...und Don Camillo mittendrin...
Friedhofs beerdigt und einen schwarzen Stein als Zeichen auf das Grab gesetzt, mit der Inschrift: <8. November 1752 - Hier ruht ein Mann ohn ’ Name und ohn Antlitz .. .»>
Don Camillo klappte das alte Buch zu und betrachtete einige Augenblicke lang trauervoll die Gemeinde.
«Brüder, ihr seht also, daß mit dieser schrecklichen Geschichte ein Geheimnis gelüftet wurde. Unter dem schwarzen Stein ruht ein Mann ohne Kopf. Das ist schrecklich, aber noch schrecklicher ist, daß Hunderte von Kopflosen in diesem Dorf leben und arbeiten. Mit teuflischer Geschicklichkeit geben sie sich Mühe, ein Loch in die unbewachte Mauer jeden Hauses zu schlagen, mit dem Ziel, sich einzuschleichen und den Leuten den Verstand zu rauben. Sie wollen ihn durch die Propaganda und die Direktiven einer politischen Partei der äußersten Linken ersetzen, deren Name ich hier aus Gründen der Pietät nicht nennen will.»
Die Geschichte des Mannes ohne Kopf hinterließ bei den Leuten vom Dorf einen nachhaltigen Eindruck, und alle wollten auf den Friedhof, um den schwarzen Stein anzuschauen.
Das alte Haus der Folinis stand noch; es war allerdings unbewohnt und diente lediglich noch als Speicher. Am Fuß der Mauer, die den Feldern zugewandt war, wuchs hohes Gras. Als man es mähte, entdeckte man das Loch. Wer abends durch diese Gegend kam, trat fest in die Pedale seines Fahrrades oder gab Gas, wenn er mit dem Motorrad fuhr, denn alle fühlten beim Vorbeifahren, wie ihnen kalte Schauer über den Rücken liefen. Plötzlich kamen auch die ersten Novembernebel auf, und der große Fluß wurde düster und geheimnisvoll.
Eines Abends traf die alte Gabini , als sie auf dem Weg oben auf dem Damm von Castellina heimkehrte, einen Mann ohne Kopf.
Wahnsinnig vor Angst erreichte sie gerade noch ihr Haus und mußte ins Bett gebracht werden, weil sie nicht mehr die Kraft hatte, sich auf den Beinen zu halten. Sie wollte den Priester sehen, und einer ging ins Dorf, um Don Camillo zu holen. Der Bote machte indes in der Cafeteria unter der Laube halt, um einen kleinen Grappa zu trinken, und erzählte brühwarm das Vorgefallene. So wußte schon nach kurzer Zeit das ganze Dorf von der seltsamen Begegnung. Als nun Don Camillo von der alten Gabini nach Hause kam, traf er auf dem Kirchplatz eine große Menschenmenge an, und alle wollten wissen, was für eine Teufelei denn da im Gange sei.
«Alles Dummheiten!» erklärte Don Camillo. «Ginge es der alten Gabini nicht so schlecht, wäre das ganze zum Lachen!»
In Wahrheit hatte die arme Alte tatsächlich Sachen gesagt, von denen weder im Himmel noch auf der Erde geschrieben steht.
«Hochwürden, ich hab’ ihn gesehen: er war’s!»
«Wer war’s?»
«Er - der ohne Kopf unter dem schwarzen Stein begraben liegt! Unversehens stand ich ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüber!»
«Von Angesicht zu Angesicht? War er denn nicht ohne Kopf?»
«Ohne Kopf, Hochwürden. Er saß auf einem Fahrrad und fuhr davon ...»
Don Camillo mußte grinsen.
«Sehr schön! Aber wie konnte er denn auf einem Fahrrad sitzen, wo er doch schon siebzehnhundertzweiundfünfzig gestorben ist und es damals noch gar keine Fahrräder gab?»
«Das ... das weiß ich nicht», stotterte die Alte. «In der Zwischenzeit wird er’s wohl gelernt haben ... Aber ich bin sicher, daß er’s war! Er, der Mann ohne Kopf.»
Don Camillos Bericht erheiterte die Leute, die auf dem Kirchplatz versammelt waren, sehr, und die Vermutung der alten Gabini , der Kopflose habe inzwischen Radfahren gelernt, machte fröhlich die Runde von Haus zu Haus.
Zwei Wochen lang geschah nichts Außergewöhnliches, doch dann meldete sich der Mann ohne Kopf plötzlich wieder.
Der Fährmann Giacomone war ihm kurz nach Sonnenuntergang begegnet. Als er durch ein Akazienwäldchen ging, war der Kopflose plötzlich vor ihm auf dem Weg erschienen. Freilich war diesmal der Mann ohne Kopf nicht mit dem Fahrrad, sondern zu Fuß unterwegs, wie es sich für einen Geist aus dem achtzehnten Jahrhundert geziemt.
Giacomone ging persönlich zu Don Camillo, um es ihm zu erzählen.
«Du trinkst zuviel, Giacomone !« sagte Don Camillo, nachdem er sich die Geschichte angehört hatte.
«Seit drei Jahren trinke ich nicht mehr», protestierte Giacomone . «Auch gehör’ ich nicht zu den Leuten, die sich leicht beeindrucken lassen. Ich beschränke mich darauf, das zu berichten, was ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe: einen Mann ohne Kopf.»
«Hast du nicht vielleicht einen Mann gesehen, der
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