und ein Hund mit Herzklopfen
egal“, sagt sie. „Ich les noch ein bisschen.“ Sie schnappt sich das Nächstbeste, was sie finden kann, und das ist ausgerechnet ein Pferdebuch von Jule. Konzentriert beginnt sie zu lesen, als ob die Story superspannend wäre.
„Also“, sagt Jonas, nachdem er Paula eine Weile wortlos angestarrt hat.
Ich glaube fast, dass er nicht mehr so begeistert ist von ihr wie anfangs. Möchte gerne wissen, warum mich das plötzlich freut? Das ist schon ziemlich beknackt von mir. Aber ich habe gerade keine Lust, genauer darüber nachzudenken. „Also was?“, frage ich zurück.
„Also, wie geht es mit unserem Plan weiter?“
Ich weiß es nicht, ganz ehrlich. Und deshalb gucke ich Kassia an. Sie malt schon wieder in ihrem Heft herum. Dreiecke, Kreise, komische Pfeile und große Buchstaben.
„Hast du wieder eine neue Sternenumlaufbahn entdeckt, Schwesterchen?“, heuchle ich Interesse.
„Quatsch. Das ist unser Plan“, sagt Kassia. „Der nächste Schritt heißt: abwarten, was passiert.“
Jonas und ich gucken gleichermaßen verwundert, aber keiner traut sich, Kassia zu widersprechen. Denn, wie ich schon tausendmal gesagt habe: Sie hat eigentlich immer Recht.
„Ooooookay“, antworte ich zögernd. Und auch das habe ich heute schon gefühlte tausendmal gesagt.
„Ich hab Hunger auf was Süßes“, sagt Jonas plötzlich. „Ist noch was von dem Nachtisch da?“
Das ist die beste Idee des heutigen Abends, ganz ohne Zweifel. Wir stürzen in die Küche, selbst Paula. So spannend kann ihr Buch also nicht sein, haha.
Ich bin richtig wild darauf, mir alles auf einmal reinzustopfen. In ein paar Sekunden sieht der Tisch wie ein Schlachtfeld aus.
„Wollen wir den Kleinen auch noch was bringen?“, fragt Paula und schiebt sich noch schnell den letzten Tartufo in ihren verschmierten Mund.
„Stimmt ja.“ Jule und Lukas im Stall hatte ich total vergessen. Dass mich ausgerechnet Paula daran erinnert. Irgendwie schäme ich mich etwas.
Wir nehmen Mamas Einkaufskorb und packen alles hinein, was noch übrig ist. Es ist nicht gerade viel und deshalb fege ich sogar noch die Schokokrümel von der Tischplatte in eine Tasse. In Mamas Giftschrank – so nennen wir die Abteilung mit den Süßigkeiten, weil wir eigentlich nichts davon nehmen dürfen, ohne vorher zu fragen – finde ich eine ganze Tafel Nussschokolade. Die lege ich einfach noch dazu.
Als wir die Tür zum Stall aufreißen, denken wir im ersten Augenblick, dass Jule und Lukas ausgebüxt sind, und ich kriege einen Riesenschrecken.
Aber dann entdeckt Jonas die zwei im Stroh. Sie haben sich ganz eng aneinandergekuschelt (bestimmt hat sich Lukas gefürchtet, mal wieder typisch) und sehen so friedlich schlafend unheimlich süß aus.
Ein Stück entfernt steht Eddy und schlummert ebenfalls vor sich hin. Er hebt nur kurz das linke Augenlid und gibt einen kehligen Laut von sich.
Ich stelle den Korb behutsam neben dem Strohbett ab und dann schleichen wir auf Zehenspitzen hinaus, damit wir die beiden nicht aufwecken.
Mama und Herr Pfeffer sind immer noch nicht zu Hause. Seltsam. So viel kann man doch an einem einzigen Abend gar nicht essen.
Aber irgendwie hat keiner mehr Lust, darüber nachzudenken, denn wir sind auf einmal alle todmüde. Deshalb verteilen wir nur noch eilig die Matratzen in Kassias Sternwarte kreuz und quer auf dem Holzfußboden und suchen alle Decken zusammen, die wir finden können.
Jonas schläft heute bei uns. Das finde ich echt cool, obwohl er ein Junge ist. Es wäre auch wirklich gemein, ihn ausgerechnet an so einem Tag ganz alleine ins Pfefferhaus zu schicken.
Nachdem ich es mir unter meinem Deckenberg so richtig gemütlich gemacht habe, bin ich fast wieder munter. Jedenfalls habe ich Lust, noch ein wenig mit Jonas über dies und das zu quatschen.
Aber gerade als ich loslegen will, höre ich ein seltsames Geräusch. Fast wie Eddy, wenn er Schluckauf hat. Verwirrt höre ich mich um und fasse es kaum: Die Töne kommen tatsächlich aus Jonas’ Richtung. Der Junge schnarcht, was das Zeug hält.
Gleich darauf pfeift Paula los. Sie hat nämlich verstopfte Nebenhöhlen. Die Einzige, die einfach nur die Augen zumacht und ratzt, ist meine liebe Schwester Kassia. Aber von der erwartet man ja auch nichts anderes.
Tja. Dann werde ich wohl auch mal schlafen. Bevor mir die Augen zufallen, sehe ich noch das Foto von Papa an der Holzwand. Er lacht fröhlich.
„Gute Nacht, Papi!“, flüstere ich und schicke ihm einen Luftkuss. „Keine Sorge, das mit Mama
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