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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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haben.
    Dachte Lennart Kollberg.
    Es dauerte seine Zeit, zu dem Wohngebiet zu kommen, das von Hampus Broberg verwaltet wurde. Es lag ziemlich weit südlich in einer Gegend, die in Kollbergs Jugend ländlich gewesen war und in die er als Kind Schulausflüge gemacht hatte. Als Wohngebiet erinnerte das Gelände an nur allzu viele der Profitbaustellen der jüngsten Zeit. Es bestand aus einer Gruppe unharmonisch in die Landschaft gestellter, schnell und achtlos zusammengeklatschter Hochhäuser, deren einzige Aufgabe es war, dem Baulöwen von Eigentümer möglichst hohe Gewinne zu sichern, während sie ihren eingebauten Ekel und das Unbehagen an die armen Menschen weiterreichten, die gezwungen waren, in diesen Kästen zu leben. Da der Wohnungsmangel über lange Jahre hinweg mit künstlichen Mitteln am Leben erhalten worden war, waren auch diese Wohnungen begehrenswert. Die Mieten näherten sich astronomischen Zahlen.
    Das Büro der Grandstücksverwaltung befand sich in den wohl am sorgfältigsten errichteten Räumen, aber selbst dort war die Feuchtigkeit schon durch die Außenwände gedrungen, und das Holz der Türfüllungen hatte sich so verworfen, daß diese sich vom Mauerwerk zu lösen begannen.
    Der größte Fehler in Kollbergs Augen war jedoch die Tatsache, daß Hampus Broberg nicht da war.
    Außer dem privaten Büro Brobergs, das reichlich bemessen und relativ flott eingerichtet war, besaß die Grandstücksverwaltung noch einen Konferenzraum und zwei kleine Zimmer. In diesen Zimmern residierten ein Hausmeister und zwei weibliche Bedienstete. Die eine war etwa fünfzig Jahre alt, die andere ein Mädchen, das kaum älter als neunzehn sein konnte.
    Die ältere der beiden Frauen machte den Eindruck eines echten Drachens, und Kollberg mutmaßte, daß es ihre Aufgabe war, mit Kündigungen zu drohen und notwendige Reparaturen zu verweigern. Das Mädchen war tolpatschig, häßlich und picklig und schien nichts weiter zu sein als ein getretener Wurm. Der Hausmeister wirkte resigniert. Ihm oblag wohl die undankbare Aufgabe, dafür zu sorgen, daß Abflüsse und Toiletten wenigstens notdürftig funktionierten.
    Kollberg ging davon aus, daß der Drachen sein richtiger Gesprächspartner sein müsse.
    Nein, Direktor Broberg sei nicht im Haus. Er habe sich seit Freitagnachmittag nicht mehr blicken lassen. Da sei er etwa zehn Minuten in seinem Büro gewesen, das er mit einer Aktentasche wieder verlassen habe.
    Nein, Direktor Broberg habe auch nicht gesagt, wann er wiederkommen wolle.
    Nein, keine von ihnen heiße Helena Hansson. Der Name sei ihnen völlig unbekannt.
    Dagegen habe Direktor Broberg noch ein weiteres Büro In der Innenstadt In der Kungsgatan sogar. Er und Fräulein Hansson seien sicher dort anzutreffen.
    Nein, Direktor Palmgren habe sich nie persönlich um die Hausverwaltung gekümmert. Seit der Errichtung der Siedlung vor vier Jahren sei er nur zweimal dagewesen, und zwar jedesmal In Begleitung Direktor Brobergs.
    Womit sie im Büro zu tun hätten? Nun, in erster Linie natürlich mit dem Eintreiben der Mieten, aber sie hätten auch alle Hände voll zu tun, um die Mieter unter Kontrolle zu halten.
    »Und das ist wahrlich keine leichte Aufgabe«, setzte der Drachen in scharfem Ton hinzu.
    »Das kann ich mir lebhaft vorstellen«, sagte Kollberg und ging. Er setzte sich in den Wagen und fuhr nach Norden, nach Stockhohn.
    Unterwegs kam er in verführerische Nähe seiner eigenen Wohnung im Stadtteil Skärmarbrink. Dort befand sich seine Familie, die Tochter Bodil, die bald zwei Jahre alt sein würde, und vor allem Gun, die mit jedem neuen Tag immer schöner und unwiderstehlicher zu werden schien. Kollberg war ein überaus sinnlich veranlagter Mann und hatte seine Frau sorgfältig ausgewählt, die auch hochgeschraubten Ansprüchen gerecht werden sollte.
    Kollberg wappnete sich jedoch gegen die Versuchung, blieb eisern, trocknete den Schweiß von der Stirn und fuhr weiter in die Innenstadt Stockholms. Er parkte in der Kungsgatan vor der genannten Hausnummer und stieg aus. In der Vorhalle des Hauses vergewisserte er sich, ob er auch an der richtigen Adresse war.
    Das Haus beherbergte der Schildertafel zufolge meist Filmgesellschaften und Anwaltskanzleien, aber auch das, was er suchte.
    Im vierten Stock befand sich nicht nur die HAMPUS BROBERG AB, sondern auch die BANKIERSFIRMA VIKTOR PALMGREN.
    Kollberg fuhr mit einem altersschwachen, knackenden Fahrstuhl hinauf und entdeckte, daß beide Firmenschilder dieselbe tabakbraune Tür

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