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Und die Ratte lacht - Roman

Und die Ratte lacht - Roman

Titel: Und die Ratte lacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Persona Verlag
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der böse Geist den heiligen Antonius, den Schutzheiligen der Kranken und Armen, der Bürstenmacher und der Haustiere einmal überfallen hatte. Der Heilige schlief in seiner Höhle, schwer verletzt und irrtümlich für tot gehalten. Die ganze Nacht lag er so da, bis er morgens, durch ein Wunder, wieder zu sich kam.
    Die Schlange vor dem Beichtstuhl war lang, und trotzdem wartete der Priester geduldig.
    Endlich machte sie den Mund auf, fragte, was ist mit all den Sünden, für die es keine Beichte gibt, die noch immer in der Dunkelheit begraben sind?
    Der Priester in der Kirche des heiligen Antonius in Jaffa bat sie, mit ihm den Platz zu tauschen. Statt der Frau, gebildet unten in der Erde, saß er als Sühnender im Beichtstuhl, senkte den Kopf tiefer als ihre Haare, die vom Alter weiß geworden waren und nicht von Wasserstoffperoxyd.
    Der lebendige Gott sei gelobt, er wird in Ewigkeit sein. Gott ist einer und einmalig in seinem Einssein, er wird ewig sein. Gott hat keine körperliche Gestalt und ist nicht zu verkörpern. Gottes Heiligkeit ist unvergleichlich.
    Der Priester sprach das jüdische Sündenbekenntnis nach und bat um Verzeihung.
    *
    Unten, über dem Bombenschutzkeller, kam es der Enkelin vor, als hätte die alte Frau noch etwas gesagt.
    Stasch.
    Was ist Stasch?
    Die alte Frau ließ die Perlen der Kette, die sie in der Hand hielt, durch die Finger gleiten und rief von oben, das hast du dir nur eingebildet.
    Die Enkelin tat es ab, nun ja, es ist das Alter, und sie schloss das Heft, das sie noch offen in der Hand hielt.
    *
    Die Geschichte hat Nebenhandlungen und unerzählte Unterabschnitte, doch weil der Nachmittag den letzten Rest seines Lichts verloren und sich Dunkelheit über Tel Aviv gesenkt hat, lässt die alte Frau das, was nicht erzählt wurde, in der Dämmerung hängen. Dies ist die Stunde, die sie, wenn es möglich wäre, wählen würde, um zu sterben.
    Es gibt Geschichten, die, ähnlich wie Menschen, dazu neigen, überzulaufen. Auch diese Geschichte enthält so viele Gefühle, dass jedes Kippen, sei es auch noch so vorsichtig, dazu führen kann, dass sie überläuft.
    Um sie nicht auszugießen, hält sich die alte Frau mit aller Kraft zurück. Sie will nicht ohne etwas zurückbleiben, nun, da sie das Bisschen erreicht hat.
    *
    Soll ich das Licht anmachen, Oma?
    Noch nicht.
    Aber es ist schon dunkel.
    Wo bist du? Ich sehe dich nicht. Gib mir deine Hand.
    *
    Jemand muss sich einmischen und sagen: Alte Frau, nimm deine Enkelin in den Arm. Vergiss nie, wer sie ist, bring die Dinge nicht durcheinander. In der Dunkelheit, die dunkel ist, und im Licht, das auch dunkel ist. Sie wurde aus dir geboren. Das ist die richtige Reihenfolge. Es gibt keine andere. Umarme sie von Angesicht zu Angesicht. Dreh ihr nicht den Rücken zu.
    Und auch das ist ein mögliches Ende der Geschichte.

Zweiter Teil
Die Legende

Notizbuch
    40 Seiten
    60 Gramm
    Größe 20,8 x 14,8 cm
    Auf dem Umschlag: ein Engel
    Detail der sixtinischen Madonna von Raffael
    ca. 1512–1513
    Gemäldegalerie Dresden
    Am nächsten Tag
    Ein Tag in Tel Aviv, Ende 1999
    Ich habe keine Geschichte, Miri. Es tut mir schrecklich leid. Du kannst mir eine Sechs geben. Ich weiß, dass du die besten Absichten hattest, und außerdem war ich es, die sich im Unterricht gemeldet und gesagt hat, dass sie »dort« war, und vielleicht tat ich das, ich gebe es zu, auch ein bisschen, um Eindruck zu schinden. Du warst überzeugt, dass dahinter eine Geschichte stecken muss. Aber ich habe sie nicht gefunden, und ich schwöre dir, ich habe mir Mühe gegeben. Allein dafür gebührt mir ein Ausreichend. Ich saß einen ganzen Nachmittag mit ihr zusammen, bis zum Abend, und da ist mein Heft, schau selbst, dabei wollte ich ihre Geschichte aufschreiben, genau wie du gesagt hast, es fällt mir nicht leicht, es zu sagen, schließlich bist du meine Lehrerin, aber vielleicht ist da keine Geschichte.
    Sie war noch nicht einmal damit einverstanden, dass ich sie »Holocaust-Überlebende« nannte. Sie sagte, Überlebende seien die, denen eine Art Wunder passiert ist, und an so etwas glaubt meine Großmutter nicht. Und jetzt weiß ich nicht, wie ich sie nennen soll. Eine kleine Schoah, hat sie gesagt, und ich schwöre dir, dass ich nur zitiere, was sie gesagt hat, ohne dass ich es – ich weiß selbst nicht, warum – aufgeschrieben habe.
    Aber du hast überlebt, sagte ich zu ihr, du bist am Leben geblieben, sagte ich und betonte sogar das Wort »Leben«, so wie du gesagt hast, dass ich es

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