Und die Hölle folgte ihm nach
»In unserer Gegend ist das der höchste Berg, und Bobium liegt an seinem Fuß.«
Die Berge, die Fidelma jetzt vor sich hatte, erschienen ihr nun viel höher als die zuvor. Bei der nächsten Biegung des Flusses kam eine weite felsige, offene Fläche in Sicht. Stattliche Bäche, die in den Bergen entsprangen und in die Trebbia flossen, bildeten eine breite Landzunge. Viele kleinere Häuser deuteten auf eine Siedlung hin. Etwas höher hinauf befand sich ein ausgedehnter Gebäudekomplex, den ein Turm krönte und den hohe Mauern umgaben.
»Bobium!«, rief Magister Ado erleichtert aus. Strahlend erklärte er Fidelma: »Das ist Bobium. Es steht an der Stelle, an der sich dein Landmann Columbanus mit seinen Anhängern niedergelassen und ein klösterliches Refugium geschaffen hat.«
Bewundernd schaute Fidelma auf die vor ihr liegende Landschaft. Wo die Ströme zusammenflossen, hatte sich fast ein See gebildet, dahinter ragten die Berge mit dem herrlich grünen Wald empor. Es leuchtete ihr sofort ein, warum sich Columbanus gerade für diesen Fleck entschieden hatte. Irgendwie erinnerte manches an Éireann, an das vertraute Inselreich, und doch war es anders und fremd.
»Wie gelangen wir auf die gegenüberliegende Seite?«, fragte sie. Die Trebbia, die sie von der Abtei trennte, hatte eine beachtliche Breite, und das Wasser schoss schäumend über das steinige Flussbett. Ihr Begleiter lächelte nur und deutete auf eine lange Steinbrücke weiter vorn, die ein Ufer mit dem anderen verband. Es war eine höchst sonderbare Konstruktion. Sie bestand aus mehreren gemauerten Bögen, doch über jedem Bogen erhob sich ein Buckel.
»Und die soll sicher sein?«, fragte sie mehr sich selbst.
Magister Ado lachte stillvergnügt. »Teufelsbrücke wird sie genannt. Der Name geht auf eine Legende zurück. Als Columbanus sich mühte, eine Brücke aus Stein zu errichten,erschien ihm der Teufel. Er erbot sich, die Brücke in einer einzigen Nacht zu bauen unter der Bedingung, dass ihm die lebende Seele, die als Erste die Brücke überquert, gehören sollte. Damit war Columbanus einverstanden. Am nächsten Morgen war die Brücke fertig; da aber der Teufel viele übermütige Geister und Kobolde herangezogen hatte, baute jeder, wie er Lust hatte, und so entstanden all die Buckel.«
»Und hat der Teufel seine Seele bekommen?«
»Es heißt, Columbanus habe einen kleinen Hund über die Brücke laufen lassen. Der Teufel musste sich damit zufriedengeben, obwohl er eigentlich eine christliche Seele erwartet hatte.«
Fidelma überlegte. »Die Geschichte ist schwerlich zu glauben. Zum einen, wie konnte ein so heiliger Mann wie Colm Bán einen Pakt mit dem Teufel schließen, nur um so etwas Weltliches wie eine Brücke zu errichten? Zum anderen, hätte er wirklich ein armes unschuldiges Tier hinterhältig ins Verderben rennen lassen? Und schließlich, warum sollte sich der Teufel damit abfinden, nur die Seele eines Hundes zu erhalten, wo doch der Neue Glaube uns lehrt, dass nur der Mensch eine Seele besitzt, aber kein Tier?«
Magister Ado schien amüsiert. »Du bist wirklich scharfsinnig, Fidelma, und denkst sehr praktisch. Das hat nicht nur etwas mit deinem Heimatland zu tun, sondern auch mit deiner Ausbildung als Rechtsgelehrte. Sicher wird dir besser gefallen, was unsere Chronisten berichten. Bei denen heißt es nämlich, die Brücke wurde von den römischen Legionen gebaut, als sie dieses Land eroberten. Lassen wir also die Legende beiseite, die sich die Leute erzählen, und nehmen an, die Brücke bestand schon lange vor Columbanus. Auf alle Fälle ist sie sicher genug, um darüberzugehen, ob wir nun an den Teufel glauben oder nicht.«
Die steinerne Brücke war schmal, zwei Reiter nebeneinander konnten sie nur mit Mühe überqueren. Die Gruppe erreichte wohlbehalten das andere Ufer und befand sich nun auf den Ausläufern des Bergs, die in sanften Wellen anstiegen. Der Gipfel war nicht mehr auszumachen, schien mit den umliegenden Bergen verschmolzen. Auf halber Höhe prangte die aus Ziegelsteinen erbaute Abtei, die Mauern waren mit ockerfarbenem Stuck überzogen. Etwas weiter unterhalb standen zahlreiche kleinere Gebäude. Um diese Ansiedlung lagen Felder, auf denen Ackerbau betrieben wurde. Als sie näher kamen, bemerkte Fidelma, dass von den hohen Mauern, die die Hauptgebäude umschlossen, an einigen Stellen der Putz abgefallen war, so dass der grob bearbeitete Stein sichtbar wurde. Über den Mauern, dicht am Haupttor, erhob sich ein
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