und die neue Klasse
Vierten war.
Herr Winter hatte wie versprochen mit Frau Kussmund telefoniert. Denn sie verlor kein Wort darüber, dass Nele mitten aus der Stunde weggelaufen war. Dass Nele beim nächsten Handballspiel der Schulmannschaft nicht mitmachen durfte, nahm sie aber nicht zurück.
Doch das fand Nele gar nicht mehr sooo schlimm. Denn die Vorbereitungen für das Fest machten Nele und Tanne riesigen Spaß. Gemeinsam backten sie Gespensterkekse, hängten Gespenstergirlanden auf und holten zwei verstaubte Ritterrüstungen aus dem Schuppen, die sie im Hof aufstellten.
Als endlich Samstag war, strahlte die Sonne aus allen Knopflöchern… allerbestes Burgfestwetter! Wie für ein echtes Kostümfest kamen alle als Gespenster verkleidet. Nur Josefine hatte eine Extrawurst nötig: Sie erschien als edles Burgfräulein. Neidlos musste Nele eingestehen, dass ihre Feindin in ihrem langen Schleppenkleid super aussah.
Selbst David hatte sich verkleidet. Er tauchte als cooler schwarzer Ritter im Ballsaal auf, gerade, als Herr und Frau Winter die erste Tafelrunde Kuchen mit Kakao eröffneten.
Pünktlich zum Burgfest hatte es Herr Winter endlich geschafft, den Schutt vor dem Kellereingang wegzuschaufeln und das quietschende Kellertor zu öffnen. Nachdem er gewissenhaft nachgeprüft hatte, ob die Kinder dort ohne Gefahr herumlaufen konnten, gab er den Keller für die Schnitzeljagd frei.
»Für streunende Gespenster übernehme ich aber keine Garantie!«, rief er lachend.
Tanne verdrehte die Augen. »Wenn dein Papa so weitermacht, haben wir bald ein ganzes Rudel Gespenster am Hals«, sagte sie Nele voraus. »Ohne Otto gehe ich jedenfalls nicht in den Keller. Er erschnüffelt Gespenster auf zehn Meter.« Sie pfiff nach ihm und legte den quirligen Hund schon mal an die Leine.
Nach kurzer Zeit kriegte Tanne mit, dass Josefine Neles Bruder ziemlich toll fand. Und auch David war von dem hübschen Burgfräulein ganz angetan.
»Die mögen sich, weil beide gleich nervig sind«, murmelte Nele. »Hoffentlich hecken sie nichts zusammen aus, dann kriege ich eine Krise.« Das sagte ihre Mutter immer, wenn sie etwas besonders anstrengend fand.
Die Schnitzeljagd führte die kichernden Gespenster quer durch die Burg bis in den gruseligen Keller. Dort war kaum Licht und es roch muffig nach Mäusekot.
»Und wo ist der Weg, der unter die Burg führt?«, flüsterte Nele Nadja ins Ohr.
Nadja zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung. Opa meinte, dafür muss man eine Extratür aufschließen, ist ja ein Geheimgang.«
Plötzlich ertönte ein herzzerreißender Schrei.
»Der alte Kuckuck!«, wimmerte Tanne und presste Otto fest an ihre Brust.
»Hiiiiilfe! Da ist eine ganz grässliche Maus! Ich will sofort zu meiner Mama.«
Sie hörten wildes Schluchzen.
Nadja kicherte erleichtert. »Das ist nur Josefine. Sie hat Todesangst vor Mäusen. Ich hatte mal meinen Rennmauskäfig beim Training dabei, weil ich vorher mit den Mäusen beim Tierarzt war. Da hat Josefine die ganze Zeit auf der Sprossenleiter gesessen und wollte nicht mehr runterkommen.«
Sie rannten in die Richtung, aus der Josefines Schrei gekommen war.
Zitternd saß das Burgfräulein auf einem Stein und ließ sich von David trösten.
»Guck doch mal, Josefine«, sagte er mit weicher Stimme. »Das ist doch nur ein winziges Mäusebaby. Das hat ganz schreckliche Angst.« Er hielt seine Hände zu einer Höhle geformt und ließ Nele hineinschauen.
»Och, wie süß!«, quietschte Nele. Jedes Kind durfte mal gucken und zum Schluss warf sogar Josefine einen kurzen Blick auf die Babymaus.
Da tönte ein lauter Gongschlag über den Hof. Abendessen! Hungrig eroberte der wilde Gespensterhaufen den gedeckten Tisch. Bei schummrigem Kerzenlicht brachten Herr und Frau Winter riesige Schüsseln mit Blutspaghetti (Nudeln mit Tomatensauce) zu essen und als Nachtisch gab es Schleimpudding (grünen Wackelpudding). Die Gespenster stopften so viele Nudeln in ihre hungrigen Mägen, bis sie nicht mehr papp sagen konnten.
»Wo ist eigentlich euer Papagei?«, fragte Lukas neugierig. Er war als Gespensterpirat verkleidet und trug eine schwarze Augenklappe über seinem linken Auge. Seinen Bauch hatte er mit einem Kissen ausgestopft und mit einem breiten Sattelgürtel festgebunden.
»Den haben Mama und Papa in ihr Schlafzimmer ausquartiert«, sagte Nele. »Normalerweise schläft er im Turmzimmer. Von da hat er den besten Ausblick. Aber so viele Kinder auf einmal machen ihn nervös.«
Lukas machte ein enttäuschtes Gesicht.
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