und du bist weg
zumindest die Sekretärin.«
»Darüber hinaus passen die Berichte über den Verlauf des ominösen Wochenendes fast perfekt zusammen«, sagte Wielert. »Nachdem Gassel sie heute Morgen abgeholt hat, bin ich die Aufstellungen von Rürich und Schmidt durchgegangen. Gumprecht war von Freitag bis Sonntag entweder mit den amerikanischen Käufern oder mit jemandem aus der Firma zusammen. Sollte er den Obdachlosen einkassiert und umgebracht haben, müsste das schon mitten in der Nacht passiert sein. Burgert soll sich einige Male absentiert haben, Kalinowski dagegen war angeblich auch immer mit mehreren Leuten zusammen. Nach diesen beiden Aussagen kann vom zeitlichen Ablauf her am ehesten Burgert den Obdachlosen getötet haben.«
»Haben die denn alle in einem Zimmer übernachtet?«, erregte sich Katharina. »Wenn ich auf die Idee kommen würde, perverse Spielchen mit einem hilflosen Menschen abzuziehen, würde ich das zu nachtschlafender Zeit machen.«
»Schmidt war, nach eigenen Angaben, jeden Abend bei seiner Familie, was die vermutlich auch bestätigen wird. Bei Gumprecht und Rürich sieht das zwar ein wenig anders aus, aber der Großteil der Abende des Wochenendes ist jeweils belegt. Kalinowski soll sich nach den Verhandlungen um die Betreuung der Amis gekümmert haben. Läuft wieder alles auf Burgert hinaus.«
»Bestimmt ist der gar nicht tot, sondern hat in Wahrheit auch noch seinen Bruder umgebracht«, ätzte Hofmann genervt. »Verdammt harte Nuss.«
»Zumindest wird uns nicht langweilig«, gab Wielert zurück. »Kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Am besten machen Sie sich mit Thalbach wieder auf die Suche nach diesem Zeugen aus dem Obdachlosenmilieu. Vielleicht haben wir ja Glück und der Mann erkennt Gumprecht, Kalinowski oder Burgert als den Kerl wieder, der seinen Kumpel aus dem Verkehr gezogen hat. Herr Gassel, Sie gehen die schriftlichen Aussagen gründlich durch und stellen einen detaillierten Zeitplan auf. Vielleicht finden wir bei genauerem Hinsehen ja doch noch die eine oder andere Lücke.«
Mit einem Kopfnicken beendete Wielert die Besprechung. Als die drei schon fast an der Tür waren, räusperte er sich vernehmlich. »Ach, übrigens, Eulensteins Leichnam ist endlich freigegeben worden. Am Donnerstag ist die Beerdigung.«
Katharina spürte einen Stich in der Magengegend. Hofmann fasste sie sanft am Ellbogen und drehte sich um. »Hier in Bochum?«, fragte er.
»Sprockhövel«, informierte sie Wielert. »Wenn Sie daran teilnehmen möchten.«
»Natürlich«, erklärte Gassel mit trockenem Mund für alle drei.
35
Noch diese eine Wohnung und Elena Maltseva war für heute fertig. Aufatmend wuchtete sie die Tasche mit den Schlüsseln, ihrem Mittagsbrot und ihrer Brieftasche über die Schulter. Langsam, aber sicher taten ihr die Füße weh.
Heute um fünf in der Früh hatte ihr Arbeitstag angefangen. Zusammen mit zwei polnischen Kolleginnen musste sie jeden Morgen die Halle eines Gemüsegroßhändlers scheuern, direkt danach begann sie ihre Schicht für diesen Subunternehmer in einem Krankenhaus, montags und am Donnerstag besserte sie ihr schmales Einkommen durch private Putzjobs ein wenig auf, ihre beiden Kinder kamen da erst später aus der Schule. Alles in allem konnte sie mit dem Geld keine großen Sprünge machen, aber als allein erziehende Mutter war sie auf die Vielzahl von Jobs angewiesen. Elena hatte keinen Beruf erlernt, Schichtarbeit, etwa in der Gastronomie, kam nicht in Frage, schon wegen der Kinder nicht. Was blieb ihr da anderes übrig als zu putzen?
Die Glocken der nahe gelegenen Kirche schlugen zwei Uhr, als sie den protzig gepflasterten Weg hinauf zu dem Zweifamilienhaus einschlug. Noch bevor sie die Haustür erreicht hatte, kramte sie den Schlüsselbund aus ihrer Umhängetasche und suchte den kleinen Schlüssel mit dem roten Ring. Der Typ, dem das Haus gehörte und für den sie jeden Montag drei Stunden den Dreck wegwischte, hatte ihr einmal ungefragt erzählt, dass er für seine Wohnung fast zweitausend Mark Miete im Monat bezahlte. Und ihr zahlte er für die Schufterei gerade mal zehn Mark in der Stunde.
Deutsche Putzfrauen bekamen fast das Doppelte; einige ihrer Kolleginnen aus dem Krankenhaus hatten nebenher natürlich auch noch private Jobs, daher kannte sie die Kurse. Elena dagegen musste froh sein, dass sie überhaupt jemand nahm.
Im Hausflur war es schön kühl; sobald die Tür hinter ihr zugeschlagen war, verstummten die wenigen Straßengeräusche zur Gänze.
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