Und die Goetter schweigen
Vaters als Ratgeber, genau so wie Odin Mimirs Kopf im Brunnen hatte und ihn in magischen Dingen um Rat fragen konnte. Aber Freyja hatte sie im Stich gelassen! Sie hatte sich auf die Seite der Feinde gestellt. Jetzt konnte sie nur noch die Nornen um Rat fragen. Bald würde sie das versprochene kleine Mädchen bekommen. Wenn Freyja ihr das Kind nicht freiwillig gab, würde sie es sich, von Odin und Loki unterstützt, mit List nehmen!
Stina Ohlsson musste sie töten, weil die ihr das Fotoalbum, Disas und Dicks Album, nicht freiwillig herausgeben wollte. Eigentlich hätte es ausgereicht, ihr Nase und Ohren abzuschneiden, gemäß dem Paragraphen über Hurerei des Södermannagesetzes, aber Stina hatte sich provozierend aufgeführt. Sie hatte damit gedroht, zur Polizei zu gehen. Sie hatten sich eine Zeit lang gekannt. Disa war viele Male im Salon Seidenschwanz gewesen, hatte sich die Haare schneiden und färben lassen und hatte Haare aller möglicher Farben und Längen gesammelt, die sie im Opferhain auf dem Boden verstreuen konnte. Das hatte sie sehr amüsiert. Nein, Disa wusste um ihre Rechte, das Södermannagesetz kannte sie auswendig:
Jetzt hurt die Frau herum und geht in das Bett, das einer anderen Frau zugesprochen ist. Wird sie dort von der Frau gestellt, die nach Recht und Gesetz in dieses Bett verheiratet wurde, dann werden ihr Nase oder Ohren dort verstümmelt oder ihre Kleidung zerrissen; Dann sollen dafür keine Strafen gelten, und sie soll der Frau für den Bettraub drei Acker als Buße geben; das soll ihr Eigentum sein, und da hat weder Mann noch König Anteil. Jene Frau soll danach liederliche Schlampe heißen.
Sie hatten ihr Blut vermischt, Dick Wallström und Disa Månsson, bis in alle Ewigkeit! Sie waren einander geweiht. Sie hatte das Recht auf ihrer Seite. Disa richtete sich auf. Bald würde sie ihr kleines Mädchen bekommen. Disa öffnete die Tür und blickte hinaus zu dem kleinen Jungen, der die Schenkel zusammenkniff. Seine Mutter sah grimmig aus. »Mama, die Frau hat auf dem Klo geraucht. Das darf man doch nicht! Pfui Spinne, wie das riecht!« Disa schenkte dem Jungen ein strahlendes Lächeln: »Das war der Geist des Toilettenstuhls, der da gesprochen hat. Nimm dich in Acht, sonst beißt er dir in den Po.« Der Blick, der Disa durch die Schwingtür hinaus folgte, war alles andere als nachsichtig.
Maria drehte ihren blonden Zopf in der Hand. Sie saß Hartman gegenüber, dessen Haare mehr als jemals zuvor seinen seelischen Zustand widerspiegelten. In grauen Strähnen standen sie wild nach allen Seiten, wie bei einem kräftigen, zum Kampf bereiten Rehbock. »Geschützte Daten! Verdammt, was meinen die damit, dass diese Angaben geschützt sind? Wer da geschützt wird, ist ein vierfacher Mörder! Es muss doch eine Möglichkeit geben, deren Routinen zu umgehen. Die Bestimmungen sind doch gemacht, um misshandelte Frauen vor ihren Plagegeistern zu schützen, nicht, um Mörder zu decken!« Maria blickte erstaunt auf. Während ihrer Zeit in Kronköping hatte sie Hartman noch nie fluchen hören. »Wir wissen, dass Disa Månsson den Namen noch einmal gewechselt hat, nachdem sie Uppsala verließ. Den Namen bekommen wir nicht, aber vielleicht können wir ihn über die Personennummer herausfinden. Emma Nord steht nicht im Telefonbuch, ist weder dem Arbeitsamt noch der Versicherungskasse persönlich bekannt. Die Personennummer ist das Einzige. Die kann doch wohl nicht geändert werden?«
»Erika war hier, gerade bevor du gekommen bist. Sie hat gesagt, dass wir Antwort vom Graphologen haben. Disa Månssons Abschiedsbrief und der Brief an Gunilla Berggren enthalten viele Gemeinsamkeiten. Die sind mit großer Wahrscheinlichkeit von der gleichen Person geschrieben. Aber das wussten wir ja schon.« Hartman starrte in seine leere Kaffeetasse und schüttelte den Kopf, sodass die Haare ihm ins Gesicht fielen. »Verdammt! Manchmal beißt sich das Rechtswesen selbst in den Schwanz.«
»Würde es uns helfen, wenn wir den Professor nochmals herholen? Er ist doch wohl derjenige, der am besten versteht, wie Disa denkt. Vielleicht in Zusammenarbeit mit einem Psychologen. Was glaubst du, was sie jetzt vorhat? Wir haben ihr Haus mit Beschlag belegt. Sie muss ja irgendwo wohnen. Entweder hat sie eine zweite Unterkunft, oder sie muss sich was suchen, ein Hotelzimmer, eine Wohnung oder einen Platz in einer Jugendherberge. Können wir vielleicht Emma Nords Personennummer mit dem Register im Wohnungsamt abgleichen?«
»Ruf du den
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