Und die Ratte lacht - Roman
Experte gab den Studiozuschauern Anweisungen, wie sie ihren Zorn freilassen könnten, er sprach von Energiepunkten, auf die man nur zu drücken brauche, um sich von dem ganzen inneren Müll zu befreien. Wie sie gelacht hat! Ihr seltsames Lachen. So ruhig. Irgendwie ohne richtigen Ton, man sieht nur die Bewegungen ihres Mundes und der kleinen Muskeln um die Lippen herum. Ein stummes Lachen, als käme es nicht aus ihrer Kehle oder ihrem Bauch oder sonst einer Stelle, von wo aus das Lachen bei den Menschen kommt, sondern von einem ganz anderen Ort.
Und ich sage dir, Miri, alles was man von jemandem erwarten kann, der dort war, passt nicht zu ihr. Sie ist ein fröhlicher Mensch, sie hat viele Freunde, und seit sie aufgehört hat, in der Röntgenabteilung des Ichilow-Krankenhauses zu arbeiten, geht sie einmal in der Woche ins Theater und jeden Sonntag nach Jaffa auf den Trödelmarkt und bringt von dort alle möglichen alten Sachen, am liebsten alte Perlen. Sie besitzt eine ganze Sammlung von Ketten, die sie im Schlafzimmer an die Wand gehängt hat – sie trägt sie nie –,und als ich klein war, durfte ich mit ihnen spielen. Sie nörgelt nicht rum wie andere Großmütter und macht mir keine Vorhaltungen, wenn ich ein bauchfreies T-Shirt anhabe oder wenn ich mich nicht zwischen einem Piercing im Nabel oder in der Zunge entscheiden kann, und sie sagt nie »früher, bei uns, in unserer Generation« – ein Satz, den ich immer von meiner Mutter höre, die mir manchmal viel älter vorkommt als meine Großmutter. Sogar meine Freundinnen sagen, dass meine Großmutter cool ist, vor allem, seit sie angefangen hat, sich für Computer zu interessieren und uns erklärte, dass sie vorhabe, im Internet zu surfen. Das habe ich sogar mal laut gesagt, als ich mit meiner Mutter stritt, und sie schrie zurück, ich habe nicht vor, mit deiner Großmutter zu konkurrieren. Und ich fragte, warum nennst du sie nicht »meine Mutter«?
Was willst du also, dass ich aufschreibe? Dass sie ein kleines Mädchen war und überlebt hat? Das ist die ganze Geschichte. Auch meine Mutter glaubt, dass es nicht viel zu erforschen und zu bezeugen gibt, denn wer dort ein Kind war und versteckt wurde, hat zumindest sein Leben gerettet, es gab jemanden, der für ihn sorgte, und das ist ja schon was.
Und was haben sie mir schließlich zum Geburtstag gekauft? Nicht zu jenem Geburtstag damals, sondern zum letzten – zu meiner Bat-Mizwa. Sie beharrte darauf, mit mir in ein Zoogeschäft zu gehen, was sich prima anhört, obwohl meine Mutter dagegen war, denn sie sagte, Tiere bedeuten nur Dreck und sie habe nicht vor, diesen Dreck wegzuputzen. Meine Oma wurde richtig wütend, als meine Mutter über den Dreck sprach, den Tiere machen, aber sie sagte kein Wort.
Ich hätte am liebsten einen Rassehund gewollt, einen Pinscher oder einen Dackel, oder vielleicht eine Siamkatze, aber das sagte ich nicht, denn das sind Tiere, die viel Geld kosten. Oma fragte den Verkäufer nach Schlangen, und ob jemand in Israel Maulwürfe züchte – bei sich zu Hause natürlich –, und sie bat auch um die Erlaubnis, Würmer anfassen zu dürfen, aber der Verkäufer sagte, Würmer gebe es nur in einem Geschäft für Zierfische. Sie gefiel ihm, er war richtig begeistert von ihr, und er ließ sie die Käfige öffnen, er war sicher, dass sie ihm kein teures Tier stehlen würde. Er schaute ihr zu, wie sie die Goldhamster streichelte, die Wüstenrennmäuse und die Meerschweinchen, mir kam es einen Moment lang sogar vor, als rede sie mit ihnen, aber das bildete ich mir vermutlich bloß ein. Und als sie den Blick des Verkäufers fühlte, zwinkerte sie ihm zu, als teile sie mit ihm ein Geheimnis, was mir seltsam erschien, weil sie sich überhaupt nicht kannten.
Allmählich kamen andere Leute dazu, und sie erklärte ihnen, die treuesten Tiere seien jene, die man nicht in einem Geschäft kaufen könne, und der Verkäufer sagte, Sie verderben mir das Geschäft, aber in seiner Stimme lag Zuneigung, und als wir weggingen, sagte er zu mir, deine Großmutter müsste in einem Zoo arbeiten, und erklärte mir, wie in der Sendung Terra nova, dass es Menschen gebe, die ein natürliches Gefühl für Tiere hätten, sie könnten Tigerdompteure im Zirkus werden oder Forscher im Dschungel, und ich sagte, meine Großmutter könnte Mowgli werden.
Sie stand mit dem Rücken zu uns, schon halb auf der Straße, und fing an zu lachen. Der echte Zoo ist hier, sagte sie und stampfte mit dem Fuß auf. Der Verkäufer
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