und die neue Klasse
Kussmund war ein richtiger Schatz. Weil Nele mit dem Lernstoff etwas hinterher war, durfte sie die erste Klassenarbeit aussetzen. Dafür gab ihr Frau Kussmund ein paar kostenlose Nachhilfestunden, bis Nele im Unterricht von alleine mitkam.
Aber ganz besonders toll fand sie, dass es an der Fichte-Schule verschiedene Ballsportarten gab, bei denen auch Mädchen eine eigene Mannschaft bildeten. An ihrer alten Schule hatte es für Mädchen nur einen Tanzkurs gegeben und Geräteturnen. Aber Schwebebalken war nicht so Neles Ding. Seit sie einmal bei einem einfachen Salto ziemlich unsanft heruntergepoltert war, machte sie um jede Sportart, bei der man mit den Füßen nicht den Boden berührte, einen weiten Bogen. Gerade als sie überlegte, ob sie es einfach mal mit Fußball versuchen sollte, entdeckte sie, dass es eine eigene Mädchen-Handball-Mannschaft gab, die sogar in der Schulliga antrat. Handball hatte Nele bereits an ihrer alten Schule gespielt, zusammen mit den Jungs. Bei Wettkämpfen hatte sie aber bis jetzt immer auf der Bank schmoren müssen, was sie tüchtig wurmte, weil sie viel besser treffen konnte als die meisten Jungs.
Da Frau Kussmund die Schulmannschaft trainierte, nahm sich Nele einfach ein Herz und fragte, ob sie beim Training mitmachen dürfe.
»Begabte Spielerinnen werden bei uns immer gebraucht!«, antwortete Frau Kussmund gut gelaunt. »Komm das nächste Mal einfach dazu, damit ich sehen kann, was in dir steckt.«
Der Star in der Fichte-Schulmannschaft war ausgerechnet Josefine. Das war für Nele erst einmal ein echter Schock. Doch dann strengte sie sich bei ihrem Probe-training furchtbar an. Neben Josefine wollte sie auf keinen Fall zurückstehen.
Obwohl Frau Kussmund ihr sofort nach dem ersten Training grünes Licht gab, in der Schulmannschaft zu spielen, rechnete sich Nele nur wenige Chancen aus, bei den Turnieren dabei sein zu dürfen. Mit ihren langen Beinen war Josefine immer schon mit ein paar Schritten vor dem gegnerischen Tor. Sie versenkte den Ball einfach jedes Mal. Anders als in ihrer Klasse wurde Josefine beim Handball von niemandem gehänselt. Dafür spielte sie einfach viel zu gut.
Heimlich nahm sich Nele vor, noch härter zu trainieren. Denn bei einer richtigen Meisterschaft dabei zu sein, war schon immer ein Riesentraum von ihr gewesen.
Es war große Pause.
Tanne, Nele und Lukas hatten sich auf der Bank unter der Buche versammelt und verglichen ihre Mathehausaufgaben.
»Au verflixt. Frau Kussmund ist im Anmarsch. Schnell die Hefte weg«, zischte Lukas plötzlich und ließ seine Schulsachen in Tannes offenem Rucksack verschwinden. Nele setzte sich schnell auf ihr Rechenheft, denn Frau Kussmund steuerte schnurstracks auf sie zu.
»Nele, ich muss mal dringend mit dir reden!«, rief ihr Frau Kussmund entgegen.
»Hast du was ausgefressen?«, fragte Tanne besorgt.
Nele schüttelte verwundert den Kopf. »Keine Ahnung.«
»Vielleicht hat Josefine Frau Kussmund irgendwelche Lügen aufgetischt«, mutmaßte Lukas düster. »Wäre nicht zum ersten Mal.«
Mit Josefine wurde einfach niemand in der Klasse warm. Und seit diese erkannt hatte, wie gut Nele Handball spielte, herrschte auch zwischen ihnen totale Eiszeit. Mittlerweile ließen auch Katja und Sabine, die ebenfalls in die dritte Klasse gingen, Nele links liegen. Sabine spielte im Tor der Schulmannschaft und Katja hatte denselben Schulweg wie Josefine. Seit Kurzem fuhr sie sogar mit Josefine im Auto mit nach Hause und bekam dort Mittagessen. Es war also sicher kein Zufall, dass Katja und Sabine unfreundlich zu Nele waren. Sabine hatte Nele beim letzten Training extra ein Bein gestellt und Nele hat sich die linke Kniescheibe dabei aufgeschlagen.
Tanne jedenfalls war sich sicher, dass Josefine die beiden mit einem miesen Trick auf ihre Seite gezogen hatte und dass die beiden Nele deshalb so gemein behandelten. Früher hatten sie um Josefine immer einen großen Bogen gemacht oder hinter ihrem Rücken gelästert. Bestimmt hatte Josefine sie mit ihrem Pony Melody bestochen. Jedenfalls trieben sich Katja und Sabine auffällig oft auf der Koppel herum, auf der Josefines Pferd graste. Trotz allem: Echte Freundinnen, die gemeinsam durch dick und dünn gehen, waren die drei nicht.
Frau Kussmund setzte sich neben Nele auf die Bank. »Was heckt ihr drei denn hier aus?«, fragte sie. »Hoffentlich keinen neuen Streich! So etwas wie damals mit den Pferdeäpfeln möchte ich an unserer Schule nie wieder erleben.«
Tanne rief entrüstet:
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