und ein Hund mit Herzklopfen
quetscht Jonas zwischen den Zähnen hervor und macht ein Gesicht, als hätte er in eine saure Zitrone gebissen. „Dann sind Sie ja erst mal für eine Weile satt.“
Mama lacht vergnügt. „Ach, ganz ehrlich: Ich könnte schon bald wieder einen Teller Spaghetti essen. In der richtigen Gesellschaft ist alles viel netter.“
Mir steigen urplötzlich Tränen in die Augen. Warum sagt Mama nur so gemeine Sachen? Sebastian Pfeffer scheint ihr ja ganz schön den Kopf verdreht zu haben.
Ich schnippe wütend die Rosine vom Tisch. Zum Glück sind meine Augen nicht rosinenbraun. Dann würde ich mir sofort gefärbte Kontaktlinsen besorgen.
Sieht so aus, als wäre Jonas genauso ein Charmebolzen wie sein Vater. Oder warum grinst Paula ihn so an, als wären ihre Mundwinkel an den Ohren festgetackert?
Ich habe das Gefühl, dass ich jeden Moment platze vor Wut. Ich weiß gar nicht mehr, wohin mit mir. Wahrscheinlich schieße ich in der nächsten Sekunde wie eine Rakete in die Luft und komme nie wieder zurück. Dann kann mich Kassia in Zukunft jede Nacht durch ihr Teleskop anglotzen.
Plötzlich kommt mir die rettende Idee. Herr Schiller! Meine unendlich süße Krähe. Warum bin ich nicht schon früher darauf gekommen? Ich bin jetzt genau in der Stimmung für einen richtig fiesen Rap.
„Bin gleich wieder da!“, rufe ich und stehe so hastig auf, dass ich meinen Stuhl umwerfe. Als ich Mamas Stirnrunzeln bemerke, sage ich noch schnell: „Ich helf dann auch gleich beim Tischabräumen“, und verschwinde auf den Dachboden.
Auf dem Dachboden ist es so friedlich und still, dass ich für einen kurzen Augenblick die Hoffnung habe, dass die Welt gerade doch nicht im Chaos versinkt.
Herr Schiller döst auf dem höchsten Balken vor sich hin. Wahrscheinlich freut er sich, dass mal Ruhe ist. Ich habe das Gefühl, dass der viele Lärm, den wir alle verursachen, und Daisys Gebell ihn ganz schön nerven.
„Guten Morgen, Herr Schiller“, säusle ich. „Mein süßer Prinz!“ Ich strecke die Hand nach ihm aus.
Die schönste Krähe auf der ganzen Welt öffnet ihre Knopfaugen und blinzelt mich an. Hach. Sofort wird mir ganz warm ums Herz und meine Wut löst sich wie Zuckerwatte auf.
Halt! Ein wenig Wut muss ich mir ja noch aufbewahren, sonst fällt mir kein bissiger Rap ein. Ich spule also einfach ein wenig in meinem Gedächtnis zurück und stelle mir vor, wie Jonas Paulas Augen mit einer Rosine vergleicht.
Ha! Funktioniert. Auf der Stelle ist das zornige Kribbeln im Bauch wieder da.
Herr Schiller krächzt plötzlich laut und segelt auf meine Schulter. Er pickt behutsam die allerletzten Rosinenstuten-Krümel von meinem Shirt. Dann presst er sein warmes Köpfchen fest gegen meine Wange.
Ich schließe die Augen. „Ach, du bist wirklich ein Prinz“, seufze ich wohlig. „Und vielleicht taucht ja tatsächlich irgendwann mal eine Fee auf und entzaubert dich.“
Herr Schiller gurrt wie eine Taube und ich bin fest davon überzeugt, dass er jedes Wort versteht.
Trotzdem. Ich würde jetzt echt gerne noch einen kleinen bösartigen Rap zustande kriegen. Vielleicht sollte ich einfach loslegen, obwohl ich gerade so entspannt bin, wie seit 24 Stunden nicht mehr.
Ich muss auf einmal total lachen. Bin gespannt, wie Jonas den Rap findet und ob er durchschaut, dass er eigentlich für ihn geschrieben wurde. Aber so wie der Junge gerade auf der Leitung steht – rosinenmäßig –, kapiert er nicht einmal das.
„Wühlst du heimlich in meinen Sachen herum?“ Plötzlich steht Kassia vor mir und schaut mich misstrauisch an.
Ich schüttle den Kopf. „Quatsch, wie kommst du denn darauf? Ich musste eben nur mal kurz alleine sein.“
Kassia nickt verständnisvoll. Das ist wahrscheinlich die einzige Erklärung, die sie sofort akzeptiert. Weil es ihr ständig genauso geht.
Sie fragt zum Glück nicht nach warum. Ich weiß ja selbst nicht genau, ob es an Mama liegt oder eher an Jonas.
Vielleicht ja sogar an beiden … Ich seufze laut auf.
„Da unten brennt die Luft“, sagt Kassia.
Mir wird sofort ganz heiß. Was meint sie damit? Hat Paula eine Kussattacke auf Jonas gestartet, nachdem er ihr Rosinen in den Kopf gesetzt hat? Ich halte alles für möglich.
„Was ist denn passiert?“, frage ich atemlos. Mein Puls rast schneller als der Puls von Springmäusen auf der Flucht.
„Noch gar nichts.“
Grrrr. Endlich kapiere ich. Meine Schwester lässt sich wieder jeden Satz einzeln aus der Nase ziehen. Das bereitet ihr einfach ein tierisches
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