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Und die Hölle folgte ihm nach

Und die Hölle folgte ihm nach

Titel: Und die Hölle folgte ihm nach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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hervorbrach, bekam aber mit, wie Wulfoald sich blitzschnell vor sie stellte und den Angreifer beiseite schleuderte. Der ließ das Messer fallen und wälzte sich auf dem mit Asche bedeckten Boden. Wulfoald stand mit gezogenem Schwert über dem Gestürzten, der einfach dalag und dessen Schultern sich seltsam hoben und senkten. Nur einen Augenblick dauerte es, dann begriff sie, er schluchzte hemmungslos.
    Im gleichen Moment hörte sie den Händler Ratchis einen Schreckensschrei ausstoßen und sah, wie er den Berg hinab zu der Lichtung rannte, auf der sie ihre Reittiere gelassen hatten. Sie rief ihm hinterher, wusste aber sogleich, wie sinnlos das war, und wagte sich ein paar Schritte zu Wulfoald vor.
    Der Krieger bückte sich, packte den Angreifer am Kragen und zog ihn hoch. Es war ein junger Mann, wohl keine zwanzig Jahre alt. Sein Haar war zerzaust, das Gesicht mit Ruß beschmiert und tränenüberströmt. Gekleidet war er wie alle Ziegenhirten in der Gegend.
    Wulfoald schüttelte die Unglücksgestalt, wie ein Wolf seine Beute schüttelt, und zwang ihn derb, seine Fragen zu beantworten. Dann drehte er sich zu Fidelma und übersetzte.
    »Der Bursche hat geglaubt, wir seien diejenigen, die das Unheil hier angerichtet haben.« Er wies mit dem Kopf zu den niedergebrannten Trümmern. »Hawisa ist tot, und auch ein paar ihrer Tiere sind umgekommen. Deshalb hat er sich auf uns gestürzt.« Forschend betrachtete Wulfoald den Jungen von oben bis unten. »Das ist der Neffe von Hawisa. Odo heißt er. Ich erkenne ihn trotz Ruß und Ascheschlamm.«
    Zu Fidelmas Überraschung machte der junge Mann plötzlich den Mund auf und erklärte in dürftigem, aber verständlichem Latein: »Ja, Hawisa war meine Tante. Euch kenne ich nicht.«
    »Ich stehe bei Seigneur Radoald in Diensten«, erklärte ihm der Krieger. »Das ist Fidelma aus Hibernia.«
    »Du heißt also Odo?«, fragte ihn Fidelma. »Und du bist der Ziegenhirt, der die Herde übernahm, als Wamba starb?«
    »Du bist doch eine Fremde hier, woher weißt du das alles?«
    »Deine Tante hat es mir erzählt. Vor ein paar Tagen habe ich mich mit ihr unterhalten.«
    »Sie konnte doch aber kein Latein.«
    »Das wusste ich. Ich hatte einen Dolmetscher bei mir. Wie kommt es, dass
du
Latein sprichst?«
    Der junge Bursche streckte sich. »Die frommen Brüder haben mich unterrichtet, und wann immer ich kann, rede ich mit Aistulf.«
    »Mit Aistulf, dem Einsiedler? Der scheint mir ein ganz außergewöhnlicher Eremit zu sein. Er soll ja auch deinen Vetter Wamba das Spielen auf der Muse gelehrt haben.«
    »Das hat dir wohl Hawisa erzählt. Wamba war sehr gescheit. Er wäre ein guter Spieler auf der Muse geworden …«
    »… wenn er länger gelebt hätte«, beendete Wulfoald den Satz.
    Fidelma überging den Einwurf. »Wegen Wamba war ich vor ein paar Tagen hier und habe mit deiner Tante gesprochen, heute wollte ich noch ein paar Dinge mit ihr klären. Doch nun ist alles, ihre Hütte und …« Sie sprach nicht weiter, sondern nickte nur stumm zu den verkohlten Resten hinüber. »Suchen wir uns eine bessere Stelle, wo wir miteinander reden können.«
    Sie gingen ein Stück bergab. Odo hob noch eine Decke auf, die er auf einem Felsbrocken abgelegt hatte. Auf ihren erstaunten Blick hin erklärte er ihnen: »Die hatte ich hergebracht, um meine Tante zu bedecken und ihre Leiche vielleicht dahin zu schaffen, wo sie ordentlich begraben werden kann.« Sie warteten, bis er die Decke über den verkohlten Leichnam gebreitet hatte, und gingen dann zu dritt zu der vom Feuer verschonten Lichtung, auf der ihre Pferde standen. Die Rosse grasten friedlich neben dem rauschenden Bach, doch Ratchis’ Muli war verschwunden.
    Suchend schaute sich Wulfoald um. »Ich nehme an, unser tapferer Handelsmann ist uns untreu geworden. Hättest du ihn überhaupt noch gebraucht?«
    Fidelma schüttelte den Kopf und hockte sich auf den Stamm eines umgestürzten Baums. Mit einer Handbewegung lud sie Odo ein, sich neben sie zu setzen. »Du meinst also, das war kein von selbst entstandener Waldbrand?«
    »Ja … erzähl uns, wie du das Feuer erlebt hast«, forderte ihn Wulfoald auf und lehnte sich an einen Baum. »Du hast gewusst, dass jemand absichtlich Feuer gelegt hat, sonst hättest du dich nicht auf uns stürzen wollen.«
    Niedergeschlagen schaute Odo zu ihm hoch, während er versuchte, seine Gedanken zu ordnen.
    »Irgendetwas hat mich in der Nacht wach gemacht. Die Tiere waren unruhig, und Vögel kreischten, das Feuer muss sie

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