...und Don Camillo mittendrin...
bezahlen, mit dem ganzen Leben, das Gott dir geschenkt hat. Nur wenn du bezahlt hast, wird sich die Katze nicht auf dein Grab setzen, wenn du gestorben bist.»
«Ich werde mich stellen», schrie der Mann, «ich werde meine Schuld bezahlen.»
«Nein, du mußt die Schuld gegenüber Gott begleichen. Und das ist schwer. Die Schuld gegenüber der menschlichen Justiz zu begleichen, das ist leicht.»
Don Camillo ging hinaus. Die schwarz-weiße Katze funkelte ihn an, bewegte sich aber nicht.
Es war zwei Uhr nachmittags, ein Sommernachmittag mit einer Sonne, die die Steine zum Zerspringen brachte. Das Dorf lag verlassen da, alle Fensterläden waren geschlossen und die Leute schliefen.
Don Camillo gab ein Zeichen, und Giorgino schlurfte zu ihm her. Die Katze saß noch immer regungslos da. Sie schaute nach oben und wartete.
«Bruder», sagte Don Camillo zu Giorgino , «geh und kehre in dein Haus zurück, kehre zu deiner Arbeit zurück. Finde deine Frau wieder und finde Frieden mit deinem Leid. Geh - und möge dich das Leid nie verlassen. Deine schreckliche Sünde steht in den Augen dieses unschuldigen Tieres geschrieben. Gott hat es ausgesucht, um dein Gewissen wachzurütteln. Mögen seine Augen dich immer anschauen und dich an dein Verbrechen erinnern, damit du es bereust. Geh, Bruder.»
Giorgino blickte Don Camillo an, dann machte er sich langsam auf den Weg.
«Und du geh auch», sagte Don Camillo zu der Katze.
Die schwarz-weiße Katze erhob sich und holte gemächlichen Schrittes Giorgino ein, der angehalten hatte.
Giorgino drehte sich um, und auch die Katze drehte sich um.
«Geht», sagte Don Camillo, «möge Gott euch den Frieden geben.»
Der Mann machte sich auf den Weg, und die schwarzweiße Katze folgte ihm. Dann verschwanden sie zusammen.
Darauf kniete Don Camillo vor Christus am Hochaltar. Sein Gesicht war schweißgebadet, und sein Kopf war leer.
«Jesus», stammelte er, «ich weiß nicht, ich weiß nicht, was ich getan habe.»
«Aber ich weiß es», antwortete Christus lächelnd.
Draußen regte sich nichts unter der strahlenden Sonne. Nur ein Dunstschleier, der aus der Erde emporstieg, schwebte in der Luft, und die Zikaden zirpten, ganz so, wie es die Romane aus dem achtzehnten Jahrhundert erzählen.
Das Wasser des großen Flusses schien stillzustehen, aber es floß. Denn das Herz des alten Flusses, in dem schon meine Alten sich als Kinder spiegelten, und der mir diese Geschichten der Lebenden und der Toten erzählt, schlägt langsam.
Die Untersuchung
Unter dem kleinen Laubengang des Gemeindehauses hatte sich ein großer Haufen Leute versammelt, die alle darauf warteten, vom Bürgermeister empfangen zu werden, und der Smilzo teilte an die Neuankömmlinge Nummern aus, während Fulmine unter der Tür die Nummern aufrief und den Amtsverkehr regelte.
Die Leute waren ungeduldig, stampften mit den Füßen und schimpften, weil der zuletzt Vorgelassene, die Nummer 32 - «Der Teufel soll ihn holen!» - einfach nicht wieder herauskam.
«Wenn es so langsam weitergeht», schimpfte eine Frau, «stehen wir noch um Mitternacht da.»
«Beim Innenminister wird man wohl leichter empfangen, hm?» gab der Smilzo gleichmütig zurück.
Im selben Moment hielt genau vor dem Eingang ein Auto, und ein kleiner, gebrechlicher alter Priester stieg aus, bis zur Nasenspitze in einen schwarzen Schal gemummt .
«Bitteschön, empfängt der Herr Bürgermeister?» wandte er sich fragend an den Smilzo .
«Sechzig!» rief der und reichte dem Mann, ohne ihn auch nur anzusehen, ein Nummernkärtchen.
«Dreiunddreißig!» schrie in diesem Augenblick Fulmine und ließ den nächsten in der Reihe eintreten.
Der alte Priester bedankte sich mit einem Kopfnicken, ging zum Auto und setzte sich wieder hinein.
«Während die einen in der Kälte krepieren, hockt der mit seinem Hintern auf warmen Kissen», stichelte gehässig eine Frau.
«Was geht das Euch an?» antwortete einer aus der Gruppe. «Hättet Ihr ein Auto, so würdet Ihr’s wohl genauso machen! Und überdies ist der ja steinalt, seht Ihr denn das nicht?»
«Auch ich bin alt!» motzte eine andere Frau im Hintergrund, «und ich stehe seit heute Morgen hier und hab’ gewiß nicht so viele Brathähnchen im Magen wie der!»
«Bald ist Schluß damit! Bald ist Schluß mit der Schlaraffenherrlichkeit für Tagediebe, die auf Kosten des Volkes leben!» schrien andere.
Der Smilzo , der sich neben der Nummernausgabe auch noch dazu berufen fühlte, die Rechte des Volkes zu verteidigen,
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