Und die Ratte lacht - Roman
sagte, sie würde die Gehwege von Tel Aviv kaputtmachen, aber die müssten sowieso gründlich ausgebessert werden, und sie sagte, wenn es nur von ihr abhinge, würde sie sich an den Bürgermeister wenden und ihn bitten, die oberste Schicht von Tel Aviv abzutragen, dann würde sie Besichtigungstouren organisieren, denn es gäbe ein unterirdisches Tel Aviv. Es existiere keine Stadt ohne eine unterirdische Schicht, kein Ort ohne einen Ort darunter, denn wo es Menschen gebe, gebe es auch ein Darunter, und wenn es nicht schon vorher da gewesen wäre, wäre es ihretwegen entstanden, ohne dass sie es überhaupt merkten, hinter ihrem Rücken, und das wäre der wirkliche Zoo.
Der Verkäufer sagte, wenn Sie pensioniert sind und nichts zu tun haben, lade ich Sie ein, bei mir zu arbeiten oder bei der Organisation »Lasst die Tiere leben«, die suchen immer freiwillige Helfer, und sie sagte, danke, ich habe immer viel zu tun, besonders jetzt, ich habe einen Computerkurs für Senioren angefangen und lerne auch Internet.
Am Ende kaufte sie mir gar nichts.
Als wir nach Hause gingen, sagte sie, das Tier wird zu dir kommen, und ich sagte, ehrlich, Oma, welches Tier wählt sich sein Herrchen selber aus? Sie gab mir keine Antwort, und ich dachte, nun gut, wieder mal ein misslungener Geburtstag.
Glaube ja nicht, dass es leicht war, sich mit ihr zu verabreden. Sie wich immer mit irgendwelchen Ausreden aus, zum Beispiel, dass sie auf den Computermenschen warte, der ihr den Internetanschluss machen wolle, und bis ich sagte, ich würde ihretwegen eine Sechs bekommen, gab sie nicht nach. Am Schluss verabredeten wir uns für diesen Nachmittag, und ich verzichtete ihretwegen sogar auf meine Theater-AG. Ich setzte mich ihr gegenüber hin, zu allem bereit, wie man so sagt, mit Heft und Stift, ganz Ohr, genau wie du es gesagt hast. Ich hatte eine Liste von Themen und Fragen vorbereitet, die ich mir zu Hause aus dem Computer geholt hatte, und dachte an das, was du gesagt hattest, dass sie die letzten Zeugen seien, die uns aus erster Hand etwas von dem erzählen können, was in jener schrecklichen Zeit passiert ist, schon bald würde es sie nicht mehr geben. Ich hatte auch an deinen Rat gedacht, ein Video- oder Tonbandgerät mitzunehmen, um die Geschichte aufzuzeichnen, aber damit war meine Großmutter nicht einverstanden. Höchstens mit einem Heft.
Ich sah sofort, dass sie einen Platz für den Computer freigeräumt hatte, im Wohnzimmer, an der Wand neben dem Fenster. Sie sagte, man habe versprochen, ihn innerhalb der nächsten zwei Tage anzuschließen, sie warte darauf. Und ich dachte, es sieht komisch aus, wenn Leute in ihrem Alter surfen.
Ich habe auf sie gewartet. Sie hat erst die Vorhänge vorgezogen, obwohl mich das Licht niemals stört. Dann ordnete sie das Sofa und strich die schönen Seidenkissen mit dem Spitzenbesatz und der bunten Stickerei glatt, Kissen, die sie von überallher mitbringt oder sonntags auf dem Flohmarkt in Jaffa kauft. Am Schluss setzte sie sich ausgerechnet in den Sessel mir gegenüber, den, auf dem Opa immer mit der Fernbedienung in der Hand gesessen und am Schluss nur noch die Sportschau angeschaut hatte. Es war der Sessel, in dem er gestorben war, an einem plötzlichen Herzinfarkt, ohne dass wir darauf vorbereitet gewesen wären.
Sie saß ein bisschen weit von mir entfernt, deshalb musste ich mich vorbeugen, um ihr Gesicht zu sehen. Sie saß in einer seltsamen Position da, wie eine Schülerin, die von jemandem gezwungen wird, den Kopf zu neigen, und als würde, obwohl sie ihm gehorchte, irgendetwas in ihr dagegen revoltieren. Es war mir unangenehm, so jemand zu sein. Die ganze Zeit dachte ich, dass ich sie nicht allzu traurig machen wollte, und dass, wenn ich deine Ratschläge beherzigte, die Geschichte einfach und klar herauskommen würde, mit Anfang, Mitte und Schluss, und am wichtigsten wäre die Entwicklung. So hast du es in der Klasse erklärt, sehr gut hast du das getan, und ich bin keine von denen, die Lehrern schmeichelt. Ich habe viel über deine Worte nachgedacht, dass eines sich aus dem anderen entwickelt, nur dann ergebe sich eine Logik, denn die Verwirrung, das Tohuwabohu, sei die größte Gefahr. Und ich tat, was ich konnte, ich hielt deine Anweisungen für super, und wenn ich mich nach ihnen richte, dachte ich, werde ich ihr keine überflüssigen Schmerzen bereiten, denn das will ich auf keinen Fall, vor allem jetzt nicht, nachdem mein Großvater nicht mehr lebt.
Sie fragte, wozu hast du ein
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