimmer von Wand zu Wand in Augenschein.
Die Tür stand zum Lüften offen. Im Eingang hing eine Petroleumlampe; die warf eine zerfranste Decke kupferfarbenen Lichts über den Raum, der Rest fiel auf die Veranda. Alles, was nachts Flügel hat, lärmte im Todestaumel darum herum – dumme Viecher, die sich die Schädel einschlugen, um in das helle Auge zu gelangen. Der Boden unter der Lampe war mit versengten Leichen übersät. Das Zimmer dröhnte von ihrer Verrücktheit.
Pa saß am Tisch und reparierte eine riesige Schnappfalle mit einer Spannweite von über anderthalb Metern. Das war seine Lieblingsfalle. Der Schwarze Bastard. Neben ihm stand eine Büchse mit Schmieröl.
Pa sah verkrümmt aus, als würde er mit Disteln ausgepeitscht. Eine dicke blaue Ader schlängelte sich über seine schweißbeperlte Stirn. Seine Augen waren schmale Schlitze. Die Zähne zusammengebissen, grübelte Pa vor sich hin. Während er in fiebriger Erregung eine neue und kräftigere Feder an der Falle ausprobierte, sprang ab und zu und ohne ersichtlichen Grund ein obszöner Fluch von seinen Lippen. Seit Mules Tod hatte Pa immer den Eindruck eines Mannes gemacht, der von einem schwärenden Zorn verzehrt wird, den er nicht unterdrücken kann. Wie einer, dessen Nerven völlig durchgescheuert sind.
Ich nahm das andere Auge; das linke war kalt und brannte gereizt von dem grellen Finger des Lichts.
Pas Frau, die Schlampe, begrub bewußtlos einen Sessel unter sich. Rebellische Sprungfedern krochen mühsam unter dem Fleischberg hervor. Sie schnarchte.
Pa stemmte den mächtigen Rachen des Schwarzen Bastards auseinander und spannte den Auslöser. Die Feder ächzte. Pa strich sie sorgsam mit Achsschmiere ein.
Ich sah Pa sich auf seinem Stuhl zurücklehnen, den Blick auf den gähnenden Rachen gerichtet. Er verschränkte die Arme vor der Brust Die Ader an seiner Schläfe pochte. Ich sah zu Ma hinüber. Zu den anrennenden Insekten. Dann wieder zu Pa. Er knirschte mit den Zähnen. Minuten vergingen. Die Viecher summten. Ich wechselte wieder aufs linke Auge. Gnädig kam der Schlaf.
Als ich erwachte, hielt ich noch immer den Papierstöpsel umklammert. Ich setzte mich auf, und wieder zog es meinen Blick nach dem Guckloch. Ich versuchte, dagegen anzukämpfen.
Endlich spähte ich hindurch.
XII
Sie hat den Klepper erschreckt. Ich hab alles gesehen. Und sie hat mich gesehen.
Ich war in der Stadt, weil es der Abend vor dem »Abbrennen« war, wenn Zuckerrohrarbeiter und Ukuliten gemeinsam den Beginn der Ernte feiern und die Leute im großen ganzen zu beschäftigt sind mit Essen und Trinken, zu abgelenkt vom Flirten mit dem Weib ihres Nächsten, um an mir ein Exempel zu statuieren. Was jedoch nun auch nicht
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