...und Don Camillo mittendrin...
Unterschriften für den Damm an der Strada Quarta», erklärte Don Camillo. Dann fügte er leise hinzu: «Und damit hole ich mir Handschriftproben von allen. Wirst schon sehen, daß ich dir den miesen Kerl herausfische, der dir den Brief geschrieben hat.»
Pinacci ballte die Fäuste.
«Ihr würdet mir einen Gefallen tun, wenn Ihr es mir ein wenig vor den anderen sagt, wer’s ist. Ich werde ihm dann schon zeigen, mit wem er’s zu tun hat.»
Der Karren holperte die Straße entlang, und schon bald erreichten sie die Abzweigung und wenig später den Holzsteg über den Canalaccio , den kleinen Kanal.
Bei der Auffahrt zur Brücke hatte man eine große Tafel an einen Pfahl genagelt:
«Achtung! Lebensgefahr! Für Fahrzeuge über 1/2 Tonne Durchfahrt verboten!»
«Was steht drauf?» fragte Pinacci . «Gestern war die Tafel noch nicht da.»
«Ach, nichts Besonderes», antwortete Don Camillo, nachdem er die Aufschrift gelesen hatte. «Einer der üblichen Reklamesprüche für Rasierseife. Heutzutage findet man diese Dinger sogar mitten auf den Feldern.»
Pinacci nickte und trieb die Ochsen weiter auf der Straße vorwärts.
Der Karren fuhr auf die Brücke, und die Achsen quietschten unter der schweren Last.
Einen Meter, zwei Meter, drei Meter, fünf Meter.
«Jetzt», dachte Don Camillo, «jetzt sag’ ich es ihm, und dann wird er Todesängste ausstehen. So wird er lernen, daß es ganz schön brenzlig werden kann, wenn man des Lesens nicht kundig ist.»
Sechs Meter, sieben Meter, fünfzehn Meter.
Noch weitere fünf Meter, und die Balken, die unter den Rädern ächzten, hätten dem Gewicht des Karrens bestimmt nicht mehr standhalten können. Es war höchste Zeit anzuhalten, weil nämlich, um die Wahrheit zu sagen, auch Don Camillo kalte Füße bekam.
In diesem Augenblick rief Pinacci « Haaalt !» und die Ochsen blieben stehen.
Don Camillo schaute ihn groß an.
«He, was ist los? Warum fährst du nicht weiter?»
«Weil ich nämlich lesen kann», sagte Pinacci finster.
Es war ganz schön schwierig, den Wagen wieder die fünfzehn Meter rückwärts zu fahren, doch schließlich schafften sie es. Sie spurten nun auf die andere Straße ein, die über die Brücke bei Molinetto führt.
Als sie bei dem Akazienwäldchen ankamen, ließ Don Camillo anhalten. Er zerrte Pinacci vom Karren, und während er ihn beim Kragen packte, begann er ihn zu würgen.
«Ich hab’ lesen gelernt, als ich im Militärdienst war. Ich hab’ es nur keinem Menschen gesagt, weil es mir ganz recht war, wenn man mich für einen Idioten hielt», stotterte Pinacci .
«Und so hast du auch Schreiben gelernt! Warum hast du dir selber auch einen Brief geschrieben?»
«Ich hatte Angst, jemand vom Dorf könnte mich dabei beobachtet haben, wie ich die Briefe einwarf ... Aber Ihr könnt ja nichts verraten, denn Ihr steht unter dem Beichtgeheimnis.»
«Versteht sich», sagte Don Camillo, «die Sache bleibt unter uns.»
Der erste Fußtritt, der Pinacci in den Hintern traf, hatte das Gewicht eines Dreitonners, und eine riesige Ohrfeige stellte das Gleichgewicht dazu her. Dann folgte ein pausenloser Hagel von Fußtritten und Ohrfeigen.
Pinacci begann zu jammern und zu stöhnen.
«Und jetzt muß ich dir noch die Tracht des Bürgermeisters verpassen», erklärte Don Camillo.
Schließlich kamen noch die Prügel des ganzen Gemeinderates hinzu, und so brach ein richtiger Wirbelsturm über den armen Pinacci herein.
Es war so entsetzlich, daß der Heiland die Hände vor die Augen hielt, um nicht Zusehen zu müssen.
Der Mann ohne Kopf
Don Camillo sprang erregt auf und hätte am liebsten einen lauten Schrei des Triumphs ausgestoßen, denn er hatte etwas ganz und gar Außergewöhnliches entdeckt. Er hielt sich nur mühsam zurück, doch die Schläge der großen Turmuhr erinnerten ihn daran, daß das einzig Vernünftige jetzt um fast drei Uhr in der Nacht gewesen wäre, sich endlich schlafen zu legen.
Das paßte Don Camillo gar nicht, und bevor er sich in sein Schlafgemach zurückzog, wollte er die einzigartige Aufzeichnung, die er in den vergilbten Papieren vergangener Jahrhunderte aufgestöbert hatte, noch einmal lesen: «Am 8. November 1752 passierte ein entsetzliches Ereignis ...»
Das Tagebuch des alten Pfarrers brachte endlich Licht in das dunkle Geheimnis des schwarzen Steines und bot Don Camillo außerdem die Gelegenheit, die Geschichte in seine Sonntagspredigt einzubauen.
Endlich klappte Don Camillo das Buch zu und ging eiligst zu Bett, denn es war
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