Und die Hölle folgte ihm nach
Apotheker drängte sie zur Tür.
»Du brauchst dir keine Sorgen zu machen«, versicherte er ihr. »Er muss jetzt einfach ruhen. Wenn er überreizt ist, bekommt er Halluzinationen. Ich kümmere mich um ihn. Miss dem, was er gesagt hat, keine Bedeutung bei. Sein Verstand ist durcheinander.«
Und schon befand sie sich auf dem Gang, an dem die Zellen lagen. Die Tür wurde fest hinter ihr zugezogen. Doch hörte sie auch von draußen Bruder Ruadán mit schwacher Stimme mehrfach rufen: »Sag ihr, sie soll abreisen … soll die Abtei sogleich verlassen! Viel Böses geht hier um!«
KAPITEL 5
Bruder Wulfila wartete im Gang, um Fidelma zurück zur Stube des Abts zu führen.
»Ich habe ihn rufen hören«, erklärte er ungehalten. »Sein Geist irrt in der Wahnvorstellung, seine Widersacher könnten ihm immer noch etwas anhaben, selbst hier in der Abtei. Wir tun alles für ihn, was in unserer Macht steht. Bruder Ruadán genießt hier große Anerkennung. Leider ist sein Zustand besorgniserregend.«
»Ja«, erwiderte Fidelma einsilbig.
»Hat er dich erkannt?«
»Ja, das war aber auch fast alles.«
Der Verwalter schien noch etwas sagen zu wollen, überlegte es sich jedoch anders und ging ihr voran.
Abt Servillius und Magister Ado waren immer noch im Gespräch vertieft. Ein dritter Mann hatte sich hinzugesellt. Er war älter als die beiden anderen, hatte silbergraues Haar, wirkte schlank, aber nicht hager, die Haut von frischer Bräune, alles in allem eine gutaussehende Erscheinung. Er hielt sich gerade und aufrecht, wie es nur Jüngere tun. Erst bei genauerem Hinsehen verrieten seine Züge, dass er jenseits der siebzig war. Als Fidelma den Raum betrat, blickten alle drei auf.
»Ah, Schwester Fidelma«, begrüßte sie der Abt. »Ich darf dir den Ehrwürdigen Ionas vorstellen, unseren größten Gelehrten.«
Der Ehrwürdige Ionas verzog peinlich berührt das Gesicht, doch sie spürte sofort, wie seine dunklen, durchdringenden Augen sie prüfend musterten. »
Pax tecum,
Schwester. Ich bin nur einer von vielen Gelehrten in unserer Gemeinschaft. Magister Ado gebührt eine ebenso große Anerkennung.«
»Der Ehrwürdige Ionas hat ein vielgerühmtes Werk über das Leben unseres Gründervaters geschrieben«, erläuterte Abt Servillius.
Fidelma gab sich alle Mühe, unbekümmert zu wirken, doch dem Ehrwürdigen Ionas entging nicht, dass sie mit den Gedanken woanders war. »Dich bedrückt doch etwas?«, fragte er.
»Ich komme gerade von Bruder Ruadán. Er war mein Lehrer, als ich noch Kind war.«
»Ich habe dich vorgewarnt«, versuchte der Abt sich zu verteidigen.
»Nach den Worten von Bruder Hnikar zu urteilen, wird unser armer Bruder Ruadán nicht mehr lange unter uns weilen.« Der der Ehrwürdige Ionas seufzte. »In welchem Zustand hast du ihn vorgefunden?«
»In einem denkbar schlechten«, erwiderte sie und ließ sich auf einen Stuhl sinken, den ihr der Abt wies.
»Ich werde nachher bei ihm vorbeischauen«, sagte Magister Ado. »Ich möchte ihn noch einmal sehen, ehe es zu spät ist.«
In Fidelma bäumte sich alles auf, jeder hier schien den bevorstehenden Tod von Bruder Ruadán als gegeben hinzunehmen. »Vielleicht sollten wir nicht so tun, als stünden wir schon an seinem Grab«, sagte sie.
»Nichts liegt uns ferner als das«, entgegnete der Abt rasch. »Aber wir dürfen die Augen nicht vor den Tatsachen verschließen.«
»Vor welchen Tatsachen?«, fragte Fidelma.
»Außerhalb der Klostermauern braut sich einiges zusammen«, gab der Abt zur Antwort. »Deshalb haben wir im Augenblick den jungen Prinzen Romuald hier zu Gast.«
Magister Ado war verblüfft. »Du wolltest uns gerade Näheres zu seiner Ankunft berichten.«
»Man hat ihn zu seiner Sicherheit hergebracht. Von Tag zu Tag verdichten sich die Gerüchte, dass Perctarit aus dem Exil zurückgekehrt sei und sich die Abwesenheit des Königs zunutze macht.« Abt Servillius lächelte Fidelma entschuldigend an. »Unser König Grimoald hat Perctarit in die Verbannung getrieben und …«
»Ich bin über den Machtwechsel in eurem Königtum unterrichtet«, fiel sie ihm ins Wort.
»Grimoald hält sich im Süden auf. Für die Dauer seiner Abwesenheit hat er Herzog Lupus von Friuli zum Regenten hier im Norden bestimmt. Romuald, der Sohn des Königs, wurde in die Obhut einer Amme gegeben und unter den Schutz von Lupus gestellt.«
»Und weshalb ist er nun hier?«, drängte Magister Ado.
»Der Freifrau Gunora, der Amme des Knaben, sind wohlan der treuen Ergebenheit von
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