Und eines Tages kommt das Glück
musste erst mit sich ins Reine kommen.
Aber bald wäre es so weit.
Sehr bald.
Kapitel 20
Veronica war ins Haus gegangen, um fernzusehen, aber Romy saß noch draußen im Garten und las, als Kathryn nach Hause zurückkam. Romy schaute auf, schloss das Taschenbuch und merkte sich die Seite, statt eine Ecke umzuknicken, wie Veronica es tat – eine schreckliche Angewohnheit, wie Dermot stets moniert hatte.
»Alles in Ordnung?«, fragte sie.
»Natürlich.« Kathryn zögerte einen Moment, ehe sie sich zu Romy setzte und sich ein Glas Mineralwasser aus der Flasche eingoss, die auf dem Tisch stand.
»Hast du die Bodylotion bekommen?«
»Hm?« Verwirrt schaute Kathryn die Schwester an.
»Deswegen bist du doch aus dem Haus gegangen. Um die Bodylotion für Mam zu besorgen.«
»Oh, ja. Äh, nein, habe ich nicht.«
Romy runzelte die Stirn. »Wo warst du dann so lange?«
»Was soll das denn!« Kathryn trank das halbe Glas Wasser in einem Zug aus und stellte es wieder auf den Tisch zurück. »Was ist das? Ein Verhör?«
»Ich habe doch nur gefragt«, erwiderte Romy.
»Du kannst dir deine Fragen sparen. Du bist nicht …« Sie verstummte und lächelte Romy verlegen an. »Ich wollte gerade sagen, dass du nicht meine Mutter bist, aber das ist eine blöde Feststellung, nicht wahr?«
»Irgendwie schon«, stimmte Romy ihr zu.
»Ist ja egal.« Kathryn zuckte die Schultern und füllte ihr Glas erneut. »Wie geht es Mam?«
»Mam ist im Moment nicht das Problem, Kathryn. Wir sollten lieber mal über dich reden.«
»Nein, das sollten wir nicht«, widersprach Kathryn.
Besorgnis breitete sich auf Romys Gesicht aus. »Ich kann mir nicht helfen, aber ich habe das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Du …«
»Es ist alles in bester Ordnung«, wiegelte Kathryn ab und stand auf. »Es gibt nichts, weswegen du dir Sorgen machen müsstest. Wirklich.« Und dann ging sie rasch ins Haus zurück, während Romy ihr nachdenklich hinterhersah.
Veronica beschloss, dass das Familienessen am kommenden Freitag stattfinden sollte. Ein paar Tage vorher rief Giselle an, schwärmte ihr voller Begeisterung von dem neuen Kleid vor, das sie eigens dafür gekauft hatte, und versicherte ihr, dass sie und Darragh sich schrecklich auf diesen Abend freuen würden. Es sei eine ganz wunderbare Idee von ihrer Schwiegermutter, sagte sie, denn die Familie sei nun mal das Wichtigste, und sie sei froh und glücklich, ein Mitglied der Familie Dolan zu sein.
Natürlich bist du das, murmelte Veronica, als sie den Hörer auflegte. Ohne uns könntest du dir nie deinen Lebensstil und ein neues Kleid für ein Essen im Kreis der Familie leisten! Erschrocken registrierte sie, wie boshaft sie über ihre Schwiegertochter dachte, aber irgendetwas an Giselles Tonfall, an der Art, wie sie versucht hatte, sich bei ihr einzuschmeicheln, hatte sie verstimmt.
Eigentlich hat Giselle ein leichtes Leben, überlegte Veronica. Sie kann den ganzen Tag zu Hause herumsitzen und so tun, als würde sie arbeiten, ohne tatsächlich etwas leisten zu müssen. Sie nennt sich Beraterin, aber das ist eher ein Hobby als ein Beruf. In Wahrheit gibt sie lediglich ein paar Freunden gute Ratschläge und lässt sich dafür bezahlen. Das kann man wohl kaum Arbeit nennen. Ganz im Gegensatz zu meinen Mädchen. Aber das konnte man nicht vergleichen, dachte Veronica kleinlaut, denn
die Umstände waren vollkommen anders. Giselle war schließlich die Mutter ihres einzigen Enkelkindes und zum zweiten Mal schwanger. Da konnte man wohl kaum von ihr erwarten, dass sie wie Kathryn einem lukrativen Beruf nachging oder sich wie Romy in einem weniger lukrativen, aber offensichtlich recht anspruchsvollen Job bewährte.
Veronica schaute auf die Uhr. Es war noch früh am Nachmittag, und Romy war nach Wicklow zu diesem Vorstellungsgespräch gefahren. Romys Entscheidung, sich in Irland Arbeit zu suchen, hatte Veronica sowohl überrascht als auch gefreut. Zwar gefiel ihr der Gedanke, ihre Tochter noch ein paar Monate länger in ihrer Nähe zu haben, gleichzeitig wunderte sie sich aber über ihre Reaktion. Denn als Romy aus Australien zurückgekommen war, hatte Veronica sich nichts sehnlicher gewünscht, als dass sie so bald wie möglich wieder abfliegen würde. Aber Romy hatte sich bemüht und sich ihr gegenüber fair verhalten, auch wenn sie beide noch oft genug aneinandergeraten waren. Romy hatte darauf geachtet, dass sie ihre Krankengymnastik machte, hatte ihr im Haus geholfen, war mit ihr zum Einkaufen
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