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Und die Hölle folgte ihm nach

Und die Hölle folgte ihm nach

Titel: Und die Hölle folgte ihm nach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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in einer Höhle irgendwo am Berg dort oben. Es ist erst ein paar Jahre her, dass er bei uns im Tal aufgetaucht ist. Das war am Ende der Kämpfe, die Grimoald zum König machten. Ich habe ihn noch nie aus der Nähe gesehen, wahrscheinlich auch sonst niemand, außer Abt Servillius, mit dem er gut Freund ist, und ich glaube, Schwester Gisa, die steigt mitunter da hinauf und besucht ihn. Aistulf wandert in den Bergen umher. Eigentlich weiß ich nur, dass er niemandem etwas Böses will.«
    »Er ist bestimmt schon betagt, da reicht es nicht, dass jemand nur ab und an nach dem Rechten sieht. In Hibernia haben wir strenge Gesetze über die Fürsorge für die Alten.«
    »Schwester Gisa besucht ihn ziemlich oft. Es heißt auch, Aistulf gehöre zu ihrer Familie. Sie selbst ist ja hier im Tal zur Welt gekommen«.
    Fidelma drehte sich nach Schwester Gisa um, doch die unterhielt sich angeregt mit Bruder Faro und hatte den Alten oben auf dem Berg wohl gar nicht gesehen.
    »Erzähl mir von Tolosa. Was ist das für ein Ort, wie sieht es dort aus?«, fragte sie. Vielleicht war das ein Thema, über das man sich unterhalten konnte, jedenfalls besser, als gar nicht miteinander zu reden.
    Es war nicht das erste Mal, dass sie ihr Begleiter misstrauisch ansah.
    »Wie kommst du ausgerechnet darauf?«
    »Bei uns sagt man, nur wer Fragen stellt, erwirbt Wissen. Ich bin noch nie in Tolosa gewesen und hätte gern etwas darüber erfahren.«
    Magister Ado überlegte einen Moment und berichtete dann: »Die Stadt liegt in Ruinen, wie Radoald angemerkt hat, ist aber nicht so verödet, wie er glaubt. Die große Basilika und die Abtei mit der Bibliothek stehen noch. Hätte es nicht den Wunsch gegeben, unsere Bibliothek um ein Kleinod zu bereichern, hätte mich niemand überreden können, die Reise dorthin zu unternehmen.«
    »Das verstehe ich nicht ganz.«
    »Unser
scriptor
Bruder Eolann hatte erfahren, dass die Abtei Tolosa eine Abschrift vom
Leben des heiligen Märtyrers Saturnin
besitzt, der die Abtei gegründet hat. Er überredete mich, mit einer Abschrift vom
Leben des Columbanus
dort hinzuziehen und sie gegen die Handschrift zu tauschen. Bobium hat eine der größten Bibliotheken in der Christenheit und ist natürlich stolz darauf; unser Reichtum besteht in unseren Büchern.«
    »Wussten deine Gegner unter Umständen, dass du nach Tolosa unterwegs warst, um diesen Tausch der Handschriften zu vollziehen? Wäre eine solche Handschrift für sie ebenso wertvoll, wie sie es für deine Abtei ist?«
    »Ich muss schon sagen, du bist eine rastlose junge Dame. Du lässt nicht locker mit deinen Fragen.«
    »Fragen sind ein Weg zum Wissen.«
    »Mitunter kann Wissen auch gefährlich sein. Besonders wenn man von Leuten umgeben ist, die Böses im Schilde führen.«
    »Vom Bösen zu wissen, ist besser, als dem Bösen ausgesetzt zu sein, ohne etwas zu wissen.«
    Magister Ado wollte schon ärgerlich werden, lachte dann aber unversehens schallend los.
    »Kaum bin ich eine Weile weg aus Bobium, habe ich vergessen, wie meine Glaubensbrüder aus Hibernia ein Streitgespräch führen. Lernt ihr das wirklich so in deinem Heimatland?«
    »Du meinst das mit den Fragen und Antworten?«
    »Ja, man erhält eine Antwort und formuliert daraus sofort eine weitere Frage.«
    »Eine Antwort führt immer zu einer weiteren Frage. Es gibt keine endgültige Antwort; wäre dem so, könnte es keinen Fortschritt geben.«
    Magister Ado gab sich mit einem hörbaren Seufzer geschlagen, stellte aber leicht gereizt fest: »Alle in Hibernia Geborenen müssen die reinsten Philosophen sein.«
    »Nicht jeder von uns ist das«, erwiderte Fidelma ungerührt, »obwohl sich alle dafür halten.«
    Schweigend zogen sie eine Weile dahin. Hinter ihnen sprachen Bruder Faro und Schwester Gisa leise miteinander, während die beiden Bauern wortlos ihre bepackten Maulesel am Zügel führten. Die ganze Zeit ritten sie im Schatten der hohen Bäume, die in Ufernähe standen, am rauschenden Fluss entlang. Ein paarmal sahen sie Männer, die ihre Angeln auswarfen und sie mit erhobener Hand grüßten.
    »Die Leute aus der Umgebung haben das Recht, in der Trebbia zu fischen«, erläuterte Magister Ado. »Es gibt hier erstaunlich viele Fische, besonders die Schmerlen sind prächtig.«
    Abgesehen von den Fischern begegneten sie niemandem auf dem Weg, der allen Windungen des Stroms folgte.
    »Dort hinter den Bäumen siehst du schon den Gipfel des Monte Pénas.« Magister Ado wies mit ausgestreckter Hand in die Richtung.

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