...und Don Camillo mittendrin...
sich die Jacke über den Kopf zog, um sich vor dem Regen zu schützen?»
«Ich habe den durchgeschnittenen Hals gesehen .«
«Gar nichts hast du gesehen! Du glaubst es gesehen zu haben. Geh morgen an dieselbe Stelle zurück, wo du meinst, dem Mann ohne Kopf begegnet zu sein. Dann schau dich mal richtig um. Gewiß wirst du einen Ast oder eine Pflanze entdecken, die dir dieses Trugbild vorgaukelten.»
Giacomone ging am nächsten Tag hin, und mit ihm gingen zwanzig weitere Personen. Sie fanden den Ort der Begegnung, aber sie fanden nichts, was einem Mann ohne Kopf hätte gleichen können.
Eine Woche später erschien der Mann ohne Kopf einem Jüngling, aber da fragten sich die Leute schon nicht mehr, ob die Erscheinungen wirklich waren oder nicht. Dafür stellten sie eine andere Frage: «Warum geht der Mann ohne Kopf um? Was sucht er?»
Seine Absicht war klar: Der Mann ohne Kopf suchte seinen Kopf. Er wollte ihn wiederhaben, damit er mit ihm zusammen in geweihter Erde ruhe.
Don Camillo ging nicht darauf ein, sich über die Gründe zu äußern, die den Mann ohne Kopf zwischen den Dämmen und entlang den Karrenwegen herumlungern ließen. «Ich denke nicht daran, über solchen Quatsch zu reden!» antwortete er jedem, der ihn danach fragte.
Aber er fühlte sich doch beunruhigt und erzählte seinen Kummer dem Christus auf dem Hochaltar.
«Jesus, seit ich in diesem Dorf Pfarrer bin, habe ich noch nie so viele Leute in die Kirche kommen sehen. Außer Peppone und den paar Spitzbuben seines Generalstabes sind immer alle da: die Alten und Jungen, Gesunden und Kranken.»
«Bist du damit nicht zufrieden, Don Camillo?»
«Nein. Es ist nämlich nur die Angst, die so viele Leute hertreibt. Es ist nicht Gottesfurcht. Und das bekümmert mich. Es bekümmert mich auch, so viele arme Leute voller Angst zu sehen. Ich möchte, daß der Alptraum ein Ende nimmt.»
Christus seufzte.
«Don Camillo, gehörst du zufällig nicht auch zu all diesen verängstigten Leuten?»
Don Camillo breitete die Arme aus und rief selbstsicher:
«Jesus, Don Camillo kennt keine Angst!»
«Das ist sehr wichtig, Don Camillo. Allein schon die Tatsache, daß du frei von Angst bist, genügt, um die andern von ihrer Angst vor dem Kopflosen zu befreien.»
Don Camillo fühlte sich wieder aufgemuntert, aber die Geschichten von Erscheinungen des Mannes ohne Kopf nahmen kein Ende, und sie wurden durch die Einmischung Peppones nur komplizierter.
Eines Tages nämlich begegnete Peppone Don Camillo auf dem Dorfplatz und sagte so laut, daß man es auf dem anderen Ufer des Flusses hätte verstehen können:
«Hochwürden, ich höre da seltsame Gerüchte über einen Mann ohne Kopf. Wißt Ihr etwas darüber?»
«Ich nicht», antwortete Don Camillo. «Worum handelt es sich denn?»
«Es scheint, daß ein Mann ohne Kopf sich des Abends im Dorf sehen läßt.»
«Ein Mann ohne Kopf? Das muß bestimmt einer sein, der das Volkshaus sucht und sich bei deiner Partei einschreiben will!»
Peppone steckte das ein, ohne einen Millimeter zu weichen.
«Möglich. Aber könnte es nicht auch sein, daß es sich um ein Gespenst handelt, das im Pfarrhaus fabriziert und in Umlauf gesetzt wurde, damit die verschreckten Leute hinter der Soutane des Pfarrers Zuflucht suchen?»
«Im Pfarrhaus werden keine Gespenster fabriziert, weder solche mit noch solche ohne Kopf», erwiderte Don Camillo.
«Aha, die ohne Kopf laßt Ihr wohl direkt aus Amerika kommen?»
«Warum sollten wir uns an die ausländische Industrie wenden, wo doch die Ortsgruppe deiner Partei die besten kopflosen Gespenster liefert?»
«Wie dem auch sei», gab Peppone zurück, «eines ist sicher: daß nämlich das Gespenst des Mannes ohne Kopf aus dem Pfarrhaus stammt!»
«Es kommt aus krankhaften Gehirnen. Ich habe die Geschichte von dem Mann ohne Kopf erzählt, aber sie stammt aus der Historie. Das Dokument steht jedem, der irgendwelche Zweifel hegt, frei zur Verfügung.»
Don Camillo machte sich auf den Weg zum Pfarrhaus, und Peppone folgte ihm zusammen mit dem Smilzo , Brusco , Bigio und den anderen hohen Tieren seines Generalstabes.
Das ominöse Buch lag noch auf dem Schreibtisch in der Stube. Don Camillo zeigte darauf und meinte zu Peppone:
«Such den 8. November 1752 und lies!»
Gemächlich blätterte Peppone in dem dicken Schinken, und als er die Stelle, die ihn interessierte, gefunden hatte, las er sie. Dann las er sie noch einmal. Dann ließ er die andern lesen.
«Wenn ihr an der Echtheit des Dokumentes
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