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und du bist weg

und du bist weg

Titel: und du bist weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Pointner
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Lambrusco herausragte.
    Impulsiv beschleunigte er seine Schritte, verlor aber das Gleichgewicht und knallte der Länge nach auf den staubigen Estrich. Die beiden Männer lachten amüsiert, der Typ, den er schon kannte, knallte die Tür zu dem Gefängnis mit großem Getöse zu.
    »Genau, gönn dir erst mal einen kräftigen Schluck. Hast du dir verdient.«
    Lindemann kam langsam auf die Knie. Der Stumme hatte sich den Hals der Flasche zwischen die Finger geklemmt und schwenkte sie aufreizend vor ihm her. Einen grausamen Moment fürchtete Lindemann nichts mehr, als dass sie vor ihm auf den Boden fallen und zerplatzen könnte. So schnell es ging, klammerte er seine Rechte um das Glas, riss die Flasche an sich, zerrte die Kappe herunter und nahm einen großen Schluck.
    »Sieh dir das an«, sagte der Anzugmann zu seinem Kumpel. »Zwei Tage in dem Loch gesessen und keinen größeren Wunsch, als an der Flasche nuckeln zu können. Ekelhaft.«
    Der andere nickte wortlos und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Lindemann nahm die Flasche herunter und rülpste unbewusst. »Wat soll die Scheiße hier eigentlich?«, fragte er ängstlich.
    »Nun, wie du sicher schon gemerkt hast, brauchen wir dich nicht, um alte Unterlagen zu vernichten«, grinste seine Bekanntschaft vom Freitag.
    »Und wat soll dat dann hier?«
    »Wir möchten mit dir ein Spiel spielen. Nichts weiter.«
    Lindemann verstand nur Bahnhof. »Ein Spiel?«, echote er.
    »Genau. Du darfst dir sogar aussuchen, wie es heißt. Hase und Igel, Katz und Maus, irgendetwas in der Art.«
    »Häh?«
    »Ganz einfach. Du bist die Maus, wir beide die Katzen.«
    In Lindemanns Magengegend krampfte sich plötzlich alles zusammen. Er stellte die Flasche kraftlos auf die Erde. »Wat soll dat heißen?«, wollte er wissen.
    »Pass auf, ich erkläre es dir«, fuhr der Yuppie bereitwillig fort. »Oben die Halle ist das Spielfeld. Du bekommst gleich eine Minute Vorsprung, danach werden wir dir folgen. Eigentlich ist das ein Spiel zwischen meinem Freund und mir. Wer dich als Erster erwischt, hat gewonnen. Übrigens, wir haben alle Ausgänge absolut sicher verschlossen. Abhauen kannst du also nicht.«
    Der Obdachlose schüttelte verständnislos den Kopf. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Und dann sah er, was hinter dem Anzugmann an die Wand gelehnt stand.
    »Nein«, quiekte er auf. »Ihr seid doch bescheuert. Dat könnt ihr doch nich mit mir machen.«
    »Und ob wir das können«, antwortete der Mann emotionslos. »Sieh mal, bei dem Spiel kann jeder gewinnen. Mein Freund hier und ich haben jeder fünftausend Mark gesetzt. Wenn er dich erwischt, kassiert er, wenn ich dich erwische, bekomme ich das Geld. Wenn du es allerdings schaffst, nach einer Stunde noch zu leben, hast du gewonnen und darfst dir das Geld einstecken.«
    »Ihr seid ja wahnsinnig«, kreischte Lindemann in Panik.
    »Nicht unbedingt. Wir haben das schon einmal gespielt. Der Letzte hätte es fast geschafft. Dem fehlten nur fünf Minuten. Und damit du auch eine einigermaßen gerechte Chance hast, besitzt jeder von uns beiden nur fünf Schuss.«
    Wie unter Zwang hefteten sich Lindemanns Augen erneut auf die beiden Armbrüste. In jede war ein Pfeil schussbereit eingelegt, in den Ersatzhalterungen klemmten jeweils noch vier weitere Projektile; die Stabilisierungsfedern der linken Waffe waren rot, die der anderen blau.
    »Verrückt«, stellte Lindemann fest. »Ihr killt mich doch auf jeden Fall. Ihr könnt doch gar nich riskieren, dat ich zu den Bullen renn.«
    »Warum solltest du das tun? Stell dich einigermaßen geschickt an, dann gehören dir die zehn Riesen. Und glaubst du allen Ernstes, dass einem versoffenen Penner wie dir irgendjemand so eine Räuberpistole glauben würde?«
    Lindemann sackte zurück. In seinem Kopf wirbelte alles durcheinander. Die beiden Typen meinten das anscheinend wirklich ernst.
    »Los jetzt. Wenn du an der Kellertreppe bist, warten wir noch genau sechzig Sekunden.«
    Wie in Zeitlupe kam Lindemann wieder auf die Füße. Ein Blick in die Augen der beiden Männer belehrte ihn, dass er keine Wahl hatte. Sowohl der Sprecher als auch der Stumme gaben ihm keinen Anlass, an seiner nächsten Zukunft zu zweifeln.
    Lindemann lief los, zuerst langsam, wobei er sich umdrehte, weil er befürchtete, dass sie schon hier unten auf ihn schießen würden.
    Als er bemerkte, dass der Sprecher demonstrativ auf seine Armbanduhr starrte, bekamen seine Füße Flügel. Vielleicht schaffte er es ja wirklich, sich in dem Chaos

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