...und Don Camillo mittendrin...
in die Sakristei, stellte sie auf den Boden und zündete sie an. Dann ließ er sie im Halter stehend und fröhlich brennend zurück, und begab sich ins Pfarrhaus.
Er beschäftigte sich anderthalb Stunden mit seinem Papierkram, und bevor er ins Bett ging, suchte er noch einmal die Sakristei auf.
Die Kerze brannte noch immer, die Flamme war hell und ruhig. Er hob den Halter vom Boden auf und trug ihn bis zur Nische der Madonna.
Dort hielt er an. Die Kerze brannte weiter.
Doch kaum war der Fuß des Kerzenhalters mit dem Altartuch in Berührung gekommen, erlosch die Flamme.
Es war zweiundzwanzig Uhr. Um Mitternacht wiederholte Don Camillo immer noch seine Experimente, und seine Stirn war in Schweiß gebadet.
Jetzt stand der Kerzenhalter mitten in der Kirche auf dem Boden, und die Kerze brannte. Er versuchte, den Kandelaber auf Schulterhöhe zu heben und ihn so eine ganze Weile zu halten. Die Kerze erlosch nicht. Doch sobald er sie auf das Tuch des Madonnenaltars stellte, erstarb die Flamme.
Don Camillo zog ein riesiges Taschentuch hervor, legte es quer über seine Handfläche und nahm die Altarkerze aus dem Halter.
Er verließ die Kirche und machte sich im Dunkeln auf den Weg zum Kanal. Am Ufer hielt er an und wollte die Kerze in das schlammige Wasser werfen. Aber sie glitt ihm von selbst aus der Hand, als hätte sie sich in eine Schlange verwandelt.
«Ein Glück, daß sie mich nicht gebissen hat», murmelte Don Camillo, der nun überhaupt nichts mehr verstand.
Das Mädchen mit dem roten Haar
Eines Morgens hielt ein klappriger alter Planwagen mit einem Pferd, das nur noch aus Haut und Knochen bestand, auf der Piazza. Sofort war es von einer Kinderschar umringt, die sich von allen Seiten her um das Gefährt drängelte.
«Bleibt mir vom Pferd weg!» schimpfte ein Kerl mit einer geradezu verbotenen Visage, als er vom Bock stieg.
Der Alte ließ sich das Gemeindehaus zeigen und machte sich auf den Weg dorthin. Ein rothaariges Mädchen kletterte aus dem Innern auf das schmale Trittbrett am Vorderteil des Karrens.
Im Innenhof des Gemeindehauses traf der Mann auf Peppone, der eben herauskam.
«Ich möchte mit jemandem wegen einer Erlaubnis sprechen», sagte er. «An wen muß ich mich wenden?»
«Wenn’s Euch recht ist, mit dem Bürgermeister zu sprechen, dann los», antwortete Peppone, der sich, wenn er so unmittelbar mit dem Volk in Berührung kam, immer wie der Kaiser Trajan fühlte, der sein Pferd angehalten hatte, um die junge Witwe anzuhören, auch wenn jener Kaiser hoch zu Roß und Peppone nur zu Fuß war.
Der Mann mit dem unmöglichen Gesicht nahm seinen Hut ab.
«Ich möchte hier eine Bude aufstellen», erklärte er.
«Was für eine Bude?»
«Eine Schießbude.»
Peppone überlegte einige Minuten und erkundigte sich dann:
«Habt Ihr auch dieses Ding, das bei einem Treffer die ganze Ladung explodieren läßt?»
«Ja», nickte der Mann, «aber wenn es die öffentliche Ruhe stört, kann ich es auch weglassen. Ich hab’ noch andere interessante Sachen, die keinen Lärm machen.»
«Nein, nein! Stellt ruhig die ganze Bude auf. Die Leute hier erschrecken nicht einmal vor Kanonenschüssen. Kommt in einer halben Stunde wieder vorbei; dann kriegt Ihr die Erlaubnis für den zugewiesenen Platz.»
Die Schießbude wurde hinten auf der Piazza aufgestellt, auf der rechten Seite eines freien Raumes zwischen der Pfarrei und dem Gemeindehaus. Dort war auch genügend Platz für den Karren und das Pferd.
So geschah es, daß gerade als Don Camillo zu Abend aß, ein fürchterlicher Knall die Fensterscheiben erzittern ließ. Don Camillo dachte einen Augenblick an eine Bombe, aber es war nur die Schießbude, die ihren Betrieb aufgenommen hatte.
Sein erster Gedanke war, hinauszurennen und laut zu schreien, doch er überlegte es sich noch einmal und aß weiter. Er hatte noch keine drei Löffel voll gegessen, da dröhnte erneut ein gewaltiger Knall.
Er geduldete sich drei weitere Detonationen lang, da er prinzipiell der Auffassung war, daß ein Pfarrer das Volk nicht bei seinen Vergnügungen stören sollte, außer es handle sich um etwas Unmoralisches. Und ein Gewehrschuß ist keine Sache, die der Moral schadet. Schlimm ist nur, daß er den Nerven schadet. Und somit hat auch ein Pfarrer das Recht, dagegen einzuschreiten, um seine Rechte als Bürger zu wahren.
Er verließ also das Pfarrhaus und stampfte direkt auf die Schießbude zu. Er kam gerade recht, denn noch hatte er den Stand nicht ganz erreicht, als wieder ein
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